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Zwei Brüder getötet - zwölf Jahre Haft

1995 sterben in Chemnitz zwei Vietnamesen aus dem Zigarettenhändler-Milieu. Jetzt wird ein Landsmann verurteilt - aber nicht wegen Mordes.

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Ein wegen zweifachen Mordes angeklagter Mann (M) wird im Landgericht Chemnitz über eine Treppe von Justizbeamten zum Verhandlungssaal geführt.
Ein wegen zweifachen Mordes angeklagter Mann (M) wird im Landgericht Chemnitz über eine Treppe von Justizbeamten zum Verhandlungssaal geführt. © Hendrik Schmidt/dpa

Chemnitz. 25 Jahre nach dem Tod zweier Brüder im sächsischen Zigarettenschmuggler-Milieu ist die Zeit des Täters in Freiheit vorbei. Das Landgericht Chemnitz sprach am Mittwoch einen 53-Jährigen des Totschlags in zwei Fällen schuldig und verhängte eine Gefängnisstrafe von 12 Jahren. Nach Überzeugung der Schwurgerichtskammer hat der Vietnamese Ende Juli 1995 zwei Landsleute getötet.

Als Motive hatte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer Rivalität beim illegalen Handel mit Zigaretten, Schutzgelderpressung und Schulden angeführt und daher eine Verurteilung wegen Mordes aus niederen Beweggründen gefordert. Dem folgte die Kammer nicht. Die Vorsitzende Richterin Simone Herberger begründete dies damit, dass die Motivlage unklar und das genannte Mordmerkmal daher "nicht sicher anzunehmen" war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Überzeugt war die Kammer davon, dass der 53-Jährige am Abend des 30. Juli 1995 seine Landsleute in deren Wohnung mit einem Elektrokabel allein getötet hat. Zuvor hatte er die Opfer an Händen und Füßen gefesselt, sie aneinandergebunden und geknebelt. Den älteren der 23 und 16 Jahre alten Brüder, mit dem er angeblich Streit um die Vorherrschaft beim Zigarettenhandel und der Schutzgelderpressung gehabt haben soll, hatte er zudem mit Wattestäbchen drangsaliert. Bei dem 23-Jährigen soll der heute 53-Jährige zudem Schulden gehabt haben.

Staatsanwaltschaft sieht "Hinrichtungscharakter"

"Das ist keine spontane Tötung. Das ist eine Tötung, die Hinrichtungscharakter aufweist", sagte Staatsanwalt Stephan Butzkies in seinem Schlussvortrag. Die Knebel aus einem zerrissenen Handtuch allein hätten gereicht, um die Opfer zu ersticken. Es sei Konkurrenzdenken im Bereich der organisierten Kriminalität gewesen, so der Staatsanwalt.

Nach der Tat hatte sich der Mann nach Tschechien abgesetzt, wo er unter falschen Personalien gelebt habe. Im vergangenen Jahr war er in Prag festgenommen und nach Deutschland überstellt worden. Dass er dort unter anderem Namen gelebt hatte, versuchte sein Verteidiger damit zu erklären, dass sein Mandant ein in Deutschland abgelehnter Asylbewerber und damit auch in Tschechien ausreisepflichtig gewesen war. Seine Ausreise nach Tschechien sei überdies keine Flucht, sondern ein schon länger geplanter Umzug gewesen, der wegen der Fahndung vorgezogen worden sei.

Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Nach Ansicht von Anwalt Thomas Saupe würden die Spuren des Angeklagten am Tatort nicht dessen Tatbeteiligung beweisen. Zudem unterstellte er den Kriminalisten, dass sie 1995 "tendenziöse" Ermittlungen geführt hätten. Im Zusammenhang mit einem verloren gegangenen Ordner sowie einer verschwundenen am Tatort gefundenen Patronenhülse sprach er von "Schlamperei". Sein Mandant sei zum Tatzeitpunkt nicht in der Wohnung gewesen und nicht an der Tat beteiligt gewesen, erklärte Saupe. (dpa)