Weißwasser
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20 Jahre sorbisch-deutscher Schulunterricht

Das Schulkonzept „2plus“ wurde auf Wunsch vieler Eltern aus der Taufe gehoben. Ein Rückblick mit den Initiatoren.

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Silvia Seitz unterrichtet seit 20 Jahren „2plus“.
Silvia Seitz unterrichtet seit 20 Jahren „2plus“. © Jost Schmidtchen

Schleife. Vor 20 Jahren wurde aus der ältesten Gruppe der Witaj-Kita „Milenka“ aus Rohne die erste Klasse an der Grundschule Schleife, die auf Elternwunsch nach dem „2plus“-Modell unterrichtet wurde. Das Konzept sieht gemeinsamen, bilingualen Unterricht für sorbische und Sorbisch lernende Schüler vor. Die Kinder werden durch das Modellprojekt Witaj befähigt, in zwei Sprachen – sorbisch und deutsch – gleichzeitig alphabetisiert zu werden. Die betroffenen Eltern dürfen entscheiden, mit welcher Fibel (sorbischer oder deutscher) ihr Kind in der Grundschule zu lesen beginnt. Ziel ist es, dass sich die Kinder nach dem 4. Schuljahr in beiden Sprachen verständigen können. „2plus“ heißt Sorbisch und Deutsch plus weitere Sprachen.

An die Anfänge erinnert sich der damalige Schulleiter Erich Krauz gut: „Die erste Schülergruppe war mit acht Kindern sehr gut aufgestellt.“ Die Vorbereitungen für diesen Tag reichten bis in das Jahr 1996 zurück. Manfred Hermasch, damals in vielen Funktionen für die Domowina tätig, erinnert daran, dass es nach einer Analyse zur Sprachentwicklung Gespräche mit den Eltern in allen Dörfern des Kirchspiels Schleife sowie in Boxberg und Nochten gab. Auf Elternversammlungen stellten Jan Bart, der als Nestor von „Witaj“ gilt, und Rafael Schäfer vom Sorbischen Schulverein „Witaj“ und „2plus“ vor.

Schleife hat sich selbst gekümmert

Die Kita Rohne erklärte sich bereit, „Witaj“ einzuführen. Die Voraussetzungen waren gut, auch finanziell durch das „Leader-Projekt 1995-2000“ gesichert. Die neue Kita „Milenka“ wurde 1998 eingeweiht. Die Kindergärtnerinnen wurden von den Sorbischlehrerinnen der Grundschule und Lehrern der ehemaligen Dorfschulen Mühlrose, Rohne und Trebendorf sprachlich ausgebildet. Das Landratsamt des damaligen Niederschlesichen Oberlausitzkreises, das Regionalschulamt Bautzen und die Gemeindeverwaltung Schleife unterstützten das Vorhaben zur gezielten Revitalisierung der sorbischen Sprache. Altbürgermeister Helmut Hantscho lobt noch heute die Tatsache, dass alles um „2plus“ von den Schleifer Verantwortungsträgern selbst geklärt wurde, trotz mancher Befindlichkeiten von außen. „Die waren mitunter alles andere als schön, aber wir haben uns gemeinsam gewehrt und uns durchgesetzt.“

Silvia Seitz aus Mühlrose war die erste Lehrerin, die sich „2plus“ stellte. Erich Krauz erinnert sich, dass sie mit viel Optimismus an die Arbeit ging, sie legte sozusagen den pädagogischen Grundstein für das Neue. „Sie war überzeugt davon, das wird klappen“. Recht hat sie behalten. Inzwischen kamen drei weitere Lehrerinnen aus den eigenen Reihen dazu.

Zunächst stellte „2plus“ hohe Anforderungen an die Lehrer: Auf methodischem Gebiet – Lehrmaterialien und Anschauungsmittel mussten selbst erarbeitet werden. Ferner galt es, Schrift und Sprache zu festigen. Bis heute werden die Fächer Mathematik und Sachkunde zweisprachig unterrichtet. Die Grundschule Schleife wurde überregional zum Testgebiet für wissenschaftliche Forschungen bezüglich „2plus“. Bis heute gibt es im Interesse der Kinder eine gute Zusammenarbeit mit der Witaj-Kita „Milenka“, dem Njepilahof Rohne, dem Schusterhof Trebendorf und dem SKC.

Schüler auch aus anderen Orten

Die Klassenstärken „2plus“ waren anfangs klein im Vergleich zum normalen Schulunterricht. Das rief Einwände der anderen Eltern hervor. Gemeinsam mit den Lehrerinnen, der Schulleitung, den engagierten Elternvertretern und der Gemeindeverwaltung konnten sie geklärt werden. Erich Krauz, Helmut Hantscho und Manfred Hermasch sind darauf heute noch stolz. Das dürfen sie auch sein: Die Schülerzahlen stiegen stetig.Bis heute gilt der Grundsatz, dass alle Eltern außerhalb von Schleife, die ihre Kinder in „2plus“ unterrichten lassen wollen, willkommen sind im neuen Deutsch-Sorbischen Schulkomplex. Viel Gebrauch gemacht wird davon aus Lieskau, Wadelsdorf und Reuthen in Brandenburg, aber auch aus Gablenz, Bad Muskau und weiteren umliegenden Ortschaften.

Aktuell werden in den Klassen 1 bis 4 89 Kinder im „2plus“ unterrichtet. Gut angenommen wird darüber hinaus „Sorbisch B“ als Fremdsprache. Schulleiterin Petra Rübesam, Nachfolgerin von Erich Krauz, ist stolz auf diese Entwicklung, ihr Blick in die Zukunft optimistisch: „Dem fühlen wir uns auch in unserer neuen Schule verpflichtet“.

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