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260 Millionen Kinder ohne Bildung

Malala, der Papst und Rihanna unterstützen die Globale Bildungspartnerschaft (GPE). Frankreichs Präsident Macron schlägt die Trommel für bessere Bildung - aber Deutschland knausert lieber.

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© Govati Nyirenda/GPE/dpa

Von Jürgen Bätz

Dakar. Ohne Schulbildung sieht die Zukunft düster aus: Das ist eine bittere Wahrheit für rund 260 Millionen Kinder weltweit, die nicht in die Schule gehen.

Den Mädchen und Jungen vor allem in den ärmeren Staaten Afrikas und Asiens fehlen dann Wissen und Handwerkszeug, um erfolgreich und gesund ins Leben zu starten. Die Kinder können ihr Potenzial nicht entfalten, und die Länder bleiben arm - diesen Teufelskreis will die Globale Bildungspartnerschaft (GPE) durchbrechen helfen. Und das mit prominenter Unterstützung.

„Alle Kinder überall sollten die Chance auf qualitativ hochwertige Bildung haben“, fordert etwa die Popsängerin Rihanna, die sich als globale Botschafterin für GPE engagiert. Das zu erreichen ist das Thema der Geberkonferenz am Freitag in Dakar unter dem Vorsitz des senegalesischen Präsidenten Macky Sall und dessen französischem Kollegen Emmanuel Macron. Um Entwicklungs- und Schwellenländern zu helfen, die Schulbildung auszuweiten und zu verbessern, hofft GPE bis 2020 auf jährlich zwei Milliarden Dollar (1,85 Milliarden Euro) von der internationalen Gemeinschaft.

„Scheitern wir in Dakar, wird es uns sehr teuer zu stehen kommen“, warnt Gayle Smith, die Präsidentin der Entwicklungshilfe-Lobbygruppe One. „Die Kosten für Millionen Kinder auf der Welt, die Weltwirtschaft, globale Stabilität und die Stärkung von Frauen wären einfach zu hoch“, so Smith weiter. Der Vatikan lässt unterdessen ausrichten, der Papst bete dafür, dass die Konferenz in Dakar zu besserer Bildung für Kinder führe, „vor allem jene, die von Konflikt, Hunger und Ungleichheit betroffen sind.“

Die Bildungsinitiative GPE ist ein von der Weltbank unterstütztes Bündnis zur Stärkung der Schulbildung in ärmeren Ländern, das Geberstaaten, Entwicklungsländer und Privatwirtschaft zusammenbringt. Es ist ein flexibles Werkzeug: In Kenia zum Beispiel wurden mit GPE-Mitteln sechs Millionen neue Mathematikbücher für Grundschulen produziert und verteilt. Im ärmeren Burkina Faso hingegen hilft GPE dabei, die Infrastruktur der Schulen auf dem Land zu verbessern sowie Lehrer einzustellen und auszubilden. In Malawi, wo Grundschullehrer mitunter bis zu 100 Kinder unterrichten, bemüht sich GPE um bessere Infrastruktur, zusätzliche Lehrer und bessere Schulbücher.

„Bildung gibt Kindern, deren Eltern und Gemeinschaften auch in den schwierigsten Zeiten Hoffnung“, sagte die neue Chefin des UN-Kinderhilfswerks Unicef, Henrietta Fore, der Deutschen Presse-Agentur. Bildung sei der Weg, um sich eine bessere Zukunft zu sichern. „Doch die internationale Unterstützung für Bildung ... befindet sich weiter auf gefährlich niedrigem Niveau.“

Das Problem indes wird mit jedem Jahr dringlicher, vor allen wegen des raschen Bevölkerungswachstums in Afrika. Die Bevölkerung des Kontinents soll sich bis 2050 auf rund 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Bereits jetzt gehen der Unesco zufolge knapp 100 Millionen Kinder in Afrika gar nicht in die Schule, unzählige weitere bekommen nur schlechte Bildung. In manchen Krisenstaaten wie dem Niger, dem Tschad oder dem Südsudan sind nach UN-Angaben rund 70 Prozent aller Jugendlicher Analphabeten. Zudem herrscht laut Unesco in den Staaten südlich der Sahara akuter Lehrermangel: Bis 2030 werden dort 17 Millionen Grund- und Sekundarschullehrer benötigt.

Frankreichs Präsident Macron rührt für den GPE die Werbetrommel, sehr zurück hält sich indes Deutschland, wo sich zuletzt alle Hilfe auf die direkte Bekämpfung von Fluchtursachen zu konzentrieren schien. Seit 2008 wurde GPE gerade mal mit etwa 7 Millionen Euro pro Jahr unterstützt, zu der Konferenz nach Dakar wird nur ein ranghoher Beamter anreisen. Bis 2022 soll es nun jährlich 9 Millionen Euro geben. Die Grünen im Bundestag fordern, Deutschland solle mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr beitragen. Berlin müsse eine Führungsrolle im Bereich der globalen Bildung übernehmen. „Und das nicht mit warmen Worten, sondern mit Schulheften und Lehrergehältern“, erklärten die Abgeordneten Anja Hajduk und Ottmar von Holtz.

Die Delegierten in Dakar - von Präsident Macron bis hin zu den Vertreten der Hilfsorganisationen - stellten sich indes eine Frage: Kommt Rihanna oder nicht? Der Popstar hatte nicht abgesagt, aber auch bis zuletzt nicht wirklich zugesagt. Neben anderen Prominenten wie Malala oder Bono verleiht die Sängerin aus Barbados dem wichtigen Thema Bildung für die Ärmsten Glanz und Aufmerksamkeit. Wenn die internationale Gemeinschaft nicht rasch mehr in Bildung investiere, wachse das Problem immer weiter, warnt Unicef-Chefin Fore. „Das Ausmaß der Bildungskrise ist riesig.“ (dpa)