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500 Ermittlungsverfahren gegen Asylbewerber

Die Angst vor Kriminalität ist groß, doch die Zahlen der Staatsanwaltschaft zeigen: Die meisten Flüchtlinge lassen sich nichts zuschulden kommen.

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© dpa

Von Stefan Schramm

„Die meisten Asylbewerber sind Kriminelle“ – pauschalisierende Sätze dieser Art haben Hochkonjunktur, seit die Zahl der Asylanträge nach oben geschnellt ist. Doch die Zahlen aus den Kriminalitätsstatistiken erleben keinen solchen Aufschwung. Im Gegenteil: Merkliche Ausschläge sind ausgeblieben. Von den Tausenden in zentralen Heimen untergebrachten Asylbewerbern in den Kreisen Bautzen und Görlitz standen nach Auskunft von Martin Uebele, dem Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Görlitz, im Jahr 2014 knapp 250 als Tatverdächtige im Fokus von Ermittlern.

Etwa 40 Prozent der Taten entfallen auf Diebstahl, sogenannte Rohheitsdelikte wie Körperverletzung machen 20 Prozent der Taten aus. Seltener seien Leistungserschleichung, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch; gegen das Betäubungsmittelgesetz habe es zehn Verstöße gegeben. Im Jahr 2014 begannen in der Oberlausitz 31 000 Strafverfahren. Ein Bruchteil – etwa 500 – richtete sich gegen Asylbewerber. „Nur fünf Prozent dieser Leute sind Mehrfachtäter. Vom großen Rest gingen keine oder wenige Taten aus“, berichtet der Oberstaatsanwalt. Allerdings beobachte er bei Herkunftsländern krimineller Asylbewerber eine Häufung in Nordafrika. „Dass speziell Tunesier stark repräsentiert sind, sollte man nicht unter den Teppich kehren.“

Fast alle Taten spielen sich nach seinen Angaben in den Heimen ab, die Bevölkerung außerhalb bekomme davon kaum etwas mit. „Das Risiko für Einheimische, von Asylbewerbern erheblich geschädigt zu werden, ist verschwindend gering“, schätzt Uebele ein. Der einzige ihm bekannte derartige Fall sei eine gefährliche Körperverletzung, die sich im Sommer nahe dem Spreehotel am Bautzener Stausee zugetragen habe. Für Plakate vom Schlage „Angst um unsere Kinder“, die ab und an auf Demonstrationen gegen Asylheime zu sehen waren, hat der Oberstaatsanwalt kein Verständnis. „Kindern drohen im Straßenverkehr viel größere Gefahren“, sagt er. Sorgen bereiten ihm die vermehrten politisch motivierten Angriffe auf Asylbewerberheime. Mit 19 Fällen stehe der Landkreis Bautzen in dieser Statistik fürs Jahr 2014 im bundesweiten Vergleich sehr weit vorn.

Wöchentlich beantworten wir an dieser Stelle Leserfragen zum Thema Asyl. Möchten auch Sie etwas dazu wissen, wenden Sie sich an Stefan Schramm unter: [email protected]