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Ab fünf in die Feuerwehr

Um die Nachwuchssorgen in den Griff zu bekommen, werden neue Kinderfeuerwehren gegründet. Die SZ hat eine besucht.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Gröditz/Strehla. Die Sonne scheint auf die kleine Schar hinterm Gerätehaus. „Was wollen wir uns zuerst angucken – die Sachen oder die Geräte?“, fragt Lisa Tietschert. „Die Gerääääte!“ hallt es aus den Kinderkehlen zurück. Was so ein Feuerwehrmann alles bei sich hat, wollen die Knirpse im Alter zwischen vier und acht Jahren genau wissen.

Die Ausrüstung mal anfassen fanden die Kinder toll.
Die Ausrüstung mal anfassen fanden die Kinder toll. © Eric Weser
Kinderfeuerwehrwartin Lisa Tietschert schaut Fynn beim Ausmalen einer Vorlage über die Schulter.
Kinderfeuerwehrwartin Lisa Tietschert schaut Fynn beim Ausmalen einer Vorlage über die Schulter. © Eric Weser

Es ist Sonntag und Dienst bei der Gröditzer Kinderfeuerwehr. Rings um Leiterin Lisa Tietschert hocken neun Jungs und ein Mädchen – und sind fasziniert von Axt, Helm und Lungenautomat. Was sie sonst nur auf Bildern, Videos oder der Ferne zu sehen bekommen, können sie hier anfassen. Nur als die sechsjährige Lea die Atemschutzmaske aufziehen will, muss Feuerwehrchef Rolf Engl mal kurz einschreiten. „Das brauchst du nicht“, hält er Lea lächelnd davon ab. Den Helm dürfen dann aber alle mal aufsetzen und staunen, wie groß und schwer er ist. Zum Schluss wird Feuerwehrmann Thomas Frank „angezogen“, indem die Kinder ihm zurufen, welches Kleidungs- und Ausrüstungsteil er als Nächstes anlegen soll. Der humorvolle 36-Jährige, selbst Vater zweier Mädchen, wirft sich für die Kids bereitwillig in Schale.

Abwechslungsreich geht es bei dem zweistündigen Treffen zu. Nach der Geräteschau wird es sportlich: Auf der Wiese werden C-Schlauch und Rettungsleine ausgerollt und gemeinsam abgelaufen, um ein Gefühl für deren Länge zu bekommen. Danach geht es rein ins Gerätehaus zur Bastelrunde. Feuerwehrmänner ausmalen oder – wer schon wie der achtjährige Leif schreiben kann – beschriften. Ruhig ist es, konzentriert sind die Steppkes bei der Sache.

Lisa Tietschert ist zufrieden mit dem zweiten Dienst der Kinderfeuerwehr. Die 23-Jährige ist selbst mit zwölf in die Jugendwehr gegangen und seit sieben Jahren im aktiven Dienst. Seit März hat sie das Amt der Gröditzer Kinderfeuerwehrwartin inne. Die Mutter einer kleinen Tochter macht in Großenhain eine Ausbildung zur Erzieherin, weiß also auch von Berufs wegen, wie man mit Kindern umgeht. Neben Lisa Tietschert gehören ihr Vize Thomas Frank und acht weitere Feuerwehrleute zum Betreuerteam. Viel Personal – das aber benötigt wird, um auf die Knirpse aufzupassen. Bei der Jugendfeuerwehr, deren Dienste viel stärker feuerwehrtechnisch ausgerichtet sind, genügen zwei Betreuer für knapp 20 Jugendliche.

Strehla in den Startlöchern

In Gröditz hofft man, dass sich der Aufwand in Sachen Kinderfeuerwehr lohnt. Ins Leben gerufen wurde sie vor allem, um früh Nachwuchs zu werben. Den braucht die aktive Einsatzabteilung wie in fast jedem Ort. Die Wehr hatte gegenüber anderen Vereinen bisher den Nachteil, dass Kinder erst ab dem achten Lebensjahr einsteigen durften. In dem Alter haben viele Kinder aber schon Wurzeln in anderen Vereinen geschlagen. Das hat auch das Land erkannt und den Kommunen 2015 erlaubt, eine Abteilung ins Leben zu rufen, in der Kinder ab fünf Jahre oder in Elternbegleitung noch früher mitmachen können.

Sieben Kinderfeuerwehren gibt es bisher im Kreis Meißen, viele Orte haben also (noch) keine. Doch es werden mehr. In Strehla zum Beispiel sind Stadt und Wehrleitung gerade dabei, eine Kinderabteilung zu gründen. Formal ist alles schon auf gutem Weg, nur in Sachen Personal hapert es derzeit noch, heißt es aus der Nixenstadt. Denn der Gesetzgeber will, dass eine pädagogisch geschulte Kraft die Kinderfeuerwehr leitet. Dass diese Person selbst Feuerwehrmann oder -frau ist, wie Lisa Tietschert in Gröditz, muss aber nicht sein. In Strehla hofft man, jemanden aus der örtlichen Kita gewinnen zu können.

Die Gröditzer Eltern zeigen sich vom Konzept der Kinderfeuerwehr angetan. Sindy Böhme hat ihren vierjährigen Sohn Erik zum Dienst begleitet. Sie selbst sei nicht bei der Feuerwehr, habe nur vor Jahren mal bei der Jugendwehr mitgemacht. Sohn Erik sei aber ganz feuerwehrverrückt und todtraurig gewesen, weil er beim Auftakt im März wegen einer Erkrankung nicht dabei sein konnte, so die Mutti. Erik will wie alle anderen wiederkommen. Beim nächsten Dienst am 6. Mai steht das Feuerwehrauto im Mittelpunkt.