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So wütete Sturmtief Eberhard

In der Nacht zum Montag blies der Sturm in der Region um Pirna und Sebnitz mit 110 Stundenkilometern. Die Schäden sind enorm.

Von Daniel Förster
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Auf einem Waldgrundstück im Pirnaer Ortsteil Birkwitz entwurzelten die Orkanböen zwei ausgewachsene Nadelbäume und knickten einen dritten Baum um. Einer der beiden Nadelriesen stürzte auf das Dach eines Einfamilienhauses.
Auf einem Waldgrundstück im Pirnaer Ortsteil Birkwitz entwurzelten die Orkanböen zwei ausgewachsene Nadelbäume und knickten einen dritten Baum um. Einer der beiden Nadelriesen stürzte auf das Dach eines Einfamilienhauses. © Daniel Förster

Der Sturm dauerte nur wenige Stunden – die Aufräumarbeiten werden sich dagegen wohl noch Wochen hinziehen. Sturmtief „Eberhard“ hat am Sonntag und Montag für erhebliche Schäden in der Sächsischen Schweiz gesorgt. Bäume stürzten um, beschädigten Autos und Gebäude und blockierten Straßen. Außerdem wurden Freileitungen gekappt. Tausende Menschen mussten die Nacht deshalb ohne Strom verbringen. Nicht nur für die Feuerwehren gab es viel zu tun.

Rund 10 000 Haushalte im Landkreis waren zeitweise noch bis Montagnachmittag ohne Strom. Der Grund: Umgestürzte Bäume oder herabfallende Äste hatten Freileitungen heruntergerissen, teilt Claudia Kuba, Sprecherin der Energieversorgung Sachsen Ost (Enso), mit. Sogar Strommasten seien durch den Sturm umgekippt. Noch in der Nacht seien Mitarbeiter in den betroffenen Gebieten unterwegs gewesen. Dazu zählen Rathen, Wehlen, Bad Gottleuba-Berggießhübel, Krippen, Dohma, Rennerdorf-Neudörfel, Struppen, Stürza, Lohmen, Dobra und Rosenthal-Bielatal. Montagfrüh seien noch 1 800 Haushalte ohne Strom gewesen. Am Vormittag konnten die größten Störungen behoben werden. Die Reparaturen dauerten bis zum Nachmittag an, um auch die verbliebenen 300 Haushalte wieder ans Stromnetz zu bekommen. „Nach wie vor erschweren drohende Baumstürze sowie gesperrte Straßen und Waldwege den Zugang zu den Anlagen“, sagt Enso-Sprecherin Claudia Kuba.

Erwischt hat es auch die Kirnitzschtalbahn. Ein großer Baum vom Ufer der Kirnitzsch krachte etwa zweihundert Meter hinter dem Depot auf die Oberleitung der historischen Straßenbahn. Um den Baum gefahrlos beräumen zu können, musste die Feuerwehr erst den Strom auf der Leitung abschalten lassen. Am Montag blieb die Kirnitzschtalbahn aufgrund des Schadens außer Betrieb. Insgesamt mussten sich Feuerwehrleute in Bad Schandau und seinen Ortsteilen um 20 umgestürzte Bäume kümmern, teilt Stadtwehleiter Kai Bigge mit.

Glück im Unglück hatte der Fahrer eines Mitsubishi Outlander, der am Sonntagabend in Hinterhermsdorf unterwegs war. Der 30-Jährige fuhr gegen 22.30 Uhr mit seinem Auto Richtung Saupsdorf, als ein Baum auf die Fahrbahn kippte und auf den Pkw fiel. Der Mitsubishi-Fahrer blieb unverletzt. Am Fahrzeug entstand jedoch ein Schaden von rund 10 000 Euro.

Die Feuerwehr Neustadt musste in der Nacht von Sonntag auf Montag zu acht Einsätzen ausrücken. Die Einsatzkräfte räumten acht Bäume von den Straßen, teilt der Neustädter Gemeindewehrleiter Holger Heckmann mit. Unter anderem war am Sonntag gegen 20.30 Uhr eine Baumkrone auf die Straße zum Unger in Rugiswalde gefallen. Die komplette Zufahrt zum Restaurant war versperrt. Zehn Kameraden beseitigten das Holz. Im Arthur-Richter-Park in Neustadt drohte eine Birke in den Teich zu stürzen. Sie wurde vorsorglich abgesägt. In Berthelsdorf gab es ein ähnliches Bild: Am Montagvormittag drohte ein Baum auf das Erbgericht zu kippen und musste zersägt werden. Allein entlang der Hohwaldstraße räumte die Neustädter Feuerwehr vier Bäume von der Fahrbahn.

In Sebnitz und Umgebung riss der Sturm ebenfalls zahlreiche Bäume um. Einer der Schwerpunkte war das Wäldchen an der Staatsstraße S 154 kurz oberhalb der Einmündung zur Gartenstraße. In diesem Bereich musste die Staatsstraße in der Nacht zum Sonntag wegen umgestürzter Bäume für mehrere Stunden gesperrt werden, wie Stadtwehrleiter Björn Hoyer berichtet. Auch weiter nördlich in Richtung Rugiswalde wurden entlang der Straße mehrere Bäume entwurzelt oder abgeknickt. Am Betriebshof der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft (OVPS) in Sebnitz stürzte eine Fichte vom Hang auf das Dach des Gebäudes und richtete beträchtlichen Schaden an. Im Sebnitzer Ortsteil Hainersdorf gab es zeitweise keinen Strom. Die ersten Notrufe gingen gegen 20 Uhr ein, von da an waren die Feuerwehrleute im Dauereinsatz. Bis zum Montagmittag kamen gut 80 Kameraden auf rund 30 Einsätze.

Teilweise chaotisch sieht es in den Wäldern um Hohnstein aus. Besonders betroffen war wieder die Straße von Sebnitz nach Ulbersdorf. Hier musste die Freiwillige Feuerwehr von Ulbersdorf drei Bäume zersägen, die über die Straße gekracht waren. Kurz zuvor mussten sie einem Hauseigentümer in Ulbersdorf zu Hilfe kommen. Ein Baum war auf das Haus gefallen. Glücklicherweise wurde nur das Dach beschädigt, aber keine Personen verletzt, sagt Wehrleiter René Herzog. In Hohnstein selbst musste die Feuerwehr wieder zu den bereits bei Sturmschäden bekannten Orten ausrücken. So waren besonders die Polenztalstraße, die Straße in Richtung Goßdorf sowie die Straße von Bad Schandau nach Hohnstein betroffen. In Goßdorf ist vermutlich ein Baum in die Oberleitung gestürzt. Denn bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr war der Hohnsteiner Ortsteil ohne Strom. Bereits im Januar war für fast einen Tag der Strom ausgefallen, weil die zwei Umspannstationen, an die Netzersatzanlagen (also Notstromaggregate) angeschlossen werden können, damals wegen Schnee nicht erreichbar waren. Reichlich Schäden hat der Sturm in Lohsdorf und Ehrenberg angerichtet. In beiden Hohnsteiner Ortsteilen verfehlten umstürzende Bäume nur knapp Häuser. In Ehrenberg musste die Firma WEA am Montag eine der Freileitungen reparieren.

Mitarbeiter der Firma WEA beseitigen einen Schaden in Ehrenberg.
Mitarbeiter der Firma WEA beseitigen einen Schaden in Ehrenberg. © Dirk Zschiedrich

In Dohna hat sich der Wind ebenfalls an Bäumen ausgetobt, die dann auf der Straße lagen. So zum Beispiel auf der Müglitztalstraße, in Gorknitz und auf der Mühlbacher Straße. In Bad Gottleuba-Berggießhübel waren die Feuerwehren die ganze Nacht im Einsatz. Feuerwehrleute und Bauhof räumten am Montag auf, sagt Verwaltungsleiter Christian Walter. Vor allem in den Wäldern seien wieder erhebliche Schäden festgestellt worden. Deshalb wird noch einmal ausdrücklich vor dem Betreten der Wälder gewarnt.

Am schlimmsten getroffen hat das Sturmtief die Wälder. In den Revieren um Bad Gottleuba-Berggießhübel und Rosenthal-Bielatal haben die orkanartigen Böen die meisten Bäume umstürzen lassen, teilt der Forstbezirk Neustadt mit. Der Forstbezirk schätzt, dass durch den Sturm etwa 50 000 Kubikmeter Schadholz entstanden sind, was etwa 65 000 Bäumen entspricht. Davon befinden sich rund 15 000 Festmeter in Privatwäldern. Umgekippte Bäume zählen dabei genauso wie abgebrochene Äste oder Baumkronen. Zum Vergleich: Bei den beiden Stürmen „Friederike“ und „Herwart“ im Januar 2018 und Oktober 2017 wurden insgesamt rund 80 000 Kubikmeter Schadholz registriert, plus 40 000 Festmeter geschädigtes Holz in Privatwäldern.

Die zuständigen Revierförster seien seit Montagvormittag in ihren Waldgebieten unterwegs, teilt Forstbezirk-Sprecherin Kerstin Rödiger mit. Etliche Wanderwege seien durch umgestürzte Bäume blockiert. Ein genaues Schadensbild könne deshalb erst in den kommenden Tagen erstellt werden. Der Forstbezirk Neustadt kümmere sich nun darum, die Hauptwanderwege zu beräumen.

Die Feuerwehr zerkleinerte eine umgestürzte Weide in Pirna.
Die Feuerwehr zerkleinerte eine umgestürzte Weide in Pirna. © Marko Förster

Die Müglitztalbahn musste am Montagmorgen zeitweise den Verkehr einstellen, weil der Sturm Bäume umgeweht hatte, die in Glashütte und bei Burkhardswalde die Gleise blockierten. Nachdem die Hindernisse beseitigt waren, rollte der Schienenverkehr wieder, allerdings im Laufe des Vormittags noch mit Verspätungen, wie die Städtebahn Sachsen informierte.

Auf dem Postweg in Pirna begrub eine Weide einen Altkleidercontainer.
Auf dem Postweg in Pirna begrub eine Weide einen Altkleidercontainer. © Marko Förster

Die Feuerwehr musste den quer über der Straße liegenden Baum zerkleinern und abtransportieren. Wegen herabfallender Dachziegel sperrte die Feuerwehr unter anderem den Untermarkt und die Dohnaische Straße vor der Bahnunterführung. In der Rudolf-Breitscheid-Straße entwurzelte der Sturm eine Blaufichte an einem Mehrfamilienhaus, diese krachte auf einen Mitsubishi. Baumstürze gab es unter anderem auch an der Kastanienallee, dem Erlenweg, in Obervogelgesang, am Wasserwerk, in der Seminarstraße, der Pratzschwitzer Straße und dem Robert-Klett-Ring.

Auf einen an der Rudolf-Breitscheid-Straße geparkten Mitsubishi krachte eine Blaufichte.
Auf einen an der Rudolf-Breitscheid-Straße geparkten Mitsubishi krachte eine Blaufichte. © Daniel Förster

In Pirna-Birkwitz an der Graupaer Straße entwurzelte der Sturm gleich mehrere große Nadelbäume auf einem Waldgrundstück, einer stürzte auf ein Wohnhaus. Verletzt wurde niemand, aber eine Bewohnerin musste aus Sicherheitsgründen das Haus verlassen. Bereits in den böigen Nachtstunden waren 72 Feuerwehrleute in Pirna zu 43 Einsätzen unterwegs. Zahlreiche Baumstürze, lose Dachziegel, umgekippte Schilder und einige beschädigte Autos waren zu verzeichnen. So stürzte an der Lessing-Grundschule ein Baum in die Gottleuba, im Park an der Haydn-Straße im Musikerviertel lag ein Leichbauschuppen auf dem Dach, den offensichtlich der Wind dorthin gewirbelt hatte. Auf dem Postweg nahe der Kreuzung Dippoldiswalder Straße krachte eine Weide auf einen grünen Altkleidercontainer und begrub diesen unter sich.  (SZ/sab/dis/aw/kat/sr)

Nicht auf die Straße, aber auf die benachbarte Grundstückseinfahrt knickte ein Baum in Pratzschwitz.
Nicht auf die Straße, aber auf die benachbarte Grundstückseinfahrt knickte ein Baum in Pratzschwitz. © SZ