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Abriss auf Sonnenstein belastet Anwohner

Mieter klagen über Staub, Lärm und Gestank. Trotz Mietminderung sind sie froh, wenn alles vorbei ist.

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Mareike Huisinga

Karin Donath ist mit ihren Nerven am Ende. Sie steht auf ihrem Balkon und guckt auf eine Steinwüste. Große Bagger zertrümmern Betonplatten. Es kracht gewaltig. „Wir leben wie in einem Steinbruch“, versucht sie es noch mit Humor, aber der Witz scheint ihr im Hals stecken zu bleiben.

Die Pirnaerin wohnt am Varkausring 58 auf dem Sonnenstein; seit Anfang August reißen Bagger das Nachbargebäude mit den Eingängen 55, 56 und 57 ab. „Wir sind zwar vorher informiert worden, aber dass es so eine Katastrophe wird, hätte niemand vermutet“, schimpft die Mieterin. Während der Abbrucharbeiten hätte man sein eigenes Wort in der Wohnung nicht mehr verstanden.

Ihr Nachbar Dieter Hartmann nickt. Er bemängelt außerdem eine extreme Staubentwicklung. „Zwar wurde zeitweilig mit Wasser gearbeitet, aber unzureichend“, stellt Hartmann fest. Was ihn besonders erbost: „Man hatte uns versprochen, dass die Betonplatten abtransportiert werden. Jetzt zerkleinert der Bagger die Platten direkt vor unserer Haustür.“

Aufgrund die Abrissarbeiten gab es auch Erschütterungen. Karin Donath zeigt auf Risse in ihrem Schlafzimmer: „Die waren vorher nicht da. Es geht schließlich hier um unsere Sicherheit“. Zusätzlich bemängelt Dieter Hartmann, dass Teerpappe und Glaswolle Gestank verursachen. „Ich bin Allergiker und kann nachts das Fenster nicht öffnen.“ Die Mieter fordern einen permanenten Staubschutz.

Eigentümer der Gebäude am Varkausring ist die städtische Wohnungsgesellschaft Pirna (WGP). Geschäftsführer Jürgen Scheible bedauert die Belastungen für die unmittelbaren Nachbarn, relativiert deren Kritik aber. „Ein Gebäude, das aus Betonplatten besteht, ohne Beschwerden abzureißen, ist objektiv nicht möglich“, sagt Scheible. Die Fachleute hätten alles getan, um die Belastungen gering zu halten. Die Einhaltung sämtlicher Normen sei permanent überwacht und intensiv mit Wassereinsatz gearbeitet worden. Insofern bezweifelt Scheible die Angaben zu extremer Staubentwicklung.Stichwort Trennung von Sondermüll. Die Überwachung, dass sämtliche normen eingehalten, hätten Fachleute übernommen. „Es sind bisher keine Unregelmäßigkeiten festgestellt worden“, betont Scheible. Auch den Einwand, es sei nie geplant gewesen, die Betonplatten vor Ort zu zerkleinern, lässt der Geschäftsführer nicht gelten: „Die großen Platten werden wie angekündigt grob zerkleinert, um sie dann andernorts korrekt zu recyceln.“

Statiker kontrollieren Abriss

Die Stadtentwicklungsgesellschaft Pirna (SEP) – sie koordiniert und überwacht den Abriss – bittet ebenfalls noch einmal um Verständnis, dass dieser vergleichsweise schwere Eingriff in die Bebauung nicht ohne Geräusche und Erschütterungen vonstatten gehen kann. „Wir überlegen uns einen kleinen Dank an die Mieter fürs Durchhalten“, sagt SEP-Geschäftsführer Matthias Armbruster.

Dass Risse in den angrenzenden Wohnungen entstanden sind, streitet WGP-Chef Jürgen Scheible nicht ab. Er betont allerdings, dass zwei Statiker den Abbruch überwachen und die Sicherheit der Nachbarn gewahrt sei. Für die Ausbesserung der Schäden komme selbstverständlich die Wohnungsgesellschaft auf. Generell stellt Scheible fest, dass es bisher nur wenige Klagen gegeben habe. „Darüber hinaus gewähren wir den betroffenen Mietern bis zu 50 Prozent Mietminderung“, sagt Scheible.Doch das scheint nicht der Punkt für die Mieter in der Nummer 58 zu sein. „Es geht uns nicht ums Geld“, sagt Gerhard Schütz. „Wir leben gerne auf dem Sonnenstein, wollen aber trotz der Abrissmaßnahme unter vernünftigen hygienischen Bedingungen hier wohnen.“

Ein paar Wochen müssen die Mieter nach Angaben der Stadtentwicklungsgesellschaft noch mit Einschränkungen leben. Bis Ende Oktober soll der Schutt abgefahren sein, Ende November soll die seitliche Fassade der Nummer 58 dann verkleidet und gedämmt sein.