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Abschiebecamp für Balkan-Flüchtlinge geplant

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hat die zentrale Unterbringung von Flüchtlingen mit geringen Chancen auf Asyl angekündigt.

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© dpa

Dresden. Eine bayerische Idee soll bei Balkan-Flüchtlingen in Sachsen bald Schule machen: Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte dem MDR Sachsenspiegel, die Bundesregierung habe die Länder aufgefordert, zentrale Unterbringungen von Flüchtlingen mit geringen Chancen auf Asyl zu schaffen. Sachsen werde das jetzt tun.

„Der Bund hat von vier Einrichtungen bundesweit gesprochen, die er selbst schaffen will, und die Länder aufgefordert, das gleiche in ihren Ländern zu tun - dem folgen wir“, sagte Tillich. In der Einrichtung könnten die Asylverfahren schnell bearbeitet und die Abschiebung organisiert werden. Das Wort Abschiebecamp vermied der Ministerpräsident.

Wo und wann diese Camps eingerichtet werden, sagte Tillich nicht. Er forderte zudem mehr Geld von der Bundesregierung für die Integration der Flüchtlinge. Menschen, die in Deutschland bleiben, in Arbeit zu bringen, sei noch eine große Aufgabe, so Stanislaw Tillich. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte vor Kurzem mit seiner Idee von „Abschiebelagern“ für Balkan-Flüchtlinge Empörung ausgelöst.

„Wir brauchen eine schnelle Entscheidung“

Die Ankündigung des Ministerpräsidenten kommt nicht überraschend: Bereits am Montag hatte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) der Sächsischen Zeitung gesagt, dass Menschen, die wegen ihres Herkunftslandes „mit nahezu 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ wieder in ihre Heimat zurückkehren müssten, an „bestimmten Standorten konzentriert werden“. Von dem Begriff „Abschiebelager“ halte er nichts, sagte Ulbig. Voraussetzung für ein solches Vorgehen sei ohnehin, dass besonders diese Asylverfahren stark beschleunigt werden. „Wir brauchen eine schnelle Entscheidung, das gilt vor allem für diejenigen, die keine Bleibeperspektive haben“, so der Minister.

Tillich forderte in dem MDR-Interview außerdem mehr Geld von der Bundesregierung für die Integration von Flüchtlingen. Beim Bund will er sich dafür einsetzen, dass die europaweiten Ausschreibungen für Flüchtlings-Erstaufnahmeeinrichtungen künftig wegfallen und einfachere Verfahren eingeführt werden. Die Forderung von Baden- Württembergs Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne), Flüchtlinge in leerstehenden Immobilien in Ostdeutschland unterzubringen, wies er zurück.

Tillich dankt allen Helfern

Tillich bedankte sich in dem Interview bei allen Helfern, die sich für die Belange der Flüchtlinge engagieren. „Ich glaube, das zeugt von der übergroßen Mehrheit, dass die Sachsen eben menschlich, humanistisch eingestellt sind, Menschen, die in Not sind, zu helfen und es macht mich schon wütend, wenn ich erlebe, dass es eine kleine Gruppe gibt, die scheinbar ein Bild Sachsens prägt, das unerträglich ist und was mich auch beschämt.“

Die Linke-Politikerin Juliane Nagel warf Tillich unterdessen vor, „ohne Rücksicht auf Fakten die Mär von einer Masse von Ankömmlingen ohne triftigen Asylgrund“ zu bedienen. Nach Recherchen von Pro Asyl lägen in anderen europäischen Ländern die Schutzquoten für Asylsuchende aus dem Kosovo, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Albanien bei Werten zwischen 18 und 40 Prozent. Besonders Sinti und Roma würden im westlichen Balkan unter Diskriminierung und Verfolgung leiden. Es dürfe keine Zwei-Klassen-Flüchtlinge geben. (szo/dpa)