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Abschied vom Taubenparadies Görlitz

Vor allem in Königshufen gibt es Probleme. Das Rathaus prüft nun das Aufstellen von Taubentürmen, um die Zahl der Vögel zu kontrollieren.

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© SZ-Archiv / Jens Trenkler

Von Daniela Pfeiffer

Tauben gehören zum Stadtbild. Ihr Gurren, aber auch der Dreck, den sie machen. Gerade der stört vor allem Vermieter, die verantwortlich sind, wenn etwa zu viele Tauben es sich auf oder unter dem Dach gemütlich machen. Einige Großvermieter haben bereits reagiert und sogenannte Spikes angebracht – das sind Drahtgeflechte zur Abschreckung. Auch Netze sind auf manchem Dach gespannt, um die Vögel fernzuhalten. Die lieben übrigens ganz besonders Solardächer, weil sie schön warm sind. Hier gab es im vergangenen Sommer vor allem in Weinhübels Plattenbausiedlungen Probleme. Etliche Mieter hatten sich wegen Taubendrecks beschwert.

In diesem Jahr bestätigt Simone Oehme von der Wohnungsgenossenschaft WGG Probleme „an verschiedenen Standorten in unseren Wohngebieten“. Und das, obwohl auch die WGG mit Taubennetzen an Balkonen und Spikes auf Fensterbänken und Dächern die Tauben abzuschrecken versucht.

Die Stadt überlegt jetzt, Taubentürme aufzustellen. Nachdem Grünen-Stadtrat Joachim Schulze in der jüngsten Ratssitzung das Ansinnen einer Frau aus Königshufen vorgetragen hatte, kommt Bewegung in die Sache. Von verwilderten Haustauben war die Rede, deren Population man eindämmen sollte, indem man sie in Taubentürmen ansiedelt und immer wieder die gelegten Eier entnehme.

Drei oder vier solcher Türme gab es bereits in Görlitz. Ende 1995 wurde der erste Taubenturm aufgestellt – ausgerechnet in Königshufen: hinter dem Seniorenheim an der Lausitzer Straße. Die Betreuung übernahm damals der Tierschutzverein.

Bürgermeister Michael Wieler erklärte nun im Stadtrat, warum die Türme sich nicht durchsetzen konnten: „Es gab keine personellen Ressourcen, sich darum zu kümmern.“ Offenbar hatte die Betreuung durch die Tierschützer nicht so geklappt wie gewünscht.

Nun also ein neuer Anlauf, Taubentürme aufzustellen – als Alternative zu den vielen Verdrängungsmaßnahmen. Im städtischen Umweltausschuss wurde darüber am Montag in nicht-öffentlicher Sitzung beraten. „Geklärt werden muss, welche Kosten anfallen, wer den oder die Türme bewirtschaftet und an welchen Orten sie aufgestellt werden könnten“, sagt CDU-Stadtrat Matthias Urban, der in dem Ausschuss sitzt. Etwa 4 000 bis 7 000 Euro würde so ein Turm wohl kosten, so die Schätzung. Die Standortfrage sei nicht zu unterschätzen. Sie müssten so gewählt sein, dass weder Katzen noch Marder an die Tauben herankommen können. Auch in der Nähe von bewohnten Gebäuden sollten sie nach Möglichkeit nicht stehen, sagt Matthias Urban. Genauso wichtig: Wer kümmert sich? Mindestens einmal pro Woche müsste saubergemacht und desinfiziert werden, die Tauben müssten neues Futter bekommen, die Eier durch Plasteeier ausgetauscht werden. So hofft man, die Population einzudämmen. Und zwar auf tierfreundlichem Wege. Tauben dürfen ansonsten nur verscheucht, nicht aber vernichtet werden. Das wäre gegen das Tierschutzgesetz.

In Görlitz gibt es zwar keine Überpopulation und derzeit auch keine Infektionsrisiken, trotzdem sollen neuralgische Punkte entschärft werden. Im August will der Ausschuss zu dem Thema erneut zusammenkommen. Simone Oehme würde Taubentürme begrüßen: „Wir sind nach Rücksprache mit mehreren Experten überzeugt, dass diese gegen die Probleme helfen könnten“, sagt sie. „Einigkeit mit allen Grundstückseigentümern wegen der Kostenübernahme für die Errichtung und Betreibung der Türme sollte jedoch Voraussetzung sein.“