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Abschied vom Traumjob

Der Leiter des Laußnitzer Forstrevieres Christof Schubert geht in den Ruhestand. Einen Nachfolger hat er noch nicht.

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© René Plaul

Von Manuela Paul

Laußnitz. Christof Schubert ist nicht James Bond. An den Agenten im Auftrag seiner Majestät erinnern lediglich sein smartes Auftreten, Witz und die gehörige Portion Selbstironie. Daran fehlt es dem Laußnitzer keinesfalls. Aber an einer Null. Denn der 63-Jährige ist nicht 007. Er ist 07. Genauer gesagt Chef des Revieres 07 im Forstbezirk Dresden des Sächsischen Staatsforstes. Statt eines Bond-Girls hat er einen vierbeinigen, männlichen Begleiter an seiner Seite, der auf den Namen Apollo hört, aber mindestens genauso anhänglich ist.

Sein Vierbeiner – eine Tiroler Bracke – ist noch blutjung. Der zweijährige Rüde steht am Anfang seines Berufslebens. „Er macht jetzt seine Prüfung und wird dann als Jagdhund eingesetzt“, verrät sein Besitzer. Ganz anders als Christof Schubert selbst. Der Revierförster hat sein Arbeitsleben hinter sich und wechselt am 1. April in den Ruhestand. Oder sollte man besser Unruhestand sagen? Denn zu Hause sitzen und Hände in den Schoß legen, widerspricht seinem Naturell. Der lebhafte, agile Typ mit dem sonnengegerbten Gesicht in dem, viele kleine Lachfältchen sitzen und dem schlohweißen Kurzhaarschnitt hat noch einiges vor. Zum Beispiel den nächsten Frühlingsspaziergang durch die Laußnitzer Heide. Für den habe er schon wieder etliche Anmeldungen verrät der Beinahe-Pensionär. Künftig will er auch noch mehr Zeit in den Ausbau des Laußnitzer Forstmuseums Samendarre investieren. Außerdem würde er gern die Waldgeschichte der Laußnitzer Heide erforschen und aufschreiben. Aber auch im privaten Bereich bleibt eine Menge zu tun: „Feuerholz, Garten, Kinder und Enkel besuchen“, umreißt er seine Pläne kurz und knapp und ergänzt noch lächelnd: „Und ich werde mit meiner Frau wieder tanzen gehen.“

Tolle Erlebnisse in der Königsbrücker Heide

Seit 1973 arbeitet der gebürtige Osnabrücker im Forst. Damals begann er als Jungfacharbeiter im sachsen-anhaltischen Klötze bei Gardelegen. Später war er als Waldarbeiter im Osterzgebirge und in Dresden tätig. Mit 27 Jahren delegierte ihn sein damaliger Betrieb zum Forstwirtschafts-Studium. Drei Jahre drückte er die Schulbank. Danach durfte der frisch gebackene Absolvent, dass neu geschaffene Revier Zschornau mit aufbauen, erinnert sich der gestandene Förster. 1994 verschlug es ihn dann in die Königsbrücker Heide. Dort habe er viele tolle Erlebnisse gehabt. Die Dynamik einer Natur zu beobachten, die über Jahrzehnte nicht mehr von Menschen betreut wurde, sei unglaublich, schwärmt er noch immer. „Jede Libellenart, jede Molchart hatte ihren Lebensraum.“ So etwas kenne man sonst nur aus weitgehend entvölkerten Gegenden in Ostpolen, wo keine Jagd stattfinde, erzählt er begeistert.

Seit 2002 leitete Christof Schubert das Revier im Gebiet Laußnitzer Heide, war Chef von drei Revierförstern und verantwortete reichlich 1500 Hektar Wald. Das sei eine Größenordnung, die beherrschbar ist. „Aber der Papierwald, den ich abarbeiten musste, der ist viel größer“, sagt er augenzwinkernd. Förster sei eigentlich sein Traumberuf. Allerdings gebe es vieles, was einem die Lust daran vergälle. Früher habe er beispielsweise Freitagmittag gesagt, er fahre los, um Bestandsschau zu machen, erinnert er sich. „Da war ich um fünf zu Hause und wusste genau, was in der nächsten Woche zu tun ist.“ Die Zeit habe er längst nicht mehr. Bürokratie und Papierkrieg lassen sie einfach nicht. Im August dieses Jahres muss beispielsweise die Planung für 2019 gemacht werden. „Wo man noch gar nicht weiß, was bis dahin alles passiert.“ Zum Beispiel bei Sturm. Allein in den vergangenen neun Monaten gab es drei heftige Stürme kurz hintereinander – am 21. Juni, am 29. Oktober und am 19. Januar. „Sie können sich mal merken, Stürme kommen immer donnerstags. Weil wir da noch im Dienst sind“, flachst der 63-Jährige. Der Windbruch, den sie hinterlassen haben, beschäftigt ihn und seine Leute noch immer. Der Juni-Sturm lässt zudem unangenehme Erinnerungen hochkommen. „Da war ich mit dem Auto im Wald eingesperrt.“ Er wollte Lockstoff-Fallen kontrollieren. In Sekundenschnelle seien Bäume zu Boden gekracht. Selbst dicke Eichen. Nur eine kleine Insel um ihn herum blieb frei. „Nur ein Stück neben mir stand ein Hirsch. Ich glaub, der hat genauso fassungslos geguckt wie ich.“ Der ganze Spuk dauerte eine Viertelstunde. „Damals hatte ich schon Sorge, ob ich noch lebend rauskomme“, erinnert er sich. Um das Dienstauto wäre es nicht schade gewesen, scherzt er. „Aber um mich.“ Die Stürme werden zunehmen, prophezeit der Forst-Experte. Trotzdem bemerke er immer wieder eine ziemliche Ignoranz, mit der man dem Klimawandel begegne. Für seinen Nachfolger wird Windbruch also immer wieder ein Thema_ sein. Für Christof Schubert war es der Einstieg. Seinen Ersteinsatz als Forstarbeiter hatte er im Sturmholz. Nun ist’s sein Ausstieg. „So schließt sich der Kreis.“