Von Sandro Rahrisch
Wohnen in Gorbitz kommt für viele Dresdner nicht infrage. Noch immer haftet das triste Plattenbauimage an dem Stadtteil, der nach der Wende von 35 000 auf unter 20 000 Einwohner schrumpfte. Dabei sieht es dort heute längst nicht mehr so aus wie damals. Viele Wohnblöcke sind verkleinert und modernisiert worden, andere stehen gar nicht mehr. Von rund 1 600 Wohnungen hat sich allein die Eisenbahner Wohnungsbaugenossenschaft (EWG) im Laufe der Jahre getrennt. Inzwischen ist Gorbitz so weit, wieder zu wachsen. Dafür bekommt das Viertel sogar neue Häuser.

Oberhalb des Omsewitzer Rings erweitert die EWG die Kräutersiedlung. Drei große Stadthäuser, zehn kleinere Gartenhäuser und zwei kleine Stadthäuser werden terrassenförmig am Hang errichtet. Vor reichlich zehn Jahren standen hier noch Blöcke der Wohnbauserie 70, die zu DDR-Zeiten von der TU Dresden und der Deutschen Bauakademie entwickelt worden waren. Elf Geschosse konnten die Häuser hoch werden. Sie verfügten über Zentralheizung, möblierte Küchen und Balkone. Rein optisch haben die neuen Wohnungen der Kräutersiedlung aber so gar nichts gemeinsam mit den alten. Die Gartenhäuser erhalten Dachterrassenwohnungen, die Mieter im Erdgeschoss eine Terrasse. Dazwischen werden später Kräuter gepflanzt – Lavendel, Melisse, Salbei. Ende dieses Jahres können die ersten Bewohner einziehen. 2020 soll alles fertig sein. Rund 31 Millionen Euro investiert die Genossenschaft in das Projekt.
Damit schafft die EWG gut 180 neue Wohnungen. Diese werden auch gebraucht, wie die Zahlen des Einwohnermeldeamtes zeigen. Lebten 2005 nur 13 931 Menschen in den beiden Gorbitzer Stadtteilen, waren es 2016 wieder 15 034. Der Leerstand nimmt seit Jahren ab, wegen Rückbaus, aber auch wegen Zuzugs.
Kein Boom, aber ein langsames Wachstum. Für die Kräutersiedlung-Wohnungen, die im Winter fertig werden, hätten sich bereits 270 Menschen beworben, sagte EWG-Vorstand Jürgen Hesse am Mittwoch. Die Genossenschaft, der aktuell knapp 11 000 Mitglieder angehören, wirbt mit günstigen Mieten und Wohnen in der Frischluftschneise. Durchschnittlich zahlen Familien etwa 5,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Dresdenweit geben Mieter im Schnitt reichlich sechs Euro aus, wie der aktuelle Mietspiegel zeigt.
Werden also alle Platten in Gorbitz verschwinden? Nein, aber optisch sollen die noch unsanierten Häuser freundlicher und die Wohnungen moderner werden. Der erste Teil der Kräutersiedlung war 2002 entstanden. Dafür wurden alle Plattenbauten abgetragen. Nach und nach verschwanden die oberen Etagen, einzelne Hauseingänge wurden komplett abgerissen. In den verbleibenden Häusern wurden die Grundrisse neu gestaltet: Die Wohnungen wurden größer, Bäder erhielten Fenster, Betonwände wurden durch Glas ersetzt.
Dieses Jahr wollen die Eisenbahner über 40 Wohnungen am Leutewitzer Ring komplett modernisieren. Auch wenn die EWG in ihre Häuser investiert: In Gorbitz gehört ihr nur gut die Hälfte aller Gebäude. Damit der Stadtteil sein Plattenbauimage ganz abschütteln kann, müssen auch die anderen Großvermieter weiterhin Geld in die Gebäude stecken.