Merken

Ärger um den Zugwaggon

Frank Weser möchte Fördergeld für Gästeunterkünfte am Bahnhof. Aber die Bürokratie bremst ihn scheinbar völlig aus.

Teilen
Folgen
NEU!
© Archiv/Kristin Richter

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Ortrand. Es war eine spektakuläre Aktion, als ein Reisezugwaggon in der Nacht zum 5. Mai auf der Straße zu seinem neuen Standplatz am Ortrander Bahnhof gebracht wurde (SZ berichtete). Frank Weser, 55 Jahre alter Hochbauingenieur und Betreiber des Ortrander Kultur-Bahnhofs und Kultur-Güterschuppens, hatte ihn gekauft und herbringen lassen. Der 26 Meter lange und 42 Tonnen schwere ehemalige Waggon der Deutschen Bundesbahn ist seitdem eine neue Attraktion im südbrandenburgischen Pulsnitzstädtchen. Doch Frank Weser hat ihn nicht nur aus lauter Eisenbahner-Liebhaberei erworben.

Der ausrangierte Reisezugwagen soll eine einfache Unterkunft für Radtouristen, Wanderer oder andere Gäste werden. Dies ist durchaus ein touristisches Projekt. Deshalb beantragte Frank Weser bereits im November vor zwei Jahren eine Förderung über die Lokale Aktionsgruppe (LAG) Elbe-Elster, die wie der Dresdner Heidebogen oder das Elbe-Röder-Dreieck die ländliche Entwicklung voranbringt. Hätte Frank Weser damals geahnt, worauf er sich einlässt, er hätte es wahrscheinlich gleich gelassen.

Den Antrag stellte er an die Geschäftsstelle der Gebietsgemeinschaft in Luckau. „Dann kamen die ersten Nachforderungen“, so Frank Weser. Auch das konnte der Ortrander erledigen. Doch dann hieß es, der Mitarbeiter sei überlastet – die Akte wurde laut Weser abgegeben an eine Stelle in Neuruppin. Die dortigen Bearbeiter rollten den Fall noch einmal von vorn auf und verlangten plötzlich eine Baugenehmigung. Weser, der selbst ein Baubetreuungsbüro in Ortrand führt, besorgte sich also einen amtlichen Lageplan von einem Vermessungsbüro. Das stellte fest, dass der Reisewagen einige Zentimeter auf Bahngelände steht. Das Wartehäuschen des Bahnhofs wiederum steht auf privatem Grundstück von Frank Weser. „Es musste also ein Grundstücksaustausch her, der rund 1000 Euro Notarkosten verschlang“, so der Ortrander.

Doch wer denkt, dass der Weg für einen Zuschuss damit frei war, der irrt. Von der Bewilligungsstelle kam eine weitere und weitere und schließlich auch noch eine fünfte Nachforderung von Zuarbeiten. „Die Krönung war, dass ich eine Erklärung des regionalen Tourismusverbandes bringen sollte, der mir bescheinigt, dass die Übernachtungskapazität als notwendig angesehen wird“, erklärt der Ortrander ernüchtert. Doch in Ortrand gibt es keinen Tourismusverband. „Die Stadt gehört nirgendwo dazu“, meint Frank Weser. Mit viel Mühe gelang es ihm, eine Stellungnahme des Landratsamtes Oberspreewald-Lausitz zu erhalten, die den Zweck erfüllt.

Doch selbst wenn das nun anerkannt wird, muss Frank Weser noch etwas sicherstellen: Eine Arbeitskraft, die die Beherbergung im Güterwaggon betreuen soll, muss an einem Seminar der Industrie- und Handelskammer teilnehmen, damit sie für die Gästebetreuung auch geschult wird. „Wenn die darauf bestehen, ziehe ich meinen Fördermittelantrag zurück“, erklärt Frank Weser entnervt. Das sei ihm dann eindeutig zu viel Bürokratie. Der Ortrander kann nicht verstehen, wie man kleine Initiativen, die man doch eigentlich unterstützen will, so dermaßen ausbremsen müsse.

Dabei bedient das Projekt viele Kriterien, die die Förderbedingungen stellen: Es verbessert die lokale Infrastruktur und dient auf alle Fälle der Familienfreundlichkeit. Die Originalität der Übernachtung stärkt sicher auch die Identifizierung der Einwohner mit ihrer Stadt. Denn wer hat schon eine Herberge im Reisezugwaggon?

Deshalb bekam das Vorhaben von Frank Weser auch die Zustimmung der Lokalen Aktionsgruppe Elbe-Elster und wurde dort für eine Förderung vorgeschlagen, wie Bärbel Weimann vom Landkreis Oberspreewald-Lausitz informiert. „Ich bin optimistisch, dass die Bewilligung erfolgt, denn die größte Hürde ist übersprungen“, so Weimann. Für private Antragsteller sei der Vorgang in der ländlichen Entwicklung halt kompliziert und werde auch nicht einfacher. Optimistisch ist allerdings auch Thomas Wude von der LAG Elbe-Elster. „Herr Weser hatte seinen Förderantrag schon mal zurückgezogen und das ging dann sogar bis ins Brandenburger Ministerium“, so Wude. Frank Weser wurde daraufhin gebeten, den Förderantrag weiterlaufen zu lassen. Tatsächlich könnte ihm 45 Prozent Förderung bewilligt werden.