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AfD-Lesung im Meißner Ratssaal

Ein Landtagsabgeordneter hat die Veranstaltung als Privatmann beantragt. Die Diskussion soll andernorts stattfinden.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Ein Veranstaltungshinweis hat am Donnerstagvormittag für einen ersten Wirbel in Sozialen Netzwerken gesorgt. Unter einem Himmel in Schwarz-Rot-Gold und einem blauen Schild „Patriotischer Salon“ warb AfD-Landtagsmitglied Carsten Hütter auf seiner Facebookseite für eine Lesung aus dem Buch „Der Links-Staat“ des Kopp-Verlages am 4. Juni dieses Jahres im Rathaus Meißen.

Der Vorgang weckt Erinnerungen an den 8. Juni 2017. An diesem Tag wollten die beiden Herausgeber und Journalisten Matthias Meisner und Heike Kleffner zum Meißner Literaturfest im Ratssaal aus ihrem Buch „Unter Sachsen: Zwischen Wut und Willkommen“ vorlesen.

In dem Sammelband werfen knapp 30 Autoren, überwiegend Journalisten, einen kritischen Blick auf den Freistaat. Es geht um Pegida, AfD, Neonazis, die Rechtsterroristen aus Freital, den NSU. Auch die Stadt Meißen ist Thema: Olaf Sundermeyer, Journalist im Investigativteam des Rundfunks Berlin-Brandenburg, schreibt über den Brandanschlag auf die Flüchtlingsunterkunft des Bauunternehmers Ingolf Brumm.

CDU-Stadtrat Jörg Schlechte wie auch AfD-Mitglied Heiko Knorr und andere empfanden den Band als „Sachsen-Bashing“, als pauschales Einprügeln auf den Freistaat. Deshalb machten sie sich 2017 dafür stark, die Lesung im Ratssaal zu verhindern. „Diese Veranstaltung wird, wenn sie durchgeführt wird, ein Zeichen setzen“, schrieb Schlechte auf seinem Facebook-Profil. Dann werde der Ratssaal für linke und rechte Spinner offen sein.

Am Ende durfte die Lesung unter der Auflage durchgeführt werden, dass anschließend keine politische Diskussion stattfinde. Das verbiete die Nutzungsordnung, begründete die Verwaltung die Einschränkung. Fragen von Zuhörern waren allerdings zugelassen, so dass sich letztlich mit den Teilnehmern des Podiums und einem Teil der rund 200 Besucher eine lebendige, aber sachliche Debatte entwickelte.

Auf SZ-Anfrage bestätigt AfD-Landesvorstandsmitglied Carsten Hütter, er habe die jetzt geplante Lesung als Privatmann angemeldet. Zudem kündigte er an, sich streng an die damit verbundene Auflage zu halten. Im Rathaus werde er keine politische Diskussion zulassen. Er nehme allerdings für sich in Anspruch, das gleiche Recht geltend machen zu dürfen, wie vergangenes Jahr die Organisatoren der Lesung aus dem Buch „Unter Sachsen“. Offen sei noch, ob möglicherweise im Anschluss in einer anderen Räumlichkeit über das Buch gesprochen werden könne. Der 53-jährige Unternehmer geht derzeit davon aus, dass auch einer der Autoren nach Meißen kommen wird.

Wie es auf der Internetseite des Kopp-Verlages heißt, wurde das Buch „Der Links-Staat“ durch die beiden Publizisten Christian Jung und Torsten Groß recherchiert. Sie deckten darin auf, „wie die linksextreme Antifa vielfältige Unterstützung durch den Staat, sowohl finanziell als auch logistisch“ erfahre. Der Kopp-Verlag, bei dem auch der Schweizer Erich von Däniken seine Bücher publiziert, wurde ursprünglich mit esoterischen Themen, Gesundheits- und Ufo-Büchern groß. In jüngster Vergangenheit hat er mit Titeln wie „Deutschland außer Rand und Band“, „GEZ“ oder „Böse Gutmenschen“ auch zahlreiche Leser unter Rechtspopulisten, Verschwörungstheoretikern und AfD-Anhängern gewonnen.

Im Meißner Rathaus wies Bürgermeister Markus Renner am Donnerstag darauf hin, dass für die Lesung am 4. Juni der gleiche Maßstab angelegt wurde, wie für die Veranstaltung zu „Unter Sachsen“. Die Verwaltung agiere nach den Vorgaben der vom Stadtrat beschlossenen Benutzerordnung.

Grund für eine Rücknahme der Genehmigung für die Veranstaltung könnte höchstens sein, dass den Anmeldern das Vorspiegeln falscher Tatsachen, also Rechtsmissbrauch, nachgewiesen werden kann. Die Bewerbung als Teil der Veranstaltungsreihe „Patriotischer Salon“ könnte sich in diesem Zusammenhang als problematisch erweisen. Ein übergroßer Anteil der unter dem Label im Großraum Dresden stattfindenden Abende weist eine hohe Nähe zur Alternative für Deutschland auf.