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„Permanent im Kampf mit Behörden“

Das Rabenauer Zahntechniklabor Lexdent bildet einen Flüchtling aus. Die Chefs kritisieren die mangelnde Unterstützung offizieller Stellen.

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© Andreas Weihs

Rabenau. Einmal jährlich vergibt die Stiftung Arbeit und Leben den Titel „Unternehmen für Toleranz“. Zuletzt wurde das Labor Lexdent in Rabenau ausgezeichnet. Der 21-jährige Syrer Ahmad Almahamid absolviert hier eine Ausbildung zum Zahntechniker. Wir haben uns mit ihm und den Geschäftsleitern Tina Jablonski-Lehmann und Veit Lehmann über die Chancen und Probleme der Integration von Flüchtlingen in der Wirtschaft unterhalten.

Herr Almahamid, Sie befinden sich mittlerweile im zweiten Lehrjahr. Wie gefällt Ihnen die Arbeit?

Ahmad Almahamid: Ich würde immer wieder anfangen, hier zu lernen und zu arbeiten und bin froh, diese Chance bekommen zu haben. In Syrien wollte ich eigentlich studieren, aber die Arbeit hier macht mir großen Spaß. Auch meine Familie zu Hause ist glücklich und sehr stolz darauf, dass ich eine Lehrstelle gefunden habe. Für einen Flüchtling ist das natürlich keine Selbstverständlichkeit.

Worin besteht Ihre tägliche Arbeit?

Ahmad Almahamid: Das lässt sich kaum in wenigen Sätzen zusammenfassen. Ich gieße Abdrücke und repariere kleine Prothesen. Darüber hinaus bereite ich vor allem viel vor und nehme den anderen Mitarbeitern Arbeit ab. Die Zahntechnik ist ein richtiges Handwerk. Das muss man von der Pike auf lernen und klein anfangen.

Frau Lehmann, warum haben Sie sich vor zwei Jahren entschieden, einen Flüchtling auszubilden?

Tina Jablonski-Lehmann: Wir waren auf der Suche nach Auszubildenden und das ist heute bekanntlich gerade im ländlichen Raum nicht immer leicht. Zwar sind einige Bewerbungen eingegangen, aber nur die wenigsten waren wirklich geeignet. Man muss in diesem Beruf ein gewisses Geschick und viel Leistungsbereitschaft mitbringen. Ahmad war unter diesen Gesichtspunkten einfach der beste Kandidat. Wir haben uns nicht für ihn entschieden, weil oder trotzdem er ein Ausländer ist.

War es die richtige Entscheidung?

Tina Jablonski-Lehmann: Auf jeden Fall! Ahmad hat uns von Anfang an mit seiner Willenskraft überzeugt. Er arbeitet schnell und gut. Darüber hinaus hat er wohl auch aufgrund seines kulturellen Hintergrundes großen Respekt vor Älteren und den Chefs. Insofern haben wir wirklich nichts zu meckern. Uns ist es auch wichtig klarzustellen, dass wir Ahmad nicht anders oder nachsichtiger behandeln als andere Mitarbeiter, aber wir bemühen uns natürlich, ihm kulturelle Unterschiede zu erklären.

Gibt es nicht doch Probleme, die sich aus der Tatsache ergeben, dass Herr Almahamid aus Syrien stammt?

Veit Lehmann: Ein paarmal hat er in Dresden den Bus verpasst und ist zu spät gekommen, was natürlich dem gängigen Klischee der unpünktlichen Ausländer entspricht. Das passiert aber natürlich auch Auszubildenden aus Deutschland. Die größten Probleme ergeben sich nicht aus Ahmads Verhalten, sondern aus der Tatsache, dass es Flüchtlingen in Deutschland nicht besonders leicht gemacht wird.

Worauf wollen Sie hinaus?

Veit Lehmann: Ahmad befindet sich permanent in einem Kampf mit den Behörden. Zwar erhalten wir von der Stiftung Arbeit und Leben an dieser Front viel Unterstützung. Aber, dass Ahmad das weitestgehend alleine geregelt hat, ist eine starke Leistung. Wenn ein junger Deutscher hierzulande einen Beruf lernt und in das Leben startet, steht seine Familie hinter ihm und hilft bei den ersten Schritten. Ahmad ist auf sich alleine gestellt. Wir haben das Gefühl, dass es in diesem Bereich massive Missstände gibt, die letztlich die Integration derjenigen, die etwas leisten wollen, behindern.

Herr Almahamid, Sie sagten bereits, dass Sie sich hier sehr wohlfühlen. Gibt es auch Probleme? Ihr Wohnort Dresden und die Region sind nicht besonders für ihre Offenheit gegenüber Ausländern bekannt.

Ahmad Almahamid: Auch ich bin schon auf der Straße beleidigt worden. Das Asylbewerberheim, in dem ich ganz am Anfang gelebt habe, wurde attackiert. Ich kann nicht sagen, dass ich mir das nicht zu Herzen nehme. Das trifft mich sehr. Dresden ist trotzdem eine schöne Stadt. Ich wohne in einer WG in der Neustadt und fühle mich dort sehr wohl.

Haben Sie schon weitere Pläne?

Ahmad Almahamid: Zunächst möchte ich meine Lehre erfolgreich abschließen und hoffe, danach übernommen zu werden. Dann könnte ich vielleicht sogar den Meister machen. Die Chefs haben bereits signalisiert, dass das möglich wäre. Nach Syrien zurück möchte ich zunächst nicht.

Das Gespräch führte Hauke Heuer.