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Immer mehr Ladenflächen in der Altstadt stehen leer. Der Fall von Bernhard Wolf lässt erahnen, warum es Mieter schwer haben.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Wehmütig und etwas erleichtert zugleich. So beschreibt Bernhard Wolf seine Gefühlswelt. Der 67-Jährige steht in einem leer geräumten Laden an der Burgstraße 5. Über zehn Jahre hatte der Oschatzer zusammen mit seiner Frau hier erzgebirgische Volkskunst verkauft. Doch wo die Meißner einst Schwibbögen mit der Albrechtsburg als Motiv, Nussknacker und Räuchermännchen kaufen konnten, ist seit April niemand mehr vor Ort.

Dass sich bisher kein neuer Mieter gefunden hat, obwohl Bernhard Wolf mehrere gute Gespräche zum Zweck einer Übernahme geführt hat, macht ihn wehmütig. Genau wie die Tatsache, dass es über ein viertel Jahr dauerte, bis er seinen Laden endlich an den Vermieter – die G&W Gebäude- und Wohnungsverwaltung – übergeben konnte. Erleichtert ist Wolf, dass es nun endlich geklappt hat. Dafür musste er allerdings einen ungewöhnlich langen Weg gehen. „Und ein fader Beigeschmack bleibt“, erzählt er.

Das habe viel mit dem Umgang zu tun, den die G&W mit ihren Mietern pflege und mit den Angeboten und Möglichkeiten, die neuen Interessenten für Ladenflächen hier in Meißen geboten würden, sagt Wolf. Um auf Missstände hinzuweisen, hat er sich an die SZ gewandt. Und weil andere Mieter in der Meißner Altstadt, die die gleichen Probleme wie er haben, leider schwiegen.

Gekündigt hatte Wolf seinen Laden zum 1. April 2016. Zu einem ersten Abnahmetermin kommt es am 5. April. Daraufhin soll Wolf einige Dinge im Laden nachbessern, unter anderem einen Wasserschaden am Oberfenster einfach überstreichen.

„Das fand ich komisch, weil die Stelle eindeutig repariert werden muss, bevor ein neuer Mieter einzieht“, sagt Wolf. Bereits vor mehreren Jahren habe er das Leck seinem Vermieter gemeldet. Passiert ist aber nichts, die Forderung bleibt bestehen. Auch während Terminen am 12. April und 24. Mai kommt es zu keiner abschließenden Abnahme-Vereinbarung mit der G&W. Stattdessen bekommt Wolf am 10. Juni ein Schreiben mit weiteren Forderungen – unter anderem soll er eine zuvor von ihm gestrichene Trennwand plötzlich entfernen. Andere Mängel, wie Fußbodenrisse oder einen zwei Zentimeter hohen Luftspalt unter der Haustür stehen plötzlich wieder zur Diskussion.

Weil wegen Krankheit auch zum vereinbarten Abnahmetermin am 29. Juni kein Mitarbeiter der G&W erscheint, wendet sich Wolf an den Vertretungsberechtigten der Verwaltungsfirma Gernot Gauglitz. Zuvor informiert er sich beim Verbraucherschutz, will sich das Spiel auf Zeit nicht gefallen lassen. Außerdem fällt Wolf ein Kuriosum auf: Sein ehemaliger Erzgebirgsladen wird auf der Internetseite der G&W schon seit Längerem zur Neuvermietung angeboten. Für einen monatlichen Mietpreis von knapp 2 500 Euro ohne Nebenkosten für 205 Quadratmeter Ladenfläche. Den gleichen Preis hatte Wolf in den letzten Jahren bezahlen müssen.

Dass dieser trotz einer langen Mängelliste nicht niedriger angesetzt wird, verwundert ihn. Das sei auch ein Grund, warum es neue Geschäftsleute schwer haben, in Meißen Fuß zu fassen. „Dabei muss doch dem Vermieter daran gelegen sein, die Immobilie wieder an den Mann zu bringen“, sagt Bernhard Wolf. Er erzählt all das auch Gernot Gauglitz in einem intensiven Gespräch, bekommt prompt die Unterschrift unter das Abnahmeprotokoll. Dem Vertretungsberechtigten gibt Wolf ein Schreiben mit, in dem er mangelnde Kompetenzen der Meißner Mitarbeiter der G&W im Umgang mit den Geschäftsverantwortlichen genauso anprangert wie das Desinteresse an Renovierungsarbeiten und die Aufforderung, bestehende Mängel zu vertuschen.

Daraufhin räumt Gauglitz ein, kein genaues Bild über die Tätigkeiten der Mitarbeiter in Meißen zu haben, da er zuletzt als stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands für Windenergie bei der Firma UKA stark eingespannt gewesen sei. Er werde jetzt in internen Gesprächen prüfen, ob Mängel im Umgang mit den Mietern vorliegen. Die Schäden im Laden von Bernhard Wolf werde die Wohnungsverwaltung beheben, so seine Zusage. Deren Ansprechpartner vor Ort hätte die SZ gerne zum Sachverhalt befragt. Leider sind beide derzeit erkrankt.