Von Marleen Hollenbach
Der heiße Dampf hat es in sich. Ronald Rosner muss gut aufpassen, damit er sich nicht verbrennt. Vorsichtig späht er durch die Dunstwolke. Im Inneren des Metallkessels brodelt und spritzt die braune Soße. Rosner rückt sich mit einer schnellen Bewegung die Brille zurecht. Dann schaut er auf die Uhr. „Noch sechs Minuten Kochzeit“, sagt er und zieht sich die gelben Arbeitshandschuhe an. Gleich zeigt sich, ob der Sud etwas taugt. Ob daraus ein Bier wird, das er seinen Gästen anbieten kann.

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Sechs Stunden zuvor: Der Tag beginnt früh für den Mann aus Sohland. Um vier Uhr steht er auf. Der erste Weg führt ihn in den kleinen Lagerraum. Dort stapeln sich die Malzsäcke. Eine entscheidende Zutat. Pilsner Malz für helle Biere, karamellisiertes Malz für dunkle Biere. „Auf die Mischung kommt es an“, sagt Rosner. Er hat immer ein Notizbuch dabei. Darin schreibt er, welche Mengen er benötigt. Experimente gibt es nicht. „Es soll ja nach Möglichkeit immer gleich schmecken.“
Rosner schnappt sich die Schrotmaschine. Vorsichtig schüttet er die Getreidekörner in den Trichter. Den Rest übernimmt das Gerät. Leise brummt es vor sich hin. Das Ergebnis landet in großen Plastikeimern. Nur ein paar Schritte sind es bis zum Braukessel. Rosner schüttet das geschrotete Getreide hinein, gibt Wasser und Hopfen hinzu. Dann wird der Sud erhitzt. 200 Liter Hefeweizen sollen heute entstehen.
Der Sud muss abkühlen
Diese Zutaten braucht jedes Bier:
Schief gehen kann einiges. Rosner kennt viele Geschichten. Vor mehr als zehn Jahren fing er mit dem Bierbrauen an. Auf dem Herd in der heimischen Küche köchelte er die Brühe. Der gelernte Koch kaufte sich Fachbücher, probierte vieles aus. Damals war es nur ein Hobby. Schmeckte das eigene Bier nicht, war das nicht so schlimm. Heute muss Rosner seinen Lebensunterhalt damit verdienen. Knapp 20 000 Euro hat er in die Bierkessel investiert. Verglichen mit den Geräten in anderen Brauereien ist das eine sparsame Ausstattung. „Man muss ja mal klein anfangen“, sagt er. Das Bier verkauft er in Fässern und Krügen. Das meiste aber schenkt er an seine Gäste aus. Gemeinsam mit seiner Frau betreibt Rosner in Sohland ein kleines Lokal. Das selbst gebraute Getränk ist das Markenzeichen der Kneipe. „Ohne hätten wir sicher nicht so viele Gäste.“
Ein aufdringlicher Geruch zieht sich durch die Küche mit weißen Fliesen und Holzdecke. Herb und gleichzeitig süß. Der Bierkessel ist still geworden. Rosner hat den Kochprozess beendet. Jetzt überprüft er die Schläuche, mit denen er zwei Kessel verbindet. Die kleinste Lücke und die wertvolle Flüssigkeit wäre für immer verloren. Dann schaltet er die Pumpe an. Es zischt. Die heiße Brühe fließt von einem Gefäß in das andere. Alles klappt, nichts geht daneben. „Der Sud muss nun abkühlen“, sagt er zufrieden. – Ronald Rosner hat alles auf eine Karte gesetzt. Er hat seinen Job gekündigt, um sich voll und ganz der Hofbrauerei zu widmen. Nun muss er ran. Zweimal pro Woche steht er an den Kesseln. Im Sommer öfter als im Winter. Rosner setzt damit eine Tradition fort. Schon sein Urgroßvater besaß eine Brauerei, Limonaden und Mineralwasserfabrik. 1916 ging das Unternehmen pleite. Danach wurde nicht mehr gebraut. Dafür gab es bis Mitte der 80er-Jahre auf dem Grundstück in Sohland eine Gaststätte. Dank Rosner gibt es jetzt wieder beides.
Ein Thermometer für die Würze
Pro Monat braut er 1 500 Liter Original Rosners Bier in fünf verschiedenen Sorten. Um da nicht den Überblick zu verlieren, überprüft er ständig seine Vorräte. Eine logistische Meisterleistung. Rosner muss langfristig planen, weil das Bier einige Wochen stehen muss, bis es genießbar ist. Zu lange darf er es aber auch nicht lagern, weil er unfiltriertes Bier herstellt. Das ist zwar kräftiger im Geschmack, hält sich aber nicht so lange.
Inzwischen hat sich der Dampf verzogen. Gleich hat die Hefe ihren großen Auftritt. Doch vorher zückt Rosner eine Glasspindel, taucht sie in die braune Flüssigkeit. Das Röhrchen sieht aus wie ein langes Thermometer. Doch es misst nicht die Temperatur, sondern die Stammwürze. Damit sind vor allem Zucker, Eiweiß, Vitamine und Aromen gemeint. Von der Stammwürze hängt auch der spätere Alkoholgehalt beim Bier ab. Der sollte bei Rosners Bier mindestens 5,2 Prozent sein. Der 55-Jährige schaut kritisch auf die Anzeige. Dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Die Glasspindel zeigt 12,3 Prozent Stammwürze. Genau richtig.
Die Hefe wartet schon. Dann beginnt die Gärung. Ronald Rosner wird sein Bier in dieser Phase der Produktion nicht mehr aus den Augen lassen. Den ganzen Tag über will den Schaum betrachten, der ihm sagt, was die Hefe gerade treibt. Erst 18 Uhr wird er fertig sein. Trinken kann man das Bier noch nicht. Sechs Wochen muss es ruhen – im Kühlhaus, abgefüllt in Fässern. Dann kann Ronald Rosner den ersten Schluck nehmen. Prost!
Die Hausbrauerei Rosner, Taubenheimer Straße 1 in Sohland, hat immer freitags bis sonntags von 14 Uhr bis 22 Uhr geöffnet. Kontakt unter 035936 41685.