Merken

Alles verloren und trotzdem froh

Das Haus ist ein Totalschaden. Als Brandursache wird ein technischer Defekt vermutet. Die Familie hat eine neue Bleibe.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Leisnig. Marcus Rost wirkt entspannt, lacht. So, als sei nichts gewesen. Er steht vor dem Haus an der Colditzer Straße 4. Bis Sonnabendnacht 4.35 Uhr hat er dort noch gemeinsam mit seiner Frau Antje Reinwardt, der vierjährigen Tochter und seiner neunjährigen Katze gelebt. Doch dann brannte das Dach, stürzte ein. Löschwasser zerstörte den Rest. Nun ist das Gebäude unbewohnbar. „Das ist alles egal. Das Wichtigste ist, dass wir leben“, sagt er.

Gestern hat er sich gemeinsam mit den Brandursachenermittlern der Kriminalpolizei der Polizeidirektion Chemnitz-Erzgebirge im Haus umgeschaut. „Wir gehen derzeit davon aus, dass ein technischer Defekt die Ursache ist. Es sind noch einige abschließende Laboruntersuchungen notwendig, aber es deutet momentan alles darauf hin“, sagt Kriminalhauptmeister Jens Bochert auf DA-Nachfrage.

Spuren gesichert und fotografiert

Drei Stunden lang haben er und sein Kollege Spuren gesichert und fotografisch dokumentiert. Die Höhe des Sachschadens abzuschätzen, ist nicht ihre Aufgabe. Allein die auf dem Dach installierte Solaranlage habe aber vermutlich einen Wert von 25 000 bis 30 000 Euro. „Ich habe auch erst vor Kurzem Dämmung im Wert von 1 000 Euro an die Fassade geklebt“, erzählt Marcus Rost. Versichert seien sie. Für heute haben sich die Gutachter angekündigt.

Sie haben nur auf die Meinung des Statikers gewartet, ob das Haus ohne Bedenken betreten werden kann. „Vom Mauerwerk geht keine Gefahr aus. Das Haus ist nicht einsturzgefährdet“, so das Urteil von Ralf Klingenberger vom gleichnamigen Ingenieurbüro in Großweitzschen.

Von dieser Aussage hatte die Stadt Leisnig abhängig gemacht, ob die Colditzer Straße gesperrt bleiben muss. „Die Mitarbeiter der Firma Andrä Straßen und Tiefbau GmbH haben Risse ausgebessert“, so Bauamtsleiter Thomas Schröder. Gegen 17 Uhr konnte der Verkehr wieder rollen. „Der Fußweg bleibt aber bis auf weiteres gesperrt“, ergänzt Schröder.

Um 4.35 Uhr waren die Kameraden der Freiwilligen Ortsfeuerwehren aus der Region Leisnig am Sonnabend verständigt worden. „Die Anzahl der Atemschutzgeräteträger reichte nicht, deshalb haben wir Gersdorf und Hartha nachalarmiert. Jeder kann maximal zweimal rein. Das ist ja auch anstrengend“, erklärt Stadtwehrleiter Bernd Starke. Gemeinsam mit Jochen Preuße ist er einer der Ersten gewesen, die am Einsatzort ankamen. „Es ist ein durchgehend offener Dachstuhl. Er stand bereits in Vollbrand“, erzählt er. Von der Drehleiter aus löschten sie das Feuer. „Wir mussten ein bisschen Abstand von der Stromleitung halten“, so Starke. Die sei zwar von Mitarbeitern der Envia sofort abgeschaltet worden – „aber sicher ist sicher“.

Löschwasser aus der Freiberger Mulder rangeschafft

Das Löschwasser haben sie aus der Freiberger Mulde rangeschafft. „Wir haben einen Pendelverkehr zwischen der Muldenwiese und der Kreuzung eingerichtet“, erklärt Starke. Das Wasser kam in ein 5 000 Liter fassendes Reservoir, das aussieht wie ein Badebecken. Wie viele Liter insgesamt fürs Löschen verbraucht wurden, kann er nicht abschätzen. Doch warum ist nicht die Löschwasserzisterne auf dem Marktplatz angezapft worden? „Die hätten wir wieder befüllen müssen mit Trinkwasser“, erklärt Bernd Starke. Gestern Vormittag sind er und Preuße erneut im Einsatz gewesen: „Die Kripo hat uns informiert, dass noch Balken glimmen.“

Die Familie Rost/Reinwardt hat zwar ihr Zuhause verloren, aber schon gestern eine neue Bleibe bezogen. Den Friseursalon im Erdgeschoss hatten früher Sabine Reinwardt und Margit Lehmann geführt. „Frau Lehmann hat uns eine große, voll möblierte Wohnung angeboten – mietfrei und auf unbestimmte Zeit. Ihr Sohn hatte sie ausgebaut. Das ist ein großer Schritt in Richtung Normalität“, sagt Marcus Rost. Die Spendenbereitschaft sei riesig. „Wir haben kistenweise Sachen und Spielzeug und so weiter bekommen. Meine Handballkollegen vom SV 90 Leisnig haben Geld gesammelt. Mein Chef von AEL war am Sonnabend da und hat mich erstmal freigestellt.“ Das alles gebe ihm und seiner Familie Kraft. Bald wird die noch größer – Donnerstag ist der errechnete Geburtstermin für den gemeinsamen Sohn.