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Mein Corona-Tagebuch: Als mir die Luft ausging

Sie ist gesund und unter 30. Dass Corona sie so hart treffen würde, hätte sie nicht gedacht. Eine SZ-Redakteurin erzählt, wie sie die Erkrankung erlebt hat.

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Sport ist noch verboten, sonst könnte auf die Corona-Infektion eine Herzmuskelentzündung folgen. Spaziergänge sind erlaubt. Den Großen Garten kenne ich inzwischen auswendig.
Sport ist noch verboten, sonst könnte auf die Corona-Infektion eine Herzmuskelentzündung folgen. Spaziergänge sind erlaubt. Den Großen Garten kenne ich inzwischen auswendig. © Thomas Kretschel

Samstag, 17. Oktober 2020:

Ich werde bestimmt lange nichts mehr essen. Es war so gut, ich hatte viel zu viel. Eine Verwandte hat zu ihrem 69. Geburtstag in ein Restaurant in Dresden-Blasewitz geladen. Wir, zwölf Erwachsene und zwei Kinder, sind die Einzigen, die abseits des Tisches Masken tragen. Ein Phänomen, das sich in Sachsen dieser Tage häufig findet. Unsere ausgelassene Stimmung stört das kaum. Um Mitternacht verabschieden wir uns mit dem beseelten Bekenntnis, lange nicht so viel gelacht zu haben. Mich beschleicht das Gefühl, dass es angesichts steigender Infektionszahlen vorerst das letzte Mal gewesen sein könnte. Wir umarmen uns nicht, wollen vorsichtig sein. Acht von uns gehen trotzdem mit einem neuen Mitbewohner nach Hause.

Dienstag, 20. Oktober 2020:

Die Morgenkonferenz führt meine Redaktion seit der ersten Corona-Welle per Telefon, im Haus der Presse dürfen wir aber wieder arbeiten. Dass ich längst als infektiös gelte, ist mir nicht bewusst, als ich mit zwei Kolleginnen Mittagessen gehe und später mit einem anderen Kollegen vor demselben Bildschirm einen Text bearbeite. Abends folge ich etwa anderthalb Stunden lang einem Gespräch mit einem Politiker. Ich sitze in der ersten Reihe eines Raums mit schätzungsweise 30 Menschen.

Mittwoch, 21. Oktober 2020:

Dass ich mich schlapp fühle, wundert mich nicht. Ich habe lange gearbeitet und musste früh aufstehen. Für eine Corona-Reportage begleite ich Mitarbeiter einer Hilfsorganisation. Im weiteren Verlauf des Tages werde ich eine Ärztin und zwei Kollegen sehen. Wir treffen uns Zuhause und nicht in einer Bar. Die Infektionszahlen sind zu weit gestiegen, uns ist das Risiko zu groß.

Donnerstag, 22. Oktober 2020:

Mein Hals kratzt und ich fühle mich ein bisschen wie von der Klippe geworfen. Das ungute Gefühl, das einem bislang einen harmlosen Infekt angekündigt hat, ist dieses Jahr zur Hiobsbotschaft aufgestiegen. Ich verbringe den Tag lieber im Homeoffice. Am Abend bekomme ich einen Anruf. Zwei der Anwesenden im Restaurant haben sich auf Corona testen lassen – positiv.

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