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Als Trainer zwei Olympiasieger geformt

Gunter Engelbrecht, eine Riesaer Sportlegende, wird 90. Noch heute ist er für den Nachwuchs beim SC aktiv.

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© D. Ehrlich

Von Thomas Riemer

Riesa. Nach München, zum „Klassenfeind“, durfte Gunter Engelbrecht 1972 nicht. Die Goldläufe der damaligen DDR-Vorzeige-Athletin Monika Zehrt über 400 Meter und in der Staffel erlebte der damals 44-jährige Riesaer am Fernsehgerät. Vom Rummel um die damals erfolgreichen Olympioniken der DDR hatte er nichts – immerhin wurde er mit dem bereits verstorbenen Trainer Rolf Hesse wenig später zu einem Empfang ins italienische Dörfchen nach Dresden eingeladen. „Die Monika“ hatte das Riesaer Trainer-Duo nicht vergessen.

Im Kreise seiner Schützlinge fühlt er sich am wohlsten – wie auch die Aufnahme aus dem Jahr 1963/64 im Sportstadion Merzdorfer Park beweist.
Im Kreise seiner Schützlinge fühlt er sich am wohlsten – wie auch die Aufnahme aus dem Jahr 1963/64 im Sportstadion Merzdorfer Park beweist. © T. Schreiber

Aus gutem Grund: Denn Gunter Engelbrecht war sozusagen der Entdecker der späteren Olympiasiegerin. Die begann ihre Laufbahn bei der früheren Sportgemeinschaft Dynamo Riesa. Engelbrecht war in den 1960ern Sportlehrer in Riesa, als er vom Kreisschulrat den Auftrag bekam, eine Sportschule zu gründen. Die entwickelte sich gut, sodass sich Dynamo Riesa schnell dafür interessierte. Engelbrecht war inzwischen auch Trainer im Verein, lernte Monika Zehrt während eines Trainingslagers in Geising kennen. „Eigentlich war sie viel zu klein“, sagt er rückblickend. Das sah auch der SC Dynamo Berlin, das Leistungszentrum schlechthin, so – und erteilte der Nachwuchs-Hoffnung eine Absage. Doch Engelbrecht und Rolf Hesse gaben nicht auf. Ein halbes Jahr später schlug Monika Zehrt sämtliche Berliner Asse und fortan ihre Zelte in Berlin auf. „Die haben schnell erkannt, dass in der Monika eine 400-Meter-Läuferin steckt“, sagt Gunter Engelbrecht.

Der Wechsel in die Hauptstadt schmerzte die Riesaer Trainer natürlich. „Das tat schon weh“, gesteht Engelbrecht. Richtig sei es trotzdem immer wieder gewesen, Talente „nach oben“ zu geben. „Die Clubs hatten doch ganz andere Möglichkeiten als wir hier in Riesa“, sagt der Trainer. Das ist im Übrigen auch heute noch – oder wieder – so. „Wer gut ist, wird delegiert – heute nach Chemnitz“, sagt er.

Gestern feierte Gunter Engelbrecht seinen 90. Geburtstag. „In seiner nun weit mehr als ein halbes Jahrhundert andauernden Tätigkeit als Sportlehrer, Trainer und Übungsleiter bestimmte er maßgeblich den Sport und insbesondere die Leichtathletik in der Sportstadt Riesa mit“, sagt der ehemalige Abteilungsleiter der SC-Leichtathleten, Dirk Ehrlich. Zu seinem Ehrentag erhielt der Jubilar zahlreiche Wünsche von „seinen“ Athleten, dem Verein und der Stadt Riesa. Er förderte die Talente, „war aber nicht nur der Trainer, sondern auch väterlicher Freund und Berater zugleich“, so Dirk Ehrlich. Im Breitensport brachte er sich ein und half, wo er gerade gebraucht wurde. Bis heute ist er selbst aktiv, startet aber bei Wettkämpfen nicht mehr aufgrund der vermutlich „fehlenden Konkurrenz“. Beim SC baut man weiterhin auf ihn. Denn: „Nach wie vor bist du uns allen ein Vorbild in Sachen Sport und Lebensoptimismus, das seinesgleichen sucht“, so Dirk Ehrlich.

Nicht nur Monika Zehrt gehörte zu seinen Schützlingen, auch der erfolgreiche Marathonläufer André Pollmächer hat unter der Aufsicht von Engelbrecht seine ersten Stadionrunden in Riesa gedreht. Und sogar ein weiterer späterer Olympia-Champion: Uwe Proske. Er gelangte 1992 mit der dann schon gesamtdeutschen Fecht-Degenmannschaft zu Gold in Barcelona. Seine sportliche Wiege aber stand in Riesa. „Der war bei uns Leichtathleten. Und dann kamen die vom Club und haben gesagt: Der passt zu uns, den nehmen wir mit – aber als Fechter“, erinnert sich Gunter Engelbrecht.