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Alte Kelterei wird notsaniert

650 000 Euro ausgeben nur für ein Lager und einen Plakatraum? Das wirft natürlich Fragen auf.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Birgit Ulbricht

Großenhain. Giovanni Bennelli hatte die Braut noch hübsch gemacht, bevor er sie im Dezember 2010 verkaufte. Die Rede ist von Großenhains Alter Kelterei. Die hatte die Stadt von dem gebürtigen Italiener gekauft, weil das Gebäude nicht nur top liegt, sondern auch noch unmittelbar neben dem Kulturschloss. Eine Kulturstätte ohne die Chance, für Lager anbauen zu können. Also wollte sich Großenhain das markante Gebäude sichern. 2014 kam dann der Abbruch des alten Kesselhauses (Frauengasse 13/15), das nach hinten hinaus dazugehört. Dafür gab es über den Stadtumbau Ost ordentlich Förderung und die Auflage, dass innerhalb von fünf Jahren eine förderfähige Investition zum Gemeinschaftswohl erfolgt. Bestenfalls zwei Jahre verlängern lässt sich diese Frist. Heraus kommt die Stadt jedoch nicht aus dieser Klausel. Sogar ein Teilkonzept – nur für den hinteren Gebäudebereich Frauengasse – würde der frühere Fördergeldgeber akzeptieren. Doch auch dafür braucht es erst einmal ein Konzept – und das, angesichts einer immer maroder aussehenden Kelterei.

Konzept noch nicht gefunden

Doch das Konzept ist einfach nicht gefunden. Das Projekt für die Alte Kelterei als Museumsneubau war damals von Schloss-Architekt Jörg Springer mit Kosten von insgesamt 5,6 Millionen Euro beziffert worden. Seit der Stadtrat im Jahr 2013 einen neuen Museumskomplex an dieser Stelle schließlich wegen des Eigenanteils von 1,2 Millionen für die Stadt ablehnte, ist es nicht nur fürs Museum Alte Lateinschule beim Status quo geblieben.

Auch die Diskussion im Rathaus ist, scheint es, wenig von der Stelle gekommen. Während Kulturchef Matthias Schmieder noch immer für die Idee brennt, neben dem Schloss auch neue Räume fürs Großenhainer Museum zu schaffen, hält Stadtbaudirektor Tilo Hönicke diese Idee für zu überdimensioniert für Großenhainer Verhältnisse. Die Positionen weichen noch derart voneinander ab, dass bis zur letzten Stadtratssitzung kein Vorschlag für ein Konzept der Stadt auf dem Tisch der Stadträte lag. Dass Oberbürgermeister Sven Mißbach demnächst mit der Volkshochschule sprechen will, was die für Vorstellungen hätte, ist schon alles. Gleichzeitig drängte der Aufsichtsrat der Kulturzentrum Großenhain GmbH endlich auf eine Lösung. Denn die Alte Kelterei in ihrem derzeitigen baulichen Zustand ist selbst als Plakatierraum eine Zumutung und als Lager fast nicht verwendbar.

So kam es am Ende zu dem scheinbar absurden Vorschlag, 650 000 Euro dafür auszugeben, die Alte Kelterei notzusichern, Leitungen und Medien für künftige Nutzungen im Obergeschoss zu verlegen, über deren Inhalte man sich noch nicht im Klaren ist. Fakt ist: Weiter verkommen kann man die Kelterei nicht lassen. Ziemlich desaströs ist inzwischen der Anblick der Alten Kelterei am Kulturschloss. Feuchtigkeit zieht die Wände hoch, der Putz bröckelt weithin sichtbar. Vorbereitet werden erneut mehrere Optionen als Funktionsbau fürs Schloss.

Geblieben sind aber auch die Probleme des Museums, wie sie sein Leiter Jens Schulze-Forster schon 2013 aufgelistet hat: Akuter Platzmangel, so hat der Sonderausstellungsraum die Größe eines Wohnzimmers. Es gibt weder einen barrierefreien Zugang noch einen Fahrstuhl, auch bei der Klimatisierung von Räumen und Vitrinen Fehlanzeige. Im Fundus finden sich wohl Gegenstände der Alltagskultur, aber kaum Stücke von künstlerischem oder historischem Rang.

Entscheidend aber ist ein anderer Umstand, auf den Schulze-Forster hinwies: Mit anderthalb Stellen ist das Museum Alte Lateinschule das am schlechtesten ausgestattete hauptamtlich betriebene Museum im Kulturraum Meißen. Und der geht bekanntlich von Sebnitz, ganz im Osten bis Nossen und Riesa im Westen.

Das ganze Dilemma ist wohl auch den Stadträten bewusst, die eine Notsanierung zwar als dringend bezeichneten, aber zugaben, sich nicht wohlzufühlen, weil 650000 Euro zu viel Geld sind, um eigentlich keine Idee zu haben.