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Altenberg will olympisch werden

Sollte sich das Riesengebirge um 2030 bewerben, würde die Bergstadt mitmachen. Eine Sache fehlt aber noch dafür.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Altenberg. Den Traum von Olympia hat Thomas Kirsten längst nicht ausgeträumt. Nach wie vor glaubt der Altenberger Bürgermeister (Freie Wähler), dass seine Stadt eine Chance hat, Mitausrichter von Olympischen Winterspielen zu werden. Seit Montagabend hat er den Stadtrat hinter sich. Einstimmig votierten die Räte dafür, dass die Stadt auf Anfrage als Austragungsort der Kufensportarten Rennrodeln, Bob und Skeleton bereitstehen würde. Das Heft des Handelns liegt nun in Deutschlands Nachbarländern Polen und Tschechien.

Die Veranstalter loben das Interesse und die Begeisterung der Osterzgebirgler, die zu den Wettkämpfen zahlreich an die Bahn kommen.
Die Veranstalter loben das Interesse und die Begeisterung der Osterzgebirgler, die zu den Wettkämpfen zahlreich an die Bahn kommen. © Egbert Kamprath
Die Altenberger Bobbahn ist eine gefragte Wettkampfstrecke.
Die Altenberger Bobbahn ist eine gefragte Wettkampfstrecke. © Egbert Kamprath

Dort haben sich acht Städte und Gemeinden zusammengetan, um die Winterspiele 2030 ins Riesengebirge zu holen. „Das polnische NOK und der frühere tschechische Präsident Vaclav Klaus unterstützen das“, sagte Kirsten. Die Gemeinden hätten bereits geprüft, was möglich sei und was noch getan werden müsste. Dabei stellte sich die Frage, wo die Wettkämpfe im Rennrodeln, Bob und Skeleton ausgetragen werden könnten. Möglich wäre das im polnischen Karpacz (Krummhübel).

Dort gebe es eine Bobbahn, die aber sehr marode sei und mit hohen Kosten saniert werden müsste. Bei der Suche nach Alternativen kamen die potenziellen Bewerber auf Altenberg. Die Stadt wurde gefragt, ob sie zur Ausrichtung der drei Wintersportdisziplinen bereitstünde. Das kann sich Kirsten vorstellen. Schließlich hat seine Stadt schon mehrere Weltmeisterschaften ausgetragen. Zudem gibt es im Stadtgebiet mehrere Hotels und eine gute Infrastruktur. Deshalb wurde Kirsten im Februar nach Szklarska Poreba (Schreiberhau) eingeladen, um mit dem dortigen Bürgermeister erste Details zu besprechen und zu erörtern, wie man weiter vorgehen solle.

Mögliche Mitstreiter

Acht Städte und Gemeinden aus dem Riesengebirge prüfen, ob sie gemeinsam die Olympischen Winterspiele 2030 austragen können.

In Polen sind das diese Kommunen: Jelenia Gora (Hirschberg), Karpacz (Krummhübel) und Szklarska Poreba (Schreiberhau).

In Tschechien sind das diese Kommunen: Harrachov (Harrachsdorf), Liberec (Reichenberg), Pec pod Snezkou (Petzer), Spindleruv Mlyn (Spindlermühle) und Mala Upa (Kleinaupa).

Quelle: Stadt Altenberg

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Wie Kirsten am Montag weiter informierte, haben die Polen das Projekt inzwischen weiter vorangebracht. Unter anderem habe es Gespräche mit dem Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, gegeben. Dieser soll gegenüber den polnischen Vertretern erklärt haben, dass die Bewerbung des Riesengebirges im Verbund mit Altenberg Chancen haben könnte. Denn das IOC habe die Regeln für Ausrichter geändert. Insbesondere aus Gründen der Nachhaltigkeit und der geografischen Lage sei die Austragung der Wettkämpfe ganzer Sportarten oder Disziplinen außerhalb der Gastgeberstadt und in Ausnahmefällen auch außerhalb des Gastgeberlandes künftig möglich. Das soll Kosten und Ressourcen sparen. Hintergrund des Umdenkens sei, dass sich immer weniger Städte um die Ausrichtung der Spiele bewerben, sagte Kirsten.

Immer öfter rege sich Widerstand gegen den Bau von großen Sportanlagen, die nach den Spielen meist ungenutzt blieben, Kirsten erinnerte an Sotschi in Russland oder an Rio in Brasilien. Im Riesengebirge und auch in Altenberg sieht man in dem Umdenken eine Chance. „Wir wollen weg vom Gigantismus“, sagte Kirsten. Auch kleine Städte hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass sie solche Sportveranstaltungen ausrichten können. Kirsten erinnerte an Lillehammer. Die norwegische Stadt mit 27 000 Einwohnern war 1994 Ausrichter der Winterspiele. Das könnte das Riesengebirge mit Altenberg auch schaffen. Als Mitausrichter der Winterspiele könnte die Bergstadt „zu einer Aufsteigerregion werden“, die auch den hier lebenden Menschen eine Perspektive geben könnte.

Marode Bobbahn bei den Nachbarn

Kirsten räumte ein, dass der Weg zur Bewerbung lang ist und man erst am Anfang stehe. Sollte es 2030 nicht klappen, könnte man 2034 oder 2038 ins Auge fassen. Um alles richtig zu machen, habe er Paul Jakubczyk gebeten, die Stadt zu unterstützen. Jakubczyk war als Geschäftsführer der SEG Strukturentwicklungsgesellschaft Sport und Tourismus GmbH mitverantwortlich für die Bewerbung Leipzigs für die Sommerspiele 2012. Zudem kennte er das Ingenieurbüro, das vom IOC beauftragt wurde, die Bewerberstädte in der ersten Phase der Bewerbung zu begleiten.

Diese beginne mit der Erarbeitung einer Vorstudie, erklärte Jakubczyk. Mit dieser solle geklärt werden, ob eine Bewerbung des Riesengebirges erfolgreich sein kann. Hierzu werden unter anderem das Straßen- und Schienennetz, die Hotelsituation und die Sportanlagen bewertet. Auch die Erfahrungen aus früheren Sportereignissen, die Unterstützung durch die Regierung und durch die Menschen vor Ort sowie die Nachnutzung der Anlagen werden beleuchtet. Die Erarbeitung der Studie werde zwei Jahre dauern, erklärte Jakubczyk.

Demnach könnte sie 2020 vorliegen. Jakubczyk rechnet mit Kosten von 60 000 Euro. Wenn es dabei bleibt, dass sich neun Städte bereiterklären, die Spiele auszurichten, müsste also jede Kommune mit Kosten von etwa 7 000 Euro rechnen.

Den Stadtrat überzeugte das. „Das ist eine Chance. Wir haben nicht viel Industrie, leben vom Sport und vom Tourismus“, sagte Stadtrat Eckhard Sommerschuh (Freie Wähler). Mit dem Votum setze man ein Signal. Auch Stadtrat Bernd Greif (CDU) votierte dafür, nachdem er von Kirsten hörte, dass auch das Landratsamt die Bewerbung unterstützte. Denn nicht die Stadt, sondern der Kreis ist Eigentümer der Bobbahn. Altenberg ist an der Betreibergesellschaft beteiligt. Landrat Michael Geisler (CDU) wird sich „im Rahmen der Möglichkeiten“ für die Bewerbung starkmachen. „Sollte es dann tatsächlich die Entscheidung für Olympia 2030 im Riesengebirge geben, wird darüber zu sprechen sein, wie die weitere Unterstützung durch den Landkreis konkret aussehen kann“, erklärte er auf SZ-Nachfrage. Altenbergs Beteiligung wäre eine große Herausforderung für alle Beteiligten, aber auch eine große Chance, die es zu nutzen gilt, so Geisler weiter.

Mit dem Votum unterstützte der Stadtrat den Plan der Verwaltung, dem Bewerbergremium beizutreten. Nun liegt es an den Polen und Tschechen, Altenberg für die gemeinsame Bewerbung einzuladen.