Der Altenberger Kräutermann ist gegangen

Das Bild der Stadt Altenberg hat einen Farbtupfer verloren, denn der vertraute Kräutermann wird nicht mehr mit Hut und Rauschebart im Ort unterwegs sein. Am 13. Januar verstarb im Alter von 86 Jahren Christian Knauthe, der 20 Jahre lang diese traditionelle Figur der Bergstadt mit Leben erfüllte. Immer seine Frau Karin an seiner Seite war er weit mehr, als die lebendige Werbefigur des Altenberger Kräuterlikörs. In ihren Kostümen lebten die beiden ihre Rolle. Sie fanden eine echte Aufgabe im Alter, die sie mit Selbstverständlichkeit als Ehrenamt sahen.
Kerstin Heymann von der Altenberger Touristinfo denkt gern an gemeinsame Veranstaltungen zurück. „Christian Knauthe war ein echter Ur-Altenberger. Leider findet man nicht mehr viele, die aus den früheren Zeiten erzählen können. Er hat als Kind noch die alte Stadt erlebt, die mit ihrer Zerstörung in den letzten Kriegstagen viel von ihrer Identität verloren hat. Doch etwas davon blieb bis heute in der Figur des Kräutermannes erhalten, die Christian Knauthe durch seine Person wieder neu belebte.“ Betroffen von der traurigen Nachricht ist auch Christine Baeseler, die Chefin der Altenberger Kräuterlikörfabrik. „Über die Jahre ist zwischen uns eine innige Verbundenheit zwischen uns entstanden. Der Verlust macht uns furchtbar traurig. Im Herbst hatte Christian noch so viele Pläne zur für dieses Jahr geplanten 180 Jahrfeier unserer Firma. Doch nun, ohne ihn, wollen wir dieses Fest nicht feiern.“
Ein Aushängeschild für die Stadt Altenberg
Wer die Idee mit dem Kräutermann am Anfang hatte, weiß Christine Baeseler heute nicht mehr genau, aber mit seinem Rauschebart bot sich Christian Knauthe förmlich an, zur 500-Jahrfeier der Stadt 2001 in die Rolle des Altenberger Originals zu schlüpfen. Er ließ sich extra dafür den Bart weiter wachsen. Denn den Kräutermann, wie er seit 1948 im Firmenlogo verewigt wurde, gab es wirklich. Er hieß Max Hohldegel und belieferte in den 1920er- und 1930er-Jahren Likörfabrik und Bergarbeiterfamilien mit selbst gesammelten Kräutern und Wurzeln.
Doch der große Jubiläumsumzug durch Altenberg wurde wegen der Anschläge am 11. September abgesagt. Ein Jahr später war den Leuten wegen des Hochwassers im Ostererzgebirge auch nicht zum Feiern zumute. Doch das Jubiläum wurde schließlich mit einem großen Fest zum 555. nachgeholt. Unter den vielen Bildern, die an die Geschichte der Stadt erinnerten, waren auch Karin und Christian Knauthe unterwegs, die im historischen Gewand einen Leiterwagen hinter sich herzogen und zusammen mit den Mitarbeitern der Kräuterlikörfabrik an die lange Tradition des „Altenbergers“ erinnerten. Doch bei diesem einmaligen Auftritt blieb es nicht. Sie wurden das lebendige Gesicht der Firma und es entwickelte sich ein inniger Kontakt.
„Das Besondere an Karin und Christian war, dass beide authentisch in ihrem Kostüm auftraten. Das waren wirklich alte und wenn es die nicht mehr gab, auch selbst nachgeschneiderte Sachen aus ihrem privaten Fundus, die in die Zeit passten. Wir mussten auch nicht lange fragen, wenn wir unseren Kräutermann einmal für einen Auftritt oder Fotos brachten, Christian war einfach da. Ich bewunderte immer sein Engagement, mit dem er hinter der Sache stand“, erinnert sich Christine Baeseler. Doch auch die Stadt hatte ihr unverwechselbares Aushängeschild.
Der Kräutermann war mit dem Schlitten dabei, wenn der Fremdenverkehrsverein zum Rodelwettbewerb aufrief, genau so, wenn an der Bobbahn Weltmeisterschaften stattfanden oder an der großen Pyramide Weihnachtsmarkttreiben herrschte. Er genoss es sichtlich, wenn die Leute Fotos von ihm machten.
Bei den Backwettbewerben der Altenberger Tourist-Info saß Christian Knauthe oft in der Jury, natürlich mit Hut, dem roten Halstuch und seiner typischen, abgewetzten Jacke aus alter Zeit. Sein Antrieb lag in der tiefen Heimatverbundenheit. Ihm war es wichtig, dass Altenberg eine prägende Symbolfigur hat, die nicht nur mit dem Kräuterlikör in Verbindung gebracht wird, sondern auch ein Alleinstellungsmerkmal für die Region und den Tourismus ist.