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Hermsdorf: Omas Häuschen wird zum Wohlfühl-Ferienhaus

Radler auf der Blockline, Wanderer auf dem Kammweg - Familie Müller aus Reichenau sieht in Hermsdorf/E. eine große Zukunft für ein altes Haus.

Von Siiri Klose
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Familie Müller vor dem Familienhaus in Hermsdorf, in dem bereits die Ur-Großeltern wohnten. V. l.: Jonas, Manja und Dirk Müller, Gerd Ihle, der Vater von Manja Müller.
Familie Müller vor dem Familienhaus in Hermsdorf, in dem bereits die Ur-Großeltern wohnten. V. l.: Jonas, Manja und Dirk Müller, Gerd Ihle, der Vater von Manja Müller. © Karl-Ludwig Oberthür

Die drei Apfelbäumchen sind als Erste neu eingezogen. Manja und Dirk Müller hatten sie bereits im vergangenen Jahr vom Landschaftspflegeverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bekommen und sie erst einmal im heimischen Garten in Reichenau überwintern lassen. Doch jetzt können der Danziger Kant, der Rote Eiserapfel und der Schöne von Herrnhut in Hermsdorfer Erde groß werden.

Wenn sie gut wachsen, beschatten sie in ein paar Jahren vielleicht sommerliche Frühstücksrunden von Gästen aus aller Welt, die in Hermsdorf auf ihrer Kammweg-Wanderung Station machen, auf der Rennradroute der Stoneman Road unterwegs sind, die Mountainbike-Strecke Blockline ausprobieren oder einfach so im Osterzgebirge Urlaub machen wollen.

Manja Müller hat viele gute Erinnerungen an den Zweiseithof mit seinem erzgebirgstypischen kalkweißen Untergeschoss und dem holzverschalten Obergeschoss. "Hier hat meine Oma die Speisen gekühlt", sagt sie und öffnet die Tür zu einer Kammer mit einem großen Kastentrog, randvoll mit Wasser. "Das Brunnenwasser läuft ständig nach und bleibt deshalb immer kalt. Als Kinder duften wir gar nicht gern rein, weil hier immer die Salate und die kalten Platten standen."

Reichlich Erfahrung mit Innenausbau

Das Haus war über 100 Jahre im Besitz ihrer Familie und gehörte zuletzt ihrer Oma. Als sie und ihr Mann es vergangenes Jahr der Erbengemeinschaft abkauften, setzten sie die Tradition fort - und änderten doch gleich einiges. "Wir hatten von Anfang an den Plan, ein Ferienhaus daraus zu machen", sagt Manja Müller.

Ihr Mann Dirk Müller führt die Tischlerei Müller in Reichenau. Regelmäßig gehört der Ausbau von Ferienhäusern zu seinen Aufträgen. "Warum sollten wir das nicht auch selbst machen", sagt er. Zumal Dirk Müller passionierter Radfahrer ist, das Erzgebirge auf allen großen Radrouten bereits durchquert hat und nun ziemlich genau weiß, was Gästen gefallen könnte, was sie erwarten und was sie brauchen.

Große Wohnküche statt vieler kleiner Stübchen

Sechs Kinder zog Manja Müllers Oma in dem Hermsdorfer Haus groß, "hier unten waren drei Stübchen: Da wurde mein Vater geboren, dort ist der Opa gestorben, da war die Küche", sagt Müller und zieht mit den Armen die Wände nach. Denn inzwischen ist alles nur noch ein großer Raum, der als Wohnküche dienen soll.

Auf der anderen Seite des Erdgeschosses ist eine Sauna zu erahnen, das Abteil für eine Kübeldusche ist schon da, und eine kammergroße Garderobe ist im Durchgang geplant: "Wenn die Leute all ihre Wander- und Wintersachen unterbringen wollen, brauche sie den Platz." Gruppen bis zu neun Personen können unterkommen. "Die Gästezimmer sind alle oben, wo mal die Kinderzimmer waren", sagt Manja Müller.

Aus Umbauplänen wurde Grundsanierung

In der Küche sollen die Gäste zusammen kochen und klönen, oben können sie beispielsweise in der Leseecke des Wohnflurs auch mal für sich sein. Noch sind das alles Pläne für ein Haus ohne Innenwände und Decken - derzeit stehen nur die Balken. "Eigentlich hatten wir nicht damit gerechnet, dass die Decken ausgewechselt werden müssen. Aber nachdem wir gesehen haben, dass einige Balkenköpfe hinüber waren, wurde eine Grundsanierung draus", sagt Manja Müller - mit viel guter Laune.

Ihre Familie hat trotz solcher Überraschungen Freude am Ausbau, das ist auch Sohn Jonas anzumerken, der in seinen Semesterferien zum Helfen hergekommen ist. Gerd Ihle, der Vater von Manja Müller, hilft mit seiner Arbeit im Sägewerk: So werden aus dem Sturm- und Borkenkäferholz aus dem familieneigenen Wald im Gimmlitztal nützliche Bretter für die neue Holzverschalung.

Das Regionale gut nutzen

Holz aus der Region und hier verarbeitet - das sind Kreisläufe, die Müllers schätzen. Mit der Denkmalschutzbehörde haben sie vereinbart, die Fassade zur Bergstraße hin nicht zu verändern. Zum Garten, wo die neuen Apfelbäumchen neben einer stattlichen Vogelbeere stehen, sollen die Fenster dagegen bodentief oder panoramabreit werden: "Damit man aus der Sauna direkt in die Landschaft schauen kann."

Später soll im Haus auch ein "Schrankladen" mit regionalen Produkten wie Clausnitzer Leinöl oder der dem Holzäppeltee vom Wildapfelprojekt Osterzgebirge stehen. Gegen eine Kasse des Vertrauens können sich die Gäste dann bedienen.

Nothilfestützpunkt für Radtouristen

Rad- und Skifahrer werden die geplante Selbsthilfewerkstatt in der Scheune schätzen: Skier wachsen, Kanten schleifen, ein Trocknungsschrank für die Skischuhe, einer Bike-Waschanlage und Ladestation für E-Bikes - zumindest in den Plänen ist das alles schon fertig eingezeichnet. Doch das Haus in Hermsdorf soll auch ein Nothilfestützpunkt für alle Radtouristen werden: Mit einer frei zugänglichen Pumpstation, den wichtigsten Werkzeugen, einem Erste-Hilfe-Kasten, Energieriegeln und wichtigsten Kontakten vor Ort.

Dass sie mit ihrer Planung richtig liegen, bekommt Manja Müller schon im erweiterten Freundeskreis mit: "Die Silvester sind jetzt schon auf Jahre ausgebucht", sagt sie lachend. Aber mal sehen: "Das Haus ist zu einem richtigen Herzensprojekt der ganzen Familie geworden." Vielleicht nutzen sie es ja selbst zu den Jahreswechseln. Dass der Lift genau gegenüber liegt, haben ihre Söhne jedenfalls schon im letzten Winter in allen Baupausen ausgenutzt.