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Alter Schwede!

Die Oberlausitzer Landsknechte marschieren auf historischen Wegen. Zwischendurch werden ein paar Orte überfallen.

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© Verein

Von Ina Förster

Kamenz / Nucknitz. Das wird ein Spaß! Oder doch eher eine totale Anstrengung? Hauptmann Stefan Karlsson (alias Stefan Seibt) und sein Tross wissen es noch nicht. Es könnte den ganzen Tag regnen. Oder gar noch schneien. Anfang April ist alles möglich. Mit den Schuhen und Stiefeln nach historischem Vorbild, den derben Umhängen, einem Markentenderwagen und den langen Piken wird es jedenfalls kein Zuckerschlecken. So viel steht jetzt schon fest.

Die Oberlausitzer Landsknechte schlüpfen am 7. April in die Rollen schwedischer Soldaten. Mit ihren Piken marschieren sie gegen 9 Uhr morgens ab Kamenzer Schulplatz los. Immer Richtung Bautzen. So wie 1639. Da plünderte und brandschatzte Lennart Torstensson mit Hunderten seiner Männer das sorbische Gebiet. Im Kamenzer Stadtarchiv kann man das nachlesen. Und die Oberlausitzer Landsknechte haben sich schlaugemacht. „Wir wollten in diesem Jahr wieder einmal ein größeres Projekt in Kamenz umsetzen, da wir über die Saison ja sonst immer sehr viel unterwegs sind. Eigentlich hatte uns anfangs ein Frühjahrsmarkt vorgeschwebt, aber dann kam uns die Idee des historischen Marsches“, erzählt der Vereinschef.

Fernab von festen Straßen

Experimentelle Archäologie nennt man so etwas. Wie trägt man seine Waffen? Mit welcher Ausrüstung waren die Soldaten damals unterwegs? Wie schwer war das Marschgepäck? Wie strapaziös war es für Frauen und Kinder im Tross? Es wird auf jeden Fall spannend, wie die Truppe sich in etwa fünf bis sechs Stunden über die Ortschaften Nebelschütz, Panschwitz-Kuckau, Schweinerden und Crostwitz nach Nucknitz durchschlagen wird. Fernab von festen Straßen. „Da müsste ja der Erste und Letzte von uns eine Warnweste tragen – das geht gar nicht“, lacht Stefan Seibt. „Wir werden etwas über 20 bis 30 Leute sein, darunter Männer, Frauen und auch Kinder. Die Route ist historisch verbrieft“, weiß der 38-Jährige.

Am 13. Mai 1639 kamen damals über 500 Mann zu Fuß nach Kamenz. Das schwedische Heer unter dem Oberbefehlshaber Lennart Torstensson forderte von der Stadt 30 000 Taler. Die konnte aber leider nur 10 000 Taler aufbringen. Und so musste man noch die besten Pferde, Bier, Wein und Brot in rauen Mengen abgeben. Ein Opfer, das Kamenz richtig wehgetan haben muss. Doch nur so kam man um die Brandschatzung herum. „Die Schweden waren nicht gerade zimperlich. Und als die Belagerung der Stadt sich auflöste und man weiterziehen wollte, entschied sich ein Teil des Heeres, den Sorben noch einen Besuch abzustatten“, erklärt Stefan Seibt. Der Zusammenstoß zwischen den schwedischen Protestanten und den Katholiken konnte nicht friedlich enden …

Soldaten zogen plündernd durchs Land

In Akten ist zu lesen, dass die Crostwitzer Kirche in jenem Jahr 1639 ausgeraubt wurde. Auch das Kloster Panschwitz wurde beim Durchzug der Truppen nicht verschont. Während des Dreißigjährigen Krieges plünderten und beschädigten die Soldaten es. Der Konvent floh ins Kloster Blesen. Nach dem Krieg kehrte der Konvent zurück und die Schäden wurden beseitigt. Auch Bautzen wurde anschließend belagert und besetzt. Zahlreiche Legenden und Geschichten ranken sich noch immer um diese Zeit. „Wir verfolgen die Marschroute und werden aber bereits in Nucknitz enden“, sagt Stefan Seibt. „Dort planen wir ein kleines historisches Lagerleben mit Pikendrill sowie Handwerk und Ausrüstungspflege. Mit deftigen Speisen und kühlen Getränken ist auch für das leibliche Wohl der Gäste gesorgt. Wir laden hiermit schon einmal alle dazu ein.“

Dass die bunte Truppe Aufsehen erregen wird, dürfte jetzt schon klar sein. Man wird nicht gerade schweigend dahinschlendern. Sondern in zünftiger Marschordnung straff laufen. Geplant sind ein paar Einlagen zwischendurch. „Auf echte Plünderungen werden wir allerdings verzichten, schmunzelt Hauptmann Stefan Karlsson. Im Gegenteil: Die Landsknechte melden sich im Vorgang höflich in den Dörfern an. Als Fotomotiv machen sich die selbst ernannten Schweden aber sicherlich gut.

Auch in diesem Jahr geht es anschließend an den Wochenenden zu den großen Schlachten und Lagern. „Unsere Eigenproduktion auf Königstein steigt Anfang Juni. Im Mai sind wir bei der Crana Historica in Kronach, später bei den Wallensteintagen Stralsund oder auch in Prag, Breitenbrunn und Treuen.“ Hut ab, alter Schwede!