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Alter Bahnhof sucht neue Eigentümer

Das Empfangsgebäude des Bahnhofes Döbeln -Nord hat eine lange Geschichte. Nun ist es sanierungsbedürftig.

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© André Braun

Von Sylvia Jentzsch

Döbeln. Es liegt versteckt und ist von der Straße aus nicht zu sehen. Nur ein großes Hinweisschild weist darauf hin, dass das Empfangsgebäude des Bahnhofes Döbeln-Nord mit 120 Quadratmetern Wohnfläche und 3 600 Quadratmetern Waldfläche zu verkaufen ist.

Auf dem Foto ist zu sehen, wie das Gebäude früher einmal aussah.
Auf dem Foto ist zu sehen, wie das Gebäude früher einmal aussah. © Repro/ Andreas Riethig

Das übernimmt die WM Immobilien GmbH in Döbeln, in deren Eigentum sich das Objekt befindet. „Es war eigentlich anders gedacht. In das Gebäude sollte eine fünfköpfige Familie in den oberen und die Eltern im unteren Bereich einziehen. Doch die Familienplanung hat sich geändert“, sagte Jens Weinert von WM Immobilien. Da das Objekt nicht in das Portfolio des Unternehmens passt, das Häuser ab sechs Wohneinheiten saniert und vermietet, soll das Empfangsgebäude verkauft werden. „Wir haben da mit dem Bahnhof in Gärtitz gute Erfahrungen gemacht“, sagte Weinert. Er könne sich vorstellen, dass die ehemalige Empfangshalle als Mehrgenerationenhaus genutzt wird, die jüngeren Leute könnten oben, die älteren unten wohnen. „Allerdings muss man den Bahnverkehr in Kauf nehmen“, so der Immobilienmakler. Dafür entschädige wiederum das sehr schöne, große Grundstück.

Das Objekt an sich sei sanierungsbedürftig, habe aber viel Potenzial. Das Dachgeschoss könnte auch ausgebaut werden, sagte Weinert. Außerdem birgt das Gebäude viel Eisenbahngeschichte. Für 45 000 Euro steht es zum Verkauf.

Das Haus wurde 1852 auf dem Gelände des Bahnhofes Döbeln gebaut. Denn zu dieser Zeit gab es den Hauptbahnhof noch nicht. 1847 endete die Bahnstrecke von Riesa in Großbauchlitz. Erst später, 1852, wurde sie weiter in Richtung Chemnitz gebaut. Ein Teil davon ist auch als „Pleitemeile“ bekannt. „Bevor das Empfangsgebäude entstand, gab es auf dem Bahnhof nur ein großes Leinwandzelt“, sagte Bahnhistoriker Andreas Riethig. Die Pferdewagen, auf die die Fracht geladen wurde, mussten über den Leipziger Berg, um in die Stadt und die Dörfer zu kommen. Das war sehr beschwerlich, so Riethig.

Im Empfangsgebäude befanden sich im Erdgeschoss die Wartehalle, der Fahrkartenschalter sowie die Annahme und Ausgabe von Reisegepäck und Expressgut. Der Vorsteher des Bahnhofes hatte in diesem Bereich sein Dienstzimmer. „Oben befanden sich Wohnungen für die Eisenbahner“, so Riethig. 1870 wurde der Döbelner Hauptbahnhof gebaut und aus dem Bahnhof Döbeln wurde der Bahnhof Großbauchlitz. Der gewann mit der 1884 gebauten Schmalspurbahn der Linie Oschatz-Mügeln-Döbeln noch einmal an Bedeutung. Die Bauern nutzten die Bahn unter anderem, um die Zuckerrüben in die Döbelner Zuckerfabrik zu bringen. „Damals hatte der Bahnhof Großbauchlitz sowohl Gleise für die Schmalspur als auch für die Normalbahn“, sagte Andreas Riethig. Das Stellwerk gegenüber der Empfangshalle entstand im Jahr 1910.

Nach dem Krieg wurde das zweite Gleis entfernt, die Technik ausgebaut. „Es gab keine Verbindung mehr von den Weichen zu den Signalen“, erzählte Riehtig. Ab dem Sommer 1959 fuhr die Schmalspurbahn nicht mehr. Auch für den Personenverkehr wurde der Bahnhof Döbeln-Nord nicht mehr genutzt – in den Jahren 1968/69 die Gleise abgebaut.

Erst ab 1970 wurde der Bahnhof Großbauchlitz, der mit der Eingemeindung im Jahr 1932 zum Bahnhof Döbeln-Nord wurde, wieder interessant. Zu dieser Zeit entstand das Agrochemische Zentrum (ACZ), das jetzt eine Halle der RHG ist. „Täglich gab es vier Rangierfahrten“, erinnert sich Riethig. Auch die Platten für den Wohnungsbau für Döbeln-Nord und die Zwingerstraße kamen aus dem Betonwerk Naunhof mit dem Güterzug nach Döbeln und wurden auf dem Bahnhof-Nord entladen. „Bis zur Wende gab es noch einen regen Güterverkehr“, so Riethig.