Altmaiers schwierige Mission in Peking

Von Andreas Hoenig und Andreas Landwehr
Es ist keine einfache Dienstreise für Peter Altmaier. Bei der großen „Seidenstraßen“-Schau der Chinesen in Peking hat Deutschland nur eine Nebenrolle. Der zweite Gipfel zur Initiative für neue und milliardenschwere Transportwege zwischen Asien und Europa hat Staats- und Regierungschefs vor allem kleinerer Länder nach Peking pilgern lassen, auch ein paar „Schurkenstaaten“ sind dabei. China wird in vielen Reden für seine Führungsrolle gelobt.
Die Bundesregierung hat den Wirtschaftsminister geschickt. Altmaier ist mit einer kleinen Delegation unterwegs. Das schon zeigt: Die Deutschen sind zwar dabei, aber nicht so richtig. Denn Deutschland steht dem chinesischen Prestigeprojekt skeptisch gegenüber, wie auch andere große EU-Staaten. Die USA sind erst gar nicht vertreten. Denn es gibt viel Kritik. China halte Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards nicht ein, und es kämen vor allem chinesische Staatsfirmen beim Bau von Brücken oder Straßen zum Zug. Die Initiative, die eigentlich verbinden soll, dürfe keine „Einbahnstraße“ sein, lautet die Kritik der deutschen Industrie.
China verspricht mehr Transparenz
Der chinesische Präsident Xi Jinping ging am Freitag in die (Charme-)Offensive. Er kündigte mehr Transparenz bei den Plänen und überhaupt mehr Offenheit Chinas an. Wirtschaftsbarrieren sollten überwunden, der Kampf gegen Korruption vorangetrieben werden, China und die „Neue Seidenstraße“ sollten grüner werden.
Altmaier sprach von „sehr ermutigenden“ Ankündigungen, Deutschland nehme die Versprechen ernst. Bedeutet: China muss nun den Worten Taten folgen lassen. Dabei geht es vor allem um gleiche Wettbewerbsbedingungen. Bisher haben ausländische Firmen in China noch viele Hürden zu überwinden. Derartige Versprechen der chinesischen Führung haben deutsche Geschäftsleute schon oft gehört – und wurden doch immer wieder enttäuscht.

Chinas Wirtschaftsmacht weltweit aber ist in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Peking will mit klarer Strategie technologischer Spitzenreiter werden. Die EU hat dem bisher nichts entgegenzusetzen. Europa ist in die Defensive geraten, auch bei der „Neuen Seidenstraße“.
Zwar betont Altmaier die Bedeutung einer geschlossenen EU. Doch Italien und Länder vor allem aus Osteuropa haben sich der Initiative angeschlossen. Geschlossenheit sieht anders aus. Auch die neutrale Schweiz, Nicht-EU-Mitglied, kündigte an, mitzumachen. Bundespräsident Ueli Maurer, der auch Finanzminister ist, will von einer Zusammenarbeit mit China im Handel, bei Investitionen und der Finanzierung von Projekten in Drittländern profitieren. Kritik sei in Ordnung, sagte Maurer der Neuen Zürcher Zeitung. Aber irgendwann müsse man sich entscheiden: „Will man eine Entwicklung verhindern, oder will man daran teilnehmen, sich einbringen und Einfluss nehmen.“
… und lässt wenig mit sich reden
Aus Sicht von EU-Diplomaten ist diese Einstellung naiv, da China als Geldgeber und Finanzier die Richtung vorgibt und wenig mit sich reden lässt. „Schon die Absichtserklärung ist nicht verhandelbar“, sagte ein Diplomat und warnte vor „Fallstricken“ in dem sehr weitgehenden Rahmenpapier. Das Dokument mutet an wie eine Verbeugung vor einer chinesischen Weltordnung. So wird darin „Respekt vor Kerninteressen“ gefordert. Damit meint China seine umstrittenen Machtansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer oder auch auf das demokratische Taiwan, das notfalls gewaltsam erobert werden soll. Auch werden „Synergien“ und „Unterstützung“ in den Vereinten Nationen eingefordert, was Kritik an China in der UN-Menschenrechtskommission ausschließen würde.
Ohnehin hätten die Menschenrechte unter den EU-Staaten nicht mehr denselben Stellenwert wie früher, beklagte Theresa Fallon, Direktor vom Centre for Russia Europe Asia Studies in Brüssel. „Weil die Wirtschaft sich verlangsamt, brauchen die Lenker Investitionen und müssen pragmatischer sein, so sind sie bereit, bei den Menschenrechten ein Auge zuzudrücken. Indem China Investitionen anbietet, kauft es fast das Schweigen dieser Länder.“
Selbstkritisch heißt es in der Bundesregierung, eigentlich hätte die EU schon vor Jahren eine eigene Infrastrukturstrategie auf den Weg bringen müssen. Das aber ist nicht passiert. Altmaier will es nun besser machen und kämpft für eine eigene EU-Industriestrategie. (dpa)