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Ampeln nachts aus? Oder nicht?

Radebeul und Coswig handhaben es unterschiedlich. Und eine Verwaltungsvorschrift, die für Klarheit sorgen sollte, sagt noch etwas ganz anderes.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Könnten nicht auch viele Ampeln wenigstens am Wochenende abgeschaltet werden. Man muss ständig sinnlos anhalten, obwohl wenig Verkehr ist, die Ampeln schlecht geschaltet sind – bei vorschriftsmäßigem Fahren fast immer rot – und oft kommt nicht mal ein Fahrzeug aus der frei geschalteten Richtung! Es würde völlig ausreichen, wichtige Kreuzungen wie Radebeul-West, Schildenstraße und Zu den Linden geschaltet zu lassen. Die Umwelt wird es danken! Das schreibt Iris Bommel auf Facebook.

Wie ist denn die Wirklichkeit in Radebeul und Coswig?, zwei Städte im Kreis mit vielen Ampeln an den Hauptstraßen.

Ingolf Zill, Leiter der Verkehrsbehörde in Radebeul, sagt, wie es hier gehandhabt wird: „Wir haben eine Mischschaltung. Wichtige Kreuzungen, die auch Unfallschwerpunkte sind, bleiben an. Dazu gehören die Meißner Straße, Moritzburger Straße in West und die Meißner Straße, Paradiesstraße an den Landesbühnen.“

Andere Ampelanlagen mit weniger Fahrzeugfrequenz würden ab 22 Uhr ausgeschaltet. Dazu gehören entlang der Meißner Straße die Wasastraße, die Cossebauder Straße am Obi-Markt und die Gerhart-Hauptmann-Straße in Zitzschewig.

Olaf Lier, Ordnungsamtsleiter in Coswig, hat seit Jahren klare Regeln. „In Coswig waren die Ampeln nachts noch nie durchweg angeschaltet. Zu DDR-Zeiten wurde gegen 18 Uhr, um Strom zu sparen, abgeschaltet. Heute machen wir das 20 Uhr“, so Lier. Geschäfte und Büros haben länger geöffnet. Das Einkaufsverhalten der Bewohner habe sich verändert, deshalb die Verschiebung. Lediglich an der Salzstraße in Coswig bleibe bis 21 Uhr die Ampel an.

Diese Regelung mit 20 und 21 Uhr abschalten gelte durchgehend die gesamte Woche. Lier sagt, dass er den Vorschlag, am Wochenende generell abzuschalten, im Prinzip nicht schlecht findet, aber dann müssten viel mehr Autofahrer vernünftiger unterwegs sein. Es falle manchem ja schon schwer, an einer Ampelkreuzung, wenn diese ausfällt, sich nach den Verkehrszeichen zu orienteiern. Da sei die jetzige Regelung ein noch vertretbarer Kompromiss.

Eine Verwaltungsvorschrift für die Verkehrsbehörden rät nämlich durchgehend zum Komplettlicht. Konkret steht da drin: Lichtzeichenanlagen sollten in der Regel auch nachts in Betrieb gehalten werden; ist die Verkehrsbelastung nachts schwächer, so empfiehlt es sich, für diese Zeit ein besonderes Lichtzeichenprogramm zu wählen, das alle Verkehrsteilnehmer möglichst nur kurz warten lässt. Nächtliches Ausschalten ist nur dann zu verantworten, wenn eingehend geprüft ist, dass auch ohne Lichtzeichen ein sicherer Verkehr möglich ist.

Bestätigt wird diese Vorschrift übrigens durch Forschungen von der Technischen Universität Dresden. Ampeln in der Nacht abzuschalten, provoziert Unfälle, heißt es vom Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr an der TU Dresden im Auftrag der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Die weit verbreitete Praxis der Städte, Ampeln nachts auszuschalten, sei aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht vertretbar. Für die Studie wurde die „Abschaltpraxis“ der Städte Leipzig und Dresden sowie des Landkreises Harburg untersucht.

Die Untersuchung zeigte, dass sich in Dresden pro Jahr etwa 300 Verkehrsunfälle mit mehr als 100 Verletzten an abgeschalteten Ampeln ereignen und die daraus folgenden Unfallkosten rund 2,9 Millionen Euro betragen. Werte, die sich auf andere Großstädte übertragen lassen, so die Studie. Die Zunahme an Lärmbelastung, Betriebskosten, Fahrzeiten, Kraftstoffverbrauch und Schadstoffbelastung sei dagegen marginal und wird wesentlich stärker von der individuellen Fahrweise als von den Ampelphasen beeinflusst.

Die Nachteile seien viel größer. Die Unfallkostenrate verdoppelt sich an diesen Kreuzungen und Einmündungen. Mit anderen Worten: Ohne Ampeln ist die Kreuzung nachts doppelt so unsicher.

Deshalb fordert die UDV eine konsequente Umsetzung der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift, die besagt, dass Ampeln nachts nur in begründeten Ausnahmefällen abgeschaltet werden sollten, beispielsweise Bedarfsampeln vor Schulen oder Kindergärten. Außerdem ist die Anwendung intelligenter, verkehrsabhängiger Signalsteuerung und der Einsatz der Niedervolttechnik, etwa Ampeln mit LED-Licht, zu empfehlen, so die Unfallforscher.

In Radebeul und Coswig soll es dennoch so bleiben, wie es ist. Komplett wieder angeschaltet sind die Ampelanlagen in Coswig ab 5 Uhr morgens, in Radebeul ab 6 Uhr.