Radebeul
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An die Nähmaschinen!

Freiwillige nähen Mundschutz für Pflegedienste und Kliniken. Nur das Material wird bei manchen knapp.

Von Peggy Zill
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In Coswig und Weinböhla nähen Frauen Mundschutz für Kliniken und Pflegedienste.
In Coswig und Weinböhla nähen Frauen Mundschutz für Kliniken und Pflegedienste. © privat

Coswig/Weinböhla. Der Vorrat an Einmal-Mundschutz neigt sich bei vielen Krankenhäusern oder Pflegediensten. Die Volkssolidarität zum Beispiel hat vor einiger Zeit Nachschub bestellt. Aus China sollten 500 Stück kommen. Der Liefertermin verschiebt sich jedoch jeden Tag immer weiter. Deshalb startete der Verein einen Hilferuf, bat Freiwillige, für den ambulanten Pflegedienst Mundschutztücher zu nähen. 

Denn obwohl schon 120 Stück fertig sind - genäht von Pflegekräften und ihren Familien - wird das nicht reichen. „Allein in der Frühtour haben wir 40 Patienten. Jede Pflegekraft sollte den Mundschutz in dieser Zeit dreimal wechseln“, erklärt Ulrike Keller von der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen.

Die Reaktionen auf den Aufruf seien überwältigend. „Binnen weniger Stunden haben uns ganz konkrete Hilfsangebote per E-Mail und Facebook erreicht, für die wir gar nicht genug danken können.“ Inzwischen habe man dank einer Stoffspende im Pflegedienst Meißner Umland auch passendes Material vorrätig, das ehrenamtlichen Nähern zur Verfügung gestellt werden kann. Benötigt werden noch gut 200 Mundschutzmasken. 

Damit könnten dann auch - neben den beiden ambulanten Pflegediensten - die Mitarbeiter in den zehn Seniorenwohnanlagen ausgestattet werden. „Zusätzlich prüfen wir gerade, inwiefern in unseren Kitas ein Bedarf für Mundschutz bei den Mitarbeitern besteht“, so Ulrike Keller.

Materialspenden erwünscht

Etwa vier Stück schafft Maria Wenke pro Stunde, sagt sie. Immerhin sechs Stunden sitzt sie täglich an ihrer Nähmaschine. Arbeiten gehe sie zurzeit nur noch vormittags. Die Weinböhlaerin habe schon alte Bettwäsche gespendet bekommen, Gummibänder und Schrägbänder wären noch nützlich. 

Die braucht auch Anett Höft. Denn während viele zu Hause alten Stoff übrig haben, hat niemand Schrägband herumliegen, der nicht selbst näht. Zur Not müsse sie es sich mühsam selbst herstellen. Das kostet Zeit. Seit einer Woche näht sie Mundschutz, habe aber aufgehört zu zählen, wie viele schon entstanden sind.

Wenn sie gut ist, schafft sie 30 Stück pro Tag, sagt Sabine Kapelle aus Coswig. Sie näht derzeit für Dialysepatienten und ein Pflegeheim in Radebeul. Bisher etwa 200 Stück. Weil sie gerade eine Ausbildung zur Erzieherin macht, arbeitet sie im Moment nicht. Und ihre beiden Kinder können nicht in Schule und Kita gehen. Deshalb wolle sie den medizinischen Einrichtungen und auch Privatpersonen helfen. 

Nur das Material wird auch bei ihr langsam knapp. Nähgeschäfte hätten geschlossen, die Lieferzeiten bei Amazon sind lang. Elastikband würde sie benötigen. Bei Maika Manigk fehlt es an Draht. Den näht sie in die Masken, damit sie besser sitzen. Das Krankenhaus Neustadt hat sie schon beliefert, das Meißner suche auch. Immerhin: Baumwolle ist noch da.

Über Stoffspenden würden sich dennoch alle Näherinnen freuen. Denn sie geben die Masken kostenlos ab. Am besten wäre es, wenn die Baumwolle schon zugeschnitten ist. „Das können auch ältere Menschen zu Hause machen. Sie hätten dann gleich eine Art Ergotherapie“, sagt Cathleen Trantow. Und den Frauen an der Nähmaschine nimmt es viel Arbeit ab. 

Die gelernte Ergotherapeutin, die gerade eine Ausbildung zur Erzieherin macht, hat ihr eigenes Nählabel, früher Nähkurse gegeben und so ein eigenes kleines Netzwerk aus zehn Näherinnen aufgebaut. Stoff habe sie noch da, will aber nicht ihr ganzes Lager aufbrauchen. Deshalb bittet sie über verschiedene Kanäle um Stoffspenden. Ein paar sind schon vor ihrer Haustür gelandet. Genäht hat sie schon für die Uniklinik Dresden. Nun würde sie die Masken gern regionaler verteilen. „Arztpraxen haben angefragt, die Elblandklinik in Riesa und zwei Pflegedienste.“

Vor dem Coronavirus schützen die Baumwollmasken zwar nicht, aber sie sind nachhaltig und sorgen dafür, dass sich die Träger nicht mit Händen an Mund und Nase fassen. Cathleen Trantow findet, man solle sich ein Beispiel an Tschechien nehmen. Dort ist Mundschutz nun Pflicht. „Hier schämen sich noch viele Leute, ihn zu tragen.“

Ansprechpartner der Volkssolidarität ist der Pflegedienst Meißner Umland, Telefon 03523 7740050, E-Mail: [email protected]. Kontakt zu den Näherinnen kann über die SZ hergestellt werden.

Zum Thema Coronavirus im Landkreis Meißen berichten wir laufend aktuell in unserem Newsblog.