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Angela rennt – eineEiserne Lady sieht anders aus

Angela rennt. Sie rennt nach Grönland, um den schwindenden Gletschern hinterherzugucken. Sie rennt nach New York, um vor der leeren UN-Vollversammlung für den Umweltschutz zu werben und hinter den Kulissen...

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Angela rennt. Sie rennt nach Grönland, um den schwindenden Gletschern hinterherzugucken. Sie rennt nach New York, um vor der leeren UN-Vollversammlung für den Umweltschutz zu werben und hinter den Kulissen für einen ständigen Sitz der Deutschen im Welt-Sicherheitsrat –das eine so vergebens wie das andere. Denn die USA lassen nicht an ihrem Smog rühren und die Mittelmächte nicht am künstlichen Gleichgewicht der Großen, weil sie selber vor der Tür des Allerheiligsten der Uno lungern. Angela rennt nach Moskau und kassiert von Putin ein säuerliches Lächeln. Angela rennt nach Peking, um die neue Weltmacht zu hofieren, stößt aber mit ihren Rockschößen um, was sie mit ihren Händen versucht hat aufzubauen: Kaum zurück aus China, empfängt sie den Dalai Lama, was Vorgänger und Freunde peinlich vermieden hatten, und vergrätzt die Chinesen. Nun rennt sie nach Neu-Dehli, um den deutschen Export-Boom zu fördern und vier Tage lang Sightseeing zu treiben.

Angela rennt ohne Unterlass. Sie rennt vor den Hausaufgaben davon. Denn der Koalitionssegen hängt schief. Seit dem jüngsten SPD-Parteitag ist die Hoffnung der Christdemokraten dahin, ihre Vorfrau könne zur Eisernen Lady ihrer deutschen Untertanen avancieren. So wie einst Margaret Thatcher, die sich damals mit ihrem regiden Reformkurs Feinde, später Bewunderer geschaffen hatte.

Schon der Antritt der Reformkanzlerin vor zwei Jahren war dank einem mäßigen Wahlergebnis danebengeraten, eine Verlegenheits-Koalition mit den ebenso mäßigen Nach-Schröder-Sozis geboten. Vom angekündigten Reformkurs blieben eine vergeigte Gesundheitsreform und die Rente mit 67, für die sich übrigens der Merkel-Vize Müntefering die Pfoten schmutzig machte.

Und nun das: Sozi Kurt Beck, selber auf Profilsuche, hat neue soziale Hürden vor die Füße der Möchtegern-Reformerin gerollt. Die von Schröder gekürzte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, Kernstück seiner Erfolgsagenda 2010, soll wieder verlängert, ein Mindestlohn für alle Deutschen eingeführt und die Bahnreform ausgebremst – gegebenenfalls gar die 67er-Rente wieder aufs 65. Lebensjahr zurückgeführt werden. Außerdem dräuen eine Verlängerung der Bezugszeiten fürs Kindergeld, die hinausgezögerte Pflegeversicherung, Tempo 130 auf Autobahnen und nun auch noch die Wiedereinführung der alten Kilometer-Pauschale.

Das alles lässt sich auf der innenpolitischen Agenda für die restlichen zwei Jahre Legislatur schwerlich nach der Marschzahl Merkel bewältigen, die da heißt: harte Führung im Machterhalt, dafür schlaffe Kompromisse in der Sache – und darüber ein mildes Lächeln. Eiserne Ladys agieren anders; sie rennen nicht davon.