Kamenz
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Anneliese Kühnöhl feierte 102. Geburtstag

Die Seniorin, die noch unterm sächsischen König geboren wurde, feierte im Pro Seniore ihren 102. Geburtstag. Mit unzähligen Gratulanten.

Von Frank Sühnel
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Annelies Kühlnöhl merkt man ihre 102 Jahre kaum an. „Sie ist sehr willensstark“, sagen die Kinder. Auch Residenzchefin Susann Glücklich und Großröhrsdorfs Bürgermeister Stefan Schneider gehörten am Freitag zu den Geburtstagsgratulanten.
Annelies Kühlnöhl merkt man ihre 102 Jahre kaum an. „Sie ist sehr willensstark“, sagen die Kinder. Auch Residenzchefin Susann Glücklich und Großröhrsdorfs Bürgermeister Stefan Schneider gehörten am Freitag zu den Geburtstagsgratulanten. © Frank Sühnel

Großröhrsdorf. Ihre Geburtsurkunde ist auf den 8. November 1917 in Ottendorf ausgestellt. Da regierte in Deutschland noch Kaiser Wilhelm II – und Sachsen war ein Königreich. Es war Krieg, es waren harte Zeiten. „Daran erinnere ich mich aber nicht, da war ich viel zu klein“, sagt Annelies Kühnöhl mit einem Lachen. Sie feierte am Freitag mit unzähligen Gratulanten im Pflegeheim „Pro Seniore“. Um sie herum war reges Treiben, viele Mitbewohner kamen, um zu gratulieren. Auch ihre drei Kinder, ein Sohn und zwei Töchter, waren da. Ständig gaben sich Pflegekräfte des Heimes und Bekannte die Ehre. Und sogar Großröhrsdorfs neuer Bürgermeister Stefan Schneider brachte einen Straus Blumen. Es wurde mit Sekt angestoßen – aber auch mit Eierlikör, wie es sich gehört im Schokobecher. Die Küche hatte raffinierte Platten mit Schnittchen und Kuchen erstellt. Es war eine richtige Party. Ergotherapeutin Kerstin Schramm spielte auf der Gitarre – viele der Gäste und auch Annelies Kühnöhl stimmten gern mit ein ...

Das war ihr ganzes Leben lang ihre Leidenschaft, der sie frönte, solange Augen und Ohren es erlaubten: die Literatur. Vor allem Goethe hat es ihr angetan, im Bücherregal stehen einige Werke des Dichterfürsten. Gedichte mochte sie ebenso gern. „Sie kann noch einige Strophen des Erlkönigs auswendig, auch andere Gedichte noch“, sagt ihr Sohn Hans-Peter Keller, selbst schon 76 Jahre alt. „Literatur, besonders geschichtliche Werke, haben mich immer sehr interessiert“, bestätigt sie selbst. Fragt man sie, wie es ihr geht, antwortet sie, „Nu ja, die Beine wollen nicht mehr, aber im Kopf bin ich noch ganz klar.“ Auch da lächelt sie. „Sie hat ihren Humor und ihre Schlagfertigkeit nach wie vor nicht verloren“, sagt der Sohn, ebenfalls schmunzelnd.

Seit 2014 lebt Anneliese Kühnöhl in der Residenz, erst noch ganz selbstständig im betreuten Wohnen. Nach zwei Beinbrüchen nun an den Rollstuhl gebunden, wechselte sie in die Pflegeabteilung. Noch mit über 90 sei sie mit dem Rad in Ottendorf-Okrilla unterwegs gewesen, weiß Hans-Peter Keller. „Und sehr willensstark war sie immer. Als sie sich den Oberschenkelhals brach, dachten wir, es ist vorbei, doch sie hat sich wieder aufgerafft, weil sei es wollte. Sie ist ein Stehaufmännel.“

Natürlich kommen die Fragen nach der schönsten Zeit im Leben und nach den schlimmsten Zeiten. Das macht sie nicht an politischen oder geschichtlichen Ereignissen fest. „Da fehlen mir oft die Erinnerungen. Die schönste Zeit waren die zwei Jahre Verlobungszeit mit meinem ersten Mann. Mit 21 habe ich dann geheiratet, dann kamen die Kinder. Und dann war der Weltkrieg, eine schlimme Zeit“. sagt sie. Und das schlimmste Erlebnis war, als ihr erster Mann nach einer Operation viel zu früh gestorben ist, als sie 32 Jahre alt war. Erst mit 46 Jahren hatte sie dann noch einmal geheiratet.

Nun, in der Seniorenresidenz, ist der Alltag, bis auf solche aufregenden Geburtstage, ein ruhiger, regelmäßiger. „Sie ist aber sehr rege, nimmt an allen Angeboten in der Residenz teil“, bestätigt Heimchefin Susann Glücklich. Und, dass sie viel und gern dabei ist, wenn gesungen wird. So wie auch am Freitag – bei dem sehr seltenen Geburtstag einer 102-Jährigen.