Merken

Anschub für den Start ins Berufsleben

Wer Jobs für behinderte Menschen schafft, kann vielerlei Hilfe bekommen. Ein Beispiel aus Zwickau zeigt, wie es geht.

Von Annett Kschieschan
 4 Min.
Teilen
Folgen
Angelin Löffler macht eine Ausbildung zur Automobilkauffrau. Ihr Arbeitsplatz im Autohaus Kießling in Zwickau wurde für sie behindertengerecht eingerichtet. Chefin Katja Knorr hat sich dafür stark gemacht.
Angelin Löffler macht eine Ausbildung zur Automobilkauffrau. Ihr Arbeitsplatz im Autohaus Kießling in Zwickau wurde für sie behindertengerecht eingerichtet. Chefin Katja Knorr hat sich dafür stark gemacht. © privat

Zwickau. Menschen mit Behinderung gehören zu unserer Gesellschaft, also sollten sie auch ganz normal zu unserer Arbeitswelt gehören“. Für Katja Knorr, Inhaberin des Zwickauer Autohauses Kießling, ist das mehr als ein Lippenbekenntnis. Deshalb hat sie nicht lange überlegt, als es im vergangenen Jahr darum ging, Angelin Löffler einen Ausbildungsplatz anzubieten. Die 17-Jährige leidet unter anderem unter Spastiken, hat außerdem Diabetes und eine Gluten-Unverträglichkeit.

Hauptsächlich aber ist Angelin ein ganz normaler Teenager mit Zukunftsplänen und -wünschen, mit guten und weniger guten Tagen. Nach ihrem Realschulabschluss hatte sie ein Praktikum im Autohaus Kießling gemacht. Danach stand fest: Eine Lehre zur Automobilkauffrau konnte sich die Jugendliche gut vorstellen. Und auch im Unternehmen war man sich schnell einig, dass Angelin Teil des Teams werden soll.

Klar war aber auch: Um der jungen Zwickauerin einen Ausbildungsplatz einrichten zu können, braucht es etwas mehr Vorbereitung und Unterstützung. Denn Angelin benötigt einen auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Arbeitsplatz. „Um Tisch und Schreibtischstuhl anzupassen, waren zum Beispiel extra Fachleute bei uns, damit am Ende auch wirklich alles gut funktioniert“, erzählt Katja Knorr. Auch eine besondere Tastatur bekam Angelin, und für die Zeit in der Berufsschule in Oelsnitz gab es einen Laptop, mit dem sie leichter schreiben kann als per Hand.

Um genau solche passgenauen Hilfen kümmern sich die Mitarbeiter des Kommunalen Sozialverbands Sachsen. Sie beraten Firmen, die behinderte Menschen einstellen möchten und ermöglichen auch finanzielle Unterstützungen. Im Fall von Angelin förderte der Verband die sogenannte investive Ausstattung des Büro-Arbeitsplatzes, also die nötige Hard- und Software sowie die passenden Rollcontainer. Die Arbeitsagentur unterstützte die Anschaffung des höhenverstellbaren Schreibtisches und des Bürostuhls.

Alle Helfer an einen Tisch

Generell gilt: Arbeitgeber können Darlehen oder Zuschüsse anteilig zu den entstehenden notwendigen Kosten für die Aufwendungen zur Schaffung neuer geeigneter Ausbildungsplätze erhalten. Die Leistungen sind unabhängig von der Behinderung des Auszubildenden.

Neben den finanziellen beziehungsweise materiellen Leistungen begleiten die Mitarbeiter Unternehmen und Azubis und stehen bei Fragen mit Rat und Tat zur Seite. Denn gerade wenn, wie im Fall des Autohauses Kießling, zum ersten Mal ein behindertengerechter Arbeitsplatz eingerichtet wird, gibt es neben dem guten Willen meist auch etwas Unsicherheit. Im konkreten Fall konnte die schnell abgebaut werden. „Natürlich war es auch eine kleine Umstellung, an die sich die Mitarbeiter auch erst gewöhnen mussten“, sagt Katja Knorr. So kann Angelin zum Beispiel nicht schwer heben. Das muss berücksichtigt werden, wenn die Jugendliche zum Beispiel im Teilelager eingesetzt werden soll.

Normalität im Umgang

Grundsätzlich umfasst der praktische Teil ihrer Ausbildung alle Bereiche des Autohauses. „Ich würde auch gerne überall mal mitarbeiten und wünsche mir noch ein bisschen mehr Abwechslung “, sagt Angelin. Solche Fragen werden gemeinsam mit den Sozialbetreuern an einem Tisch geklärt. Weil Angelin noch nicht volljährig ist, waren von Anfang an auch ihre Eltern mit im Boot. Das ist auch der Chefin wichtig. Als mittelständisches, in der Region verwurzeltes Unternehmen achte man auf ein gutes und konstruktives Miteinander. Das schließt selbstverständlich auch die Auszubildenden mit ein. Für Katja Knorr ist das Teil jener Normalität, die sie sich im Umgang mit behinderten Menschen wünscht.

Ihr Unternehmen hat dafür mit der Einrichtung des behindertengerechten Arbeitsplatzes einen weiteren Schritt getan. Beim Sozialverband Sachsen ist man froh über den geglückten Ausbildungsstart – und wünscht sich weitere Firmen, die bereit sind, ihr Arbeitsumfeld für die Bedürfnisse behinderter Menschen anzupassen. Das Beispiel des Autohauses Kießling zeigt einmal mehr: Mit guter Beratung und konkreter Hilfe ist vieles möglich.