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Anwalt von Dealern und Autoknackern

Robert Zukowski aus Wachau ist Strafverteidiger. Diese Aufgabe reicht ihm noch nicht.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Wachau. Der Fall wurde gerade abgeschlossen: Felix H. hatte vor einigen Monaten in Dresden eine Frau aus dem Auto gezerrt, sich dann selbst hinters Steuer gesetzt und war mit dem weißen Opel mehrere Hundert Kilometer durchs Land gefahren. Im Allgäu stahl er einer alten Dame die Handtasche. Er wurde gefasst, nachdem er tankte, ohne zu zahlen. Sein Verstand sei in dieser Zeit ausgeschaltet gewesen, sagte der Angeklagte. Einer der wohl am genauesten weiß, was in Felix H. vorging, ist Robert Zukowski. Er hat ihn in der Untersuchungshaft besucht, ist mit ihm die Taten mehrfach durchgegangen, hat über seinen Werdegang und über seine Familie gesprochen. „Eine Bewährungsstrafe wäre angemessen gewesen“, sagt er, nicht die von der Staatsanwältin geforderten fünfeinhalb Jahre Haft. Die Richter sahen das anders. Felix H. muss für drei Jahre in Haft. „Der Angeklagte hat ein Geständnis abgelegt und hat sich für seine Taten entschuldigt. Die Untersuchungshaft hat ihn beeindruckt. Sie ist nach meinem Eindruck Abschreckung genug gewesen. Aber letztendlich trifft der Richter die Entscheidung“, sagt Robert Zukowski. Er ist Strafverteidiger, er hilft von Berufs wegen Menschen, die gestohlen, bedroht, vergewaltigt oder getötet haben. Auf dem Gebiet hat er sogar besondere Sachkunde, wie es heißt. Er darf seit wenigen Tagen den Titel „Fachanwalt für Strafrecht“ tragen. „Um den zu bekommen sind für den Rechtsanwalt weitere Lehrgänge notwendig, außerdem muss man innerhalb von drei Jahren bei 60 Fällen als Strafverteidiger mitgearbeitet haben. Weiterhin sind 40 Verhandlungstage vor einem Schöffengericht notwendig. Dort werden schon schwerere Taten verhandelt.“

Brisante Busunfälle

Mördern helfen? Ja, da das muss sein, aber innerhalb der gesetzlichen Vorgaben, sagt er. „Wir als Strafverteidiger achten darauf, dass bei den Ermittlungen alles richtig gelaufen ist, dass Indizien und Beweise richtig ausgewertet wurden und nichts übersehen wurde.“ Er erinnert sich an einen Unfall auf der A 4 bei dem der Insasse eines Reisebusses zu Tode kam. Damals war der Fahrer einem unbeleuchteten Auto ausgewichen, ins Schleudern geraten und mit dem Heck gegen einen Pfeiler geprallt. „Dem Fahrer wurde vorgeworfen, mit einem defekten Bus unterwegs gewesen zu sein“, sagt der Wachauer. Ein Gutachter hatte sogar mehrere technische Mängel aufgelistet. Letztendlich stellte sich heraus, dass bei der Untersuchung des Busses nach dem Unfall Fehler gemacht worden sind. „Das haben wir herausbekommen. Der Fahrer wurde statt Haftstrafe nur zu einer Geldstrafe verurteilt.“ Besondere Brisanz erhielt der Fall durch den nächsten Busunfall auf der A 4 bei Dresden, bei dem 15 Menschen ums Leben kamen. „Der passierte genau in der Zeit als der vorherige vor Gericht verhandelt wurde. Involviert war das gleiche Busunternehmen. Dieser Vorfall kam dann in Polen vor Gericht. Ich wurde aber immer wieder um Informationen gebeten.“

Polnisch vom Vater gelernt

Ein weiterer Grund für die vielen Nachfragen waren wohl seine besonderen Sprachkenntnisse. Robert Zukowski spricht perfekt polnisch. Sein Vater ist Pole. „Ich bin in Zittau geboren. Die Sprache habe ich aber dort in meiner Kindheit gelernt.“ Deshalb kommt es wohl öfter als bei anderen Anwälten vor, dass er polnische Staatsangehörige verteidigt. „Es ist immer besser, wenn man direkt miteinander sprechen kann und nicht über einen Dolmetscher. Das erhöht das Vertrauen.“ In Zittau ist er auch zur Schule gegangen. Dann ging er zum Jurastudium nach Dresden. Machte 2003 das erste Staatsexamen, 2005 das Zweite. In Dresden betreibt er jetzt seine Kanzlei. Dort rufen ihn dann auch verzweifelte Ehefrauen an: „Mein Mann wurde verhaftet“ oder das Gericht, wenn ein Pflichtverteidiger benötigt wird. „Dann nehme ich Kontakt mit der Polizei oder der Staatsanwaltschaft auf, besorge mir die Ermittlungsakte und besuche so schnell es geht meinen Mandanten in der Untersuchungshaft.“ Der Wachauer sagt, an seinem Beruf gefällt ihm das Menschliche. „Jeder Angeklagte ist ja anders. Es sind Prominente darunter, aber auch kleine Autodiebe.“ Und neben den Angeklagten lerne er ja oft auch deren Angehörige kennen.

Vor neun Jahren ist Robert Zukowski nach Wachau gezogen. Die Schwester seiner Frau wohnt hier. Sie suchten damals ein Haus, hier wurden sie fündig. Trotz langer Tage in der Kanzlei und Gerichtsterminen in ganz Deutschland sitzt er noch im Gemeinderat. Als Vorsitzender des größten Wachauer Vereins, des TSV, ist er ehrenamtlich tätig und ebenfalls im Vorstand der Strafverteidiger-Vereinigung Sachsen. „Ich finde es wichtig, meine Kenntnisse aus meinem Anwaltsberuf auch der Gesellschaft weiterzugeben und sie nicht nur zum Geldverdienen zu nutzen“, sagt er.