Von Alexander Müller
Die Anwohner von Pirnas Ortsteilen Birkwitz-Pratzschwitz und Copitz und von Dresdens Ortsteil Söbrigen werden wohl noch mindestens 25 Jahre mit dem Kiesabbau in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft leben müssen. So zumindest sieht die Prognose von Bernd Freiberg vom Ingenieurbüro Galinsky+Partner aus, das für die Kieswerke Borsberg GmbH die Planungen erarbeitet.
Auf einer Sondersitzung des Ortschaftsrates von Birkwitz-Pratzschwitz informierten er und andere Verantwortliche die Gäste über den Stand des Projektes „Pirnaer Elbebogen“.
DIE AUSGANGSSITUATION
Seit 1972 wird in der Region Kies gewonnen. Am längsten in der Grube Birkwitz-Pratzschwitz. Hier hat inzwischen schon die Nachnutzung begonnen. Weitere Felder existieren zwischen Pratzschwitz und Copitz und in Dresden-Söbrigen. Das Vorhaben „Kiessand Pirnaer Elbbogen“ ist eine Zusammenfassung dieser drei Projekte. Diese wurden einzeln bereits 1990,1996 und 1999 planfestgestellt. Das Planfeststellungsverfahren für das Gesamtvorhaben läuft derzeit noch.
Inhalt des noch ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. September 1999 für das Abbaufeld Söbrigen sind unter anderem die Errichtung einer Bandtrasse in der Nähe des Wohngebietes Birkwitz 1/A2 „Am Lindenring“ und die Kiesaufbereitung im „alten“ Kieswerk am See. Diese beiden Umstände waren für die Stadt Pirna aufgrund der Auswirkungen hinsichtlich des Lärmes für die Wohnbebauung und die Naherholung am See nicht akzeptabel. Daher wurde 1999 Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss beim Verwaltungsgericht Dresden eingereicht. Das Klageverfahren wurde 2003 ruhend gestellt, da eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses auf den Weg gebracht wurde. Dieses neue Verfahren wurde durch die Fusion beider Kiesunternehmen 2001 erst möglich (SBU und Borsberg).
Das neue Verfahren integriert alle drei Lagerstätten und beabsichtigt mit dem Planfeststellungsantrag ab 2006 eine einheitliche betriebstechnische und zeitliche Gewinnungsfolge des neuen Kiesunternehmens. Seit 1997 gibt es in Pirna zwei Kieswerke zur Aufbereitung. Dagegen hatte sich Pirna stets gewandt. Zurzeit läuft der störende Abtransport vorwiegend durch die Wohngebiete von Copitz.
DIE ZIELE DER KIESWERKE
Nachdem die Bandtrasse zu großen Protesten geführt hatte, wollen die Kieswerke jetzt darauf verzichten, dafür aber ein neues Kieswerk in Söbrigen errichten. „Wir wollen an einem Standort den Kies gewinnen und an einem Standort den Kies verarbeiten“, erklärt Geschäftsführer Thomas Steglich. „Und zwar nach- und nicht nebeneinander.“ Und das alles seiner Aussage nach bei möglichst geringem Eingriff in die Natur. Die Abbaukapazität wird mit 600000 Tonnen jährlich angegeben. Der in Söbrigen gewonnene Kies soll über die Graupaer Straße ausgefahren werden. Das alte Kieswerk Borsberg soll in etwa zehn Jahren abgerissen werden, wenn es nicht mehr benötigt wird. Parallel soll das neue Kieswerk in Söbrigen gebaut werden – allerdings wesentlich flacher als das alte. Dennoch werde es von den Elbhängen deutlich sichtbar sein (aber nur noch halb so hoch wie ursprünglich geplant). Etwa 2035 sei auch in Söbrigen der Kiesabbau beendet.
DIE GEPLANTE NACHNUTZUNG
Zwischen Birkwitz und Copitz sollen zwei neue Landschaftsseen entstehen. „Das werden keine Badeseen und keine Strände werden“, betont Planer Bernd Freiberg. „Das soll am Kiessee Birkwitz konzentriert bleiben.“ Um die ehemaligen Abbauflächen sollen Natur- und Landschaftsschutzgebiete entstehen. Das Feld in Copitz soll wieder verfüllt werden. Der noch abzubaggernde Rest am heutigen Kiessee wird renaturiert.
DIE ÄNGSTE DER BETROFFENEN
Seitens der Anwohner von Birkwitz (und vorwiegend einiger Gartennutzer dort) werden vor allem neuer Lärm und Staub durch den Abtransport des gewonnenen Kieses befürchtet. So wird erwartet, dass 40-Tonner im Fünfminutentakt Montag bis Sonnabend zwischen 6und 22 Uhr nur 500 Meter von der Ortschaft entfernt fahren. Die Straßen werden derzeit auch gern von Fußgängern, Radfahrern, Reitern und Touristen genutzt.
Auch die möglichen Folgen eines neuen Hochwassers werden kritisch gesehen. Im Gegenzug gibt es aber auch Ängste, dass durch den Kiesabbau der Grundwasserspiegel sinken könnte. Anwohner des Elbhangs sorgen sich, dass das Kieswerk den einzigartigen Blick stört und der Lärm durch die Tallage des Abbaugebiets noch verstärkt wird. Die Eingriffe in die Natur werden ebenfalls skeptisch gesehen. Zumal die Kieswerkbetreiber vergangenen Forderungen zum Teil noch immer nicht nachgekommen sind. So wurden alte Wälle zum Beispiel noch immer nicht entfernt, obwohl das schon lange versprochen und vom Oberbergamt auch verlangt wurde. Dessen Kontrollen werden als zu selten und zu lasch angesehen. Für die derzeitige Belastung der vielen Copitzer Einwohner wird es künftig eine erhebliche Verbesserung geben.
DAS WEITERE VERFAHREN
Nach derzeitigem Stand soll das laufende Planfeststellungsverfahren noch im Mai präzisiert werden. Anschließend sollen diese Papiere in Pirna und Dresden ausgelegt werden. Ein Erörterungstermin dazu ist im Frühjahr 2012 angedacht. Das Planfeststellungsverfahren könnte dann 2013 abgeschlossen sein. Diese Terminkette wird vom Planer allerdings als sehr wage bezeichnet. Was den geforderten Rückbau der alten Wälle anbetrifft, so soll noch möglichst vor der Sommerpause eine gemeinsame Vorortbegehung zwischen allen Beteiligten stattfinden.