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Die Inflation bleibt vorerst auf hohem Niveau

Während die Inflationsrate im letzten Quartal des Jahres 2022 regelmäßig bei über 10 Prozent lag, betrug sie im März 2023 noch 7,4 Prozent.

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© Bildquelle: angelo luca iannaccone auf Pixabay

Der Höhepunkt der aktuellen Geldentwertungsphase scheint der Oktober des vergangenen Jahres gewesen zu sein. Seither sinkt die Teuerungsrate langsam, verbleibt aber noch immer auf einem relativ hohen Niveau.

Daran wird sich laut einer aktuellen Prognose der Wirtschaftsweisen, einem Beratergremium der Bundesregierung, erst einmal nichts ändern. Sie gehen derzeit von einer Inflationsrate von 6,6 Prozent für das gesamte Jahr 2023 aus, was nur einen leichten Rückgang im Vergleich zu den 6,9 Prozent des Jahres 2022 darstellt. Allerdings prophezeien sie mittlerweile wieder ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent, nachdem sie zunächst von einer leichten Rezession ausgegangen waren.


Mittlerweile sind es nicht mehr die Energiepreise, die die Inflation anheizen, sondern die Preise für Nahrungsmittel sowie ein allgemein steigendes Preisniveau, denn viele Unternehmen geben die gestiegenen Kosten erst jetzt an ihre Kunden weiter. Diese sogenannten Zweitrundeneffekte und die wahrscheinlich stark steigenden Löhne werden daher voraussichtlich auch im restlichen Jahr für eine verhältnismäßig starke Geldentwertung sorgen.


Das ist vor allem für klassische Sparer ein Problem, denn nichts ist so stark von der Inflation betroffen wie das Geldvermögen. Wir sprachen über diese Problematik mit Tobias Gillen, Chefredakteur der Finanzbildungsplattform FINANZENTDECKER.

Interview mit Tobias Gillen

INTERVIEWER: Herr Gillen, viele Sparer sind besorgt darüber, dass ihr Vermögen derzeit so schnell an Wert verliert. Was können Sie diesen Menschen raten?

Tobias Gillen: Diese Sorge ist zunächst einmal absolut berechtigt, allerdings würde ich das Wort Vermögen konkretisieren wollen. Das große Problem sind unverzinste oder niedrigverzinste Ersparnisse auf dem Girokonto oder anderen Sparkonten. Hier hilft es, die aktuelle Inflation einfach ins Verhältnis zum Zinssatz zu setzen. Bei niedrigen Tagesgeldzinsen von etwa einem Prozent und einer Inflationsrate von sieben Prozent, verliert das Geld jedes Jahr sechs Prozent an Wert. Etwas anders sieht es mit Vermögen aus, das in Sachwerte wie Aktien, ETFs oder Immobilien angelegt ist. Auch wenn es an den Börsen aktuell auch volatil zugeht, macht beispielsweise der breite Aktienmarkt langfristig im Schnitt jedes Jahr eine Rendite von etwa 8 Prozent. Damit würde man die aktuelle Inflation also schon recht gut abgefedert bekommen. Dementsprechend würde ich raten, nicht zu viel Geld zu einem Zinssatz unterhalb der Inflation anzulegen. Bei Rücklagen wie dem Notgroschen geht das nicht anders, aber um der Inflation etwas entgegenzusetzen, muss das Geld arbeiten - und zwar (um es mal sehr zu vereinfachen) schneller, als die Inflation es auffressen kann.

INTERVIEWER: Selbst, wenn die Leitzinsen weiter angehoben werden und die Banken diese auch als Sparzinsen an die Kunden weitergeben, wird man mit den klassischen Methoden des Sparens also kaum zu einem echten Inflationsausgleich kommen. Müssen wir schlechthin akzeptieren, dass die Inflation Vermögen vernichtet?

Tobias Gillen: Ein klares Jein. Einerseits gebe ich Ihnen Recht, dass die Tagesgeldzinsen selbst mit den hohen Aktionszinsen für Neukunden nicht ausreichen, um wirklich einen Inflationsausgleich hinzubekommen. Andererseits gibt es aber auch noch die gerade angesprochenen anderen Anlageformen. Zudem wird die Inflation auch nicht ewig auf diesem Niveau bleiben. Irgendwann entspannt sich die Lage also hoffentlich auch wieder.

INTERVIEWER: Was sagen Sie als Experte und Beobachter zu den Versprechungen von Kryptohändlern und anderen Anlageberatern, die Renditen von 10 bis 15 Prozent und mehr versprechen?

Tobias Gillen: Rendite kommt immer von Risiko. Es gibt keine hohe Rendite ohne hohes Risiko. Sind diese Renditen am Kryptomarkt möglich? Selbstverständlich. Wir haben Phasen gesehen, bei denen noch deutlich mehr drin war. Auf der anderen Seite sind Kryptowährungen hochspekulativ und viele Menschen haben damit auch schon sehr viel Geld verloren. Meiner Meinung nach gehören sie in ein gut diversifiziertes Portfolio inzwischen dazu - aber nur wohldosiert und mit Geld, das man im schlimmsten Falle auch verlieren kann. Ähnlich ist es bei anderen Anlageformen und Assetklassen. Wichtig ist immer, sich selbst ein umfassendes Bild zu machen, um Chance und Risiko auch wirklich fundiert einschätzen zu können. Auch wenn das Thema Geldanlage vielen Menschen etwas Angst einjagt: So schwer ist das eigentlich gar nicht, wenn man die erste Hürde einmal genommen hat. Und dann kann man fast alles selbst umsetzen und benötigt keine Berater, die hohe Renditen versprechen.

INTERVIEWER: Zum Abschluss könnten Sie unseren Lesern noch einen konkreten Anlagetipp geben. Wie und wo würde Tobias Gillen derzeit investieren, wenn er gänzlich unverhofft 10.000 oder 50.000 Euro auf seinem Girokonto finden würde?

Tobias Gillen: Das wäre schön! 10.000 Euro würde ich auf ein Rücklagenkonto als Notgroschen legen. Am besten auf ein Tagesgeld- oder kurzlaufendes Festgeldkonto mit etwa 3 Prozent Aktionszins für ein halbes Jahr. Da ich persönlich sehr sparsam und minimalistisch lebe, könnte ich damit schon ein halbes Jahr meine Lebenshaltungskosten decken. Den Rest würde ich in einen breit gestreuten ETF investieren, wahrscheinlich in einen MSCI World. Als Beimischung kann man sich noch einen ETF auf die MSCI Emerging Markets anschauen oder einen Schwerpunkt mit einem ETF auf beispielsweise die amerikanische Wirtschaft setzen. Mit maximal 5 Prozent des Geldes würde ich dann wahrscheinlich noch auf Bitcoin oder Ethereum spekulieren, wenn ich die günstig einkaufen könnte. Das alles ist aber nur meine Meinung und sollte nicht als Anlageberatung verstanden werden.

INTERVIEWER: Vielen Dank für das Gespräch und Ihre Einsichten.


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