Es gibt Situationen, wo man einfach lügen muss. Aus Höflichkeit und Rücksichtnahme, aus Liebe, um andere zu schützen, um Leben zu retten, keinen Schaden an Leib und Seele anzurichten oder aus Mitleid. Solange man die Notlüge nicht einsetzt, um sich zu erhöhen oder gar anderen zu schaden, halten sie das Getriebe des Lebens in Bewegung.

Man muss nur ehrlich sein: Die Wahrheit ist doch nichts anderes, als nach den vorgegebenen Regeln und Gesetzen zu lügen. Das will jeder so hören. Das fordert der Zeitgeist. Doch mit den publizierten Wahrheiten wird eine weitere Unwahrheit anderen aufgedrängt, die nicht daran glauben wollen.

Noch schlimmer ist, wenn Mitmenschen glauben mit ihren eigenen Wahrheiten den jeweils Herrschenden gefallen zu wollen und andere ins Unglück stürzen. Die Geschichte kennt unendlich viele Beispiele. Viele nutzten die Lüge oder auch die vorgegebene Wahrheit, um sich der Mehrheit anzupassen oder Gemeinsamkeiten vorzugaukeln. Hauptsache, man gehört dazu.

Doch fast jede Wahrheit ist einseitig, weil man sich die Welt selbst so zurecht lügt, um mit dem täglichen Umfeld klar zu kommen. Trotzdem wird in jeder Lüge mindestens ein Körnchen Wahrheit stecken.

Klar ist man verletzt und enttäuscht, wenn Lügen ans Licht kommen. Alle erwarten in Partnerschaften, nicht belogen zu werden, sind aber entsetzt und gekränkt, wenn der Partner ehrlich seine Meinung sagt. So wird man in allen Gemeinschaften ein wenig lügen müssen und kritische Dinge umschreiben, will man sein Gegenüber nicht kränken. Das nennt man übrigens Diplomatie. Wir existieren, weil wir lügen. Die Gesellschaft würde zusammenbrechen, würden alle Menschen die Wahrheit sagen. Man mag die Wahrheit des anderen nicht akzeptieren, weil die eigene Wahrheit auch besteht. Wenn Wahrheiten verletzen, demoralisieren oder gar töten, dann ist man zur Lüge verpflichtet.

Machen Lügen das Leben erträglicher?

Unwahrheiten machen somit das Leben erträglicher. Sie können das Gute im Menschen wecken. Man geht netter miteinander um: Das fördert die Hilfsbereitschaft. Was ist daran schlimm, einem Freund mit einer Unwahrheit zu helfen? Bevorzugt man generell nicht lieber ein Kompliment? Kann man sogar einer Strafe entgehen? Die Mehrzahl der Menschen ist sogar überzeugt, dass sich Ehrlichkeit nicht immer auszahlt. Wahrheitsliebe wird oftmals mit Naivität und Weltfremdheit gleichgesetzt.

Doch wo soll man die Grenzen ziehen, damit Lügen nicht kritisch werden? Eigentlich ist es augenscheinlich, nämlich dann, wenn dadurch Schaden für sich oder andere entsteht.

Das Hauptproblem bei den täglichen Lügen ist, dass wir es selbst nicht merken. Kleine Flunkereien sind sogar unbewusst im Gespräch eingebettet. Sie machen immerhin ein Drittel der Lügen aus.

Doch meist kommt eine große Portion Egoismus dazu. Man will sich viel Ärger ersparen. Man kann sich auch Liebe erschwindeln, sich das Leben gemütlicher und fauler einrichten, sich bereichern oder seine Karriere voranbringen.

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