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Industrie, die ständig mit sich selbst redet

In Produktionsprozessen weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut? Dresdner Maschinenbauer arbeiten an Lösungen.

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Joghurtbecherherstellung als Testfall: Mit Versuchsanlagen wie dieser gewinnen TUD-Forscher wichtige Erkenntnisse für künftige Fertigungsprozesse.
Joghurtbecherherstellung als Testfall: Mit Versuchsanlagen wie dieser gewinnen TUD-Forscher wichtige Erkenntnisse für künftige Fertigungsprozesse. © TU Dresden/Crispin-Iven Mokry

Alles um uns herum, das nicht natürlichen Ursprungs ist, wurde hergestellt. Die Herstellung jedes Dinges erfolgt in Schritten. Aus Rohstoffen werden Halbzeuge, daraus entstehen Grundmaterialien, diese werden zu Bauteilen, welche mit anderen Bauteilen zusammengesetzt Maschinen, Geräte usw. ergeben. In Universitäten und Forschungseinrichtungen, an denen an Produkten und Technologien der Zukunft gearbeitet wird, steht am Ende eines experimentellen Produktionsprozesses zwar kein verkaufsreifes Produkt – das Prinzip von aufeinander folgenden Arbeitsschritten aber ist dasselbe. Hier kommen Dr. Hajo Wiemer, Leiter der Abteilung Prozessinformatik und Maschinendatenanalyse am Institut für Mechatronischen Maschinenbau der TU Dresden sowie seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Spiel. Denn bei jedem Herstellungsprozess – experimentell oder industriell – fallen fortwährend Daten an. Je anspruchsvoller und digitalisierter der Prozess ist, desto mehr Daten gibt es.Hajo Wiemers Team arbeitet deshalb an „Datenflusssystemen“, die der Verbesserung solcher Prozesse dienen, indem durch eine korrekte Verknüpfung von Daten die Zusammenhänge abgebildet werden, die entlang der Produktionskette auf die Qualität des Produkts wirken. „Für jedes Produkt gibt es eine solche Kette“, erläutert Dr. Wiemer. „Das Problem ist, dass es in diesen Ketten immer Menschen und Technik gibt, die miteinander kommunizieren sollten, dies aber oft nur unzureichend tun, weil sie unterschiedliche Fachsprachen sprechen.“

Die Wege zu besserem Forschungsdatenmanagement, an denen das TUD-Institut arbeitet, sollen in Zukunft also eine eigentlich simple Sache sicherstellen: „Wir wollen, dass in der Kette der Nächste versteht, was der Vorhergehende gemacht hat, beziehungsweise was dessen Daten bedeuten“, erklärt Hajo Wiemer. Es geht also um Protokolle, um Zusammenhänge zwischen Maschinen und Fertigungsbedingungen und um das Verhindern von Datenverlusten und „Übersetzungsfehlern“ in Informationsketten. Und stets um einen größtmöglichen Praxisbezug – immerhin sind die Hälfte der Projekte von Wiemers Abteilung Kooperationen mit der Industrie oder mit Forschungseinrichtungen wie den Fraunhofer-Instituten. Die Arbeit an der Verbesserung des Datenmanagements hat zwei Richtungen: Einerseits geht es um Archivierung von Daten, andererseits um Verbesserung von Software. „Wenn wir wollen, dass alle zügig und bequem auf Datensätze zugreifen können, müssen wir den Prozess so einfach wie möglich gestalten. Hierfür arbeiten wir zum Beispiel an Erweiterungen bewährter Programme wie MS Sharepoint, wie auch an Standardisierungen von Bezeichnungen und Hierarchien von Begriffen für eine optimale Verschlagwortung“.

Diese Dolmetschertätigkeit zwischen Mensch und Maschine, unter Maschinen selbst sowie unter Forschern aus den verschiedenen Fachgebieten ist nicht weniger als die Basis zukünftiger Qualitätssicherung in Forschung und Produktion. Und sie dient auch der Dokumentation von Prozessen – denn so können zukünftig Dinge erforscht werden, an die heute vielleicht noch gar niemand gedacht hat.

Axel Nörkau