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Sanierung betagter Bausubstanzen

Mit Hilfe von Forschern der TU Dresden werden zwei Dresdner Wohnquartiere zum Vorbild für die Sanierung betagter Bausubstanz.

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Im Jahr 2045 muss Deutschland klimaneutral sein, so verlangt es das Bundes-Klimaschutzgesetz. Klimaneutralität bedeutet, dass keinerlei Treibhausgase (THG) an die Atmosphäre abgeben werden, und wenn doch, dann müssen die Emissionen vollständig kompensiert sein. Die Stadt Dresden will sogar schon 2035 klimaneutral sein. Auf dem Weg zur THG-Neutralität gibt es noch viel zu tun. Das gilt besonders für die Häuser, in denen wir wohnen und arbeiten. Zwischen 30 und 35 Prozent der THG-Emissionen im Land entfallen auf Bau, Betrieb und Erhalt von Gebäuden. Ressourcenschonender Neubau emissionsarmer Gebäude ist deshalb bisher das Gebot der Stunde. Noch wichtiger aber ist die energetische Ertüchtigung hunderttausender Bestandsimmobilien. Dem Land steht ein teurer Kraftakt bevor, trotz aller bereits umgesetzter Effizienzmaßnahmen.

Für das Erreichen der THG-Neutralität im Gebäudebereich braucht es nicht nur Geld, sondern vor allem Vorbildprojekte, die zeigen, wie man die erforderlichen Maßnahmen mit optimalem Kosten-Nutzen-Verhältnis umsetzt. Dresden wird bald solch ein Vorbild sein: Die sächsische Landeshauptstadt wurde von der EU gemeinsam mit dem spanischen Zaragoza als Leuchtturm für die Erprobung klimaneutraler Sanierungs- und Bautechniken ausgewählt. Das Projekt heißt „NeutralPath“. Dresden erhält für die Umsetzung rund 7,5 Millionen Euro EU-Mittel. Insgesamt fließen 46 Millionen Euro, denn bei NeutralPath engagieren sich neben der Landeshauptstadt auch die TU Dresden, der Versorger SachsenEnergie, das Planungs- und Monitoring-Unternehmen EADS, der städtische Immobilienentwickler Wohnen in Dresden (WiD) und das Wohnungsunternehmen Vonovia. Die Mittel kommen zwei Dresdner Gebäudeensembles zugute, die einen beträchtlichen Teil des lokalen Wohnungsbestands prototypisch abbilden und bei denen die Projektpartner entsprechendes Nachahmungspotenzial sehen. Die Quartiere befinden sich an der Van-Gogh-Straße in Hosterwitz und an der Jessener Straße in Leuben.

Energetische Modernisierung der bestehenden Bausubstanz, neue Heizanlagen, die ausschließlich regenerative Energie nutzen, und ressourcenschonender Neubau von kommunalem Wohnraum – dieses Gebäude-Ensemble in Dresden-Hosterwitz wird im Rahmen des EU-Projek
Energetische Modernisierung der bestehenden Bausubstanz, neue Heizanlagen, die ausschließlich regenerative Energie nutzen, und ressourcenschonender Neubau von kommunalem Wohnraum – dieses Gebäude-Ensemble in Dresden-Hosterwitz wird im Rahmen des EU-Projek

In Hosterwitz werden sechs zwischen 1957 und 1965 errichtete Mehrfamilienhäuser mit 34 Wohneinheiten energetisch saniert, zusätzlich sollen in ressourcenschonender Bauweise sechs Neubauten mit 50 mietpreisgebundenen Wohnungen entstehen. Das Ziel ist, zur zukünftigen Beheizung des WiD-Quartiers nur Energie aus erneuerbaren Quellen zu nutzen. Da Neubauten viel Geld kosten, wird der Löwenanteil der Mittel für NeutralPath in die Gebäude in der Nähe des Pillnitzer Schlosses fließen. Die anderen Testobjekte sind drei 70er-Jahre-Plattenbauwohnblöcke, ein Supermarkt und ein Kindergarten in Leuben. Hier werden Gebäudehüllen ertüchtigt, zusätzlich erfolgt die Beheizung der 178 Wohneinheiten mit umweltfreundlicher Fernwärme – dazu wird ein Teil des vor Ort bereits vorhandenen Fernwärmenetzes separiert und mit Wärmepumpen ausgestattet. Photovoltaik-Anlagen auf den Flachdächern der Häuser werden hier in Zukunft einen Teil des Strombedarfs der Mieter der Vonovia-Häuser decken.

Planerisch federführend bei NeutralPath sind das Institut für Energietechnik sowie das Institut für Bauklimatik der TU Dresden. Die Aufgabe der Forschenden besteht vor allem darin, ausgehend von den Beispielobjekten allgemeingültige Modelle für die Ausstattung ähnlicher Bauten mit THG-neutraler Haustechnik und energetisch zeitgemäßen Gebäudehüllen zu entwickeln. Entscheidend für das Projekt ist sein Laborcharakter, denn der Weg zum Ziel Klimaneutralität in den Quartieren steht bisher nur in Grundzügen fest. „Es geht ums Ausprobieren, um das Denken über alte Grenzen hinweg. Dafür gibt es ein Mandat, es gibt Mittel, und alle Beteiligten werden ihre Ideen einbringen“, sagt Prof. Clemens Felsmann, Inhaber der Professur für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung. Bei NeutralPath geht es jedoch nicht nur um klimafreundliche Technologien und ressourcenschonendes Bauen. Auch die Wünsche der Bewohner an ihr Zuhause spielen eine wichtige Rolle. Sie werden mit Befragungen aktiv einbezogen. Die Erkenntnisse daraus fließen in die Prozesse ein. „Wir möchten, dass wirklich alle verstehen, was wir dort machen“, erklärt Clemens Felsmann, „denn Vorhaben wie diese funktionieren nur gemeinsam. Das große Ziel Klimaneutralität erreichen wir nur, wenn wirklich alle mitziehen“.