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Typ-1-Diabetes in Zukunft verhindern

Mit der Hilfe tausender Familien aus ganz Europa suchen Dresdner Forscher nach neuen Wegen gegen die Stoffwechselkrankheit.

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Typ-1-Diabetes entwickelt sich bereits in jungen Jahren. Dresdner Forscher versuchen, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. Dabei hilft eine kleine Kapsel.
Typ-1-Diabetes entwickelt sich bereits in jungen Jahren. Dresdner Forscher versuchen, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. Dabei hilft eine kleine Kapsel.

Es ist diese eine Zahl, die Dr. Angela Hommel derzeit besonders glücklich macht: 1.050. „Dass wir das geschafft haben, ist ein toller Erfolg“, sagt die Studienkoordinatorin vom Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD). Seit drei Jahren koordiniert sie den Dresdner Teil der POInT-Studie, der Primary Oral Insulin Trial Studie, die europaweit vom Helmholtz-Zentrum München und der Technischen Universität München geleitet wird. Das Forschungsprojekt verfolgt ein hehres Ziel. Es will herausfinden, ob das Entstehen eines Typ-1-Diabetes mit einer vorbeugenden Behandlung kurz nach der Geburt im weiteren Verlauf des Lebens verhindert beziehungsweise verzögert werden kann. 1.050 junge Probanden hatten die Wissenschaftler dafür in Europa gesucht, 151 in Sachsen. Diese sind nun gefunden.

Insulinpulver bis zum dritten Lebensjahr

Ergänzend zum regulären Neugeborenen-Screening wurden Kinder in ihren ersten Lebenstagen auf ihr genetisches Risiko, Typ-1-Diabetes zu entwickeln, im Rahmen der Freder1k-Studie getestet. Rund zehn von 1.000 Kindern tragen die Risikofaktoren. Allein in Sachsen werden pro Jahr 250 neue Diabetes-Fälle diagnostiziert. Die Symptome beginnen zwar schleichend, die Krankheit bricht dann aber meist sehr plötzlich aus. „Leider suchen viele Familien erst sehr spät ärztlichen Rat“, schildert Reinhard Berner, Professor und Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Dresden. Gemeinsam mit Ezio Bonifacio, Professor und Forschungsgruppenleiter am CRTD und Center for Molecular and Cellular Bioengineering (CMCB), leitet er die POInT-Studie in Dresden. Das Immunsystem der jungen Patienten nimmt die Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse, die das körpereigene Hormon Insulin produzieren, als Fremdkörper wahr und bildet Antikörper dagegen. Bereits in frühen Stadien des Diabetes sind im Blut diese speziellen Autoantikörper nachweisbar. Studien haben gezeigt, dass schon ein Großteil der Kinder, die später an Typ-1-Diabetes erkranken, innerhalb der ersten sechs Lebensjahre diese Autoantikörper zeigen. Sind die insulinproduzierenden Zellen zerstört, steigt der Blutzucker krankhaft an. Das kann, wenn es nicht rechtzeitig erkannt wird, sogar zum Tod führen. Betroffene müssen sich ein Leben lang täglich Insulin spritzen.Den Krankheitsausbruch wollen die Forscher mithilfe einer neuen vorbeugenden Behandlung verhindern. Bis zum dritten Geburtstag erhalten die Kinder dabei einmal täglich eine Kapsel mit Insulinpulver, die mit dem Essen eingenommen wird. „Viele Familien sagen dazu Zauberpulver“, erzählt Angela Hommel. Die ersten Kinder haben diese Phase der Insulineinnahme abgeschlossen. Nun heißt es abwarten. Es wird sich erst mit dem Ende der Studie zeigen, ob die Intervention erfolgreich war. „Die meisten Patienten sind noch zu jung, um über mögliche Studienergebnisse zu sprechen“, erklärt Bonifacio.

Probiotikum fördert gesunde Darmflora bei Risikopatienten

Die Forscher wollen nicht nur warten. Sie verfolgen in den nächsten Jahren noch einen weiteren Ansatz. Im Blick haben sie diesmal die Darmflora der Kinder „Wir wissen, dass die Darmflora bei Kindern mit den speziellen Autoantikörpern gestört sein kann“, erläutert Bonifacio. Die neue SINT1A-Studie will das Auftreten dieser Autoantikörper verhindern. Dafür bekommen die jungen Probanden das Probiotikum Bifidobacterium infantis zusammen mit der täglichen Nahrung verabreicht. Das soll eine gesunde Entwicklung der Darmflora unterstützen. Dadurch soll das Immunsystem, noch bevor erste Anzeichen von Autoimmunität auftreten, positiv beeinflusst werden. Angela Hommel sucht deshalb wieder Teilnehmer. 1.150 sollen es diesmal in Europa sein. „Das schaffen wir“, sagt die Wissenschaftlerin zuversichtlich. „Viele Eltern wollen mit ihrer Studienteilnahme helfen. Nicht nur ihrem eigenen Kind, sondern auch künftigen Generationen. Das hören wir ganz oft!“ (jam)

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