Oberlausitz: Arbeitsmarkt trotzt der Krise

Bautzen. Der Arbeitsmarkt im Agenturbezirk Bautzen, der die Landkreise Bautzen und Görlitz umfasst, bleibt trotz anhaltender Corona-Krise relativ stabil. Wie die Bautzener Agentur für Arbeit mitteilt, ist die Zahl der Arbeitslosen im Zweijahreszeitraum von April 2019 bis April 2021 um gerade einmal 874 auf nunmehr rund 19.050 angestiegen. Die Arbeitslosenquote beträgt demnach 6,8 Prozent.
Hierbei gibt es jedoch zwischen den größeren Städten beider Kreise erhebliche Unterschiede: Während die Arbeitslosenquote in und um Bautzen mit 6,2 Prozent vergleichsweise niedrig ist, beträgt sie in Zittau 8, in Weißwasser 8,4 und in Görlitz sogar 10,9 Prozent.
Obwohl die Zahlen für den Bautzener Agenturbereich im sachsenweiten Vergleich – insbesondere im Hinblick auf die Großstädte - recht hoch sind, spricht Kathrin Groschwald, die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Bautzen, von einem robusten und dynamischen Arbeitsmarkt in der Oberlausitz. Das sei mit Blick auf vergleichbare Regionen nicht selbstverständlich und hänge mit der großen Anzahl klein- und mittelständischer Unternehmen zusammen, die in den Landkreisen Bautzen und Görlitz ein breites Branchenspektrum bedienen. Auch vom beginnenden Frühling und dem damit einhergehenden Saisonbeginn in vielen Außenberufen wie Bau, Garten- und Landschaftsbau und Forstwirtschaft profitiere die Arbeitslosenstatistik.
Dank Kurzarbeitergeld: Entlassungswelle bleibt aus
Darüber hinaus gebe es bislang keine Corona-bedingte Entlassungswelle: "Der Rettungsschirm des Kurzarbeitergeldes hat uns gut durch die Pandemie gebracht und für sozialen Frieden in der Region gesorgt", hat Groschwald beobachtet. Trotz bestehender Existenzängste halten die Betriebe an ihren Mitarbeitern fest. Fachkräfte seien weiterhin gefragt und gut vermittelbar, so Groschwald weiter, und: Mit rund 5.000 gemeldeten freien Stellen stieg das Arbeitsplatzangebot im April im Vergleich zum Vormonat sogar um 4,7 Prozent. Dennoch kommen auf jede freie Stelle rund vier Arbeitslose und: „Der Knackpunkt bei der Vermittlung ist oft, dass das Angebot an verfügbaren Arbeitskräften nicht unbedingt zu den verfügbaren Stellen passt“, erklärt Kathrin Groschwald.
Sorgen bereiten in der Pandemie die Langzeitarbeitslosen. Sank ihr Anteil in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich, scheint der Abwärtstrend als Folge der Corona-Krise vorerst gestoppt: Im April 2021 gab es im Agenturbezirk Bautzen reichlich 1.500 mehr Langzeitarbeitslose als im Vorjahresmonat.
Einige Weiterbildungen sind online nicht möglich
Deren Vermittlung gestaltet sich infolge der Pandemie besonders schwierig: "Viele Arbeitslose können grad nicht weitergebildet oder qualifiziert werden", fasst Groschwald das Problem zusammen. Zwar bemühe sich die Arbeitsagentur hier um Onlineangebote, aber: "In manchen Bereichen, beispielsweise beim Erwerb von Schweißerpässen oder im Lkw-Bereich ist Präsenz notwendig. Diese Form von Weiterbildungen findet grad nicht statt."
Ob es gelingt, Langzeitarbeitslose nach der Krise schnell wieder in Beschäftigung zu bringen, hängt laut Kathrin Groschwald vor allem von der weiteren Impfstrategie der Bundesregierung ab. Mit Blick auf die Zielvorgabe, bis Ende Juni alle Impfwilligen mit dem Corona-Impfstoff versorgt zu haben, will die Arbeitsagentur die Zeit nutzen, um im Rahmen der Möglichkeiten Beratungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote zu unterbreiten und potentielle Arbeitnehmer gezielt zu vermitteln. Mit einer großen Einstellungsoffensive nach Corona rechnet die Arbeitsagentur-Chefin allerdings nicht: "Es wird diesbezüglich keine Bugwelle auf uns zukommen."
Corona erschwert Berufsorientierung
Eine ähnliche Problematik sieht Kathrin Groschwald auf die Ausbildungssuchenden zukommen. Berufsorientierungsmaßnahmen, Elternangebote oder betriebliche Praktika – all das kann Corona-bedingt in diesem Jahr nicht stattfinden und erschwert die Suche nach einer beruflichen Perspektive für viele Schulabgänger. Auch hier bemüht sich die Arbeitsagentur um die Schaffung alternativer Online-Angebote, denn: „Es gibt mehr freie Stellen als Bewerber“, so Groschwald. Mit 2.105 gemeldeten Bewerber hätten sich in diesem Jahr weniger Ausbildungssuchende bei der Agentur für Arbeit gemeldet, als in den vorangegangenen Jahren.
Das Ziel der Arbeitsvermittler vor diesem Hintergrund: „Kein Jugendlicher, der in diesem Jahr die Schule verlässt, soll verloren gehen“, so Groschwald. Hierzu kümmere man sich bei der Arbeitsagentur derzeit vor allem um vorbereitende Maßnahmen, denn zum Schreiben von Bewerbungen fehle vielen Schulabgängern wegen der anstehenden Abschlussprüfungen gegenwärtig die Zeit und Muße.
Obschon also auch der Arbeitsmarkt sich auf die geänderten Bedingungen infolge der Corona-Pandemie einstellen muss, bleibt Kathrin Groschwald zuversichtlich und verspricht: „Wir stellen alle Weichen, um bei einem Aufschwung nach der Krise qualifizierte Arbeitnehmer vermitteln zu können.“ Trotz all dieser Herausforderungen, betont sie mehrfach, seien die Arbeitsmarktdaten besser als die momentane Stimmung vermuten lassen könnte.
Der Beitrag wurde am 29. April um 17.50 Uhr aktualisiert.
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