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Arbeitsreise mal anders

Work and Travel-Touren bieten die Chance, fremde Länder oder Regionen ganz unmittelbar kennenzulernen. Auch in Sachsen gibt es viele Möglichkeiten. Doch wer Arbeit und Urlaub kombinieren will, braucht Organisationstalent.

Von Annett Kschieschan
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Farmarbeit, Handwerk, Haushaltshilfe – Work and Travel-Angebote verlangen handfestes Engagement, bieten aber auch spannende Erfahrungen.
Farmarbeit, Handwerk, Haushaltshilfe – Work and Travel-Angebote verlangen handfestes Engagement, bieten aber auch spannende Erfahrungen. © AdobeStock

Wollten Sie schon immer mal an einem Umgebindehaus mitbauen? Aber nicht als Vollzeitjob, sondern vielleicht ein paar Stunden am Tag, den Rest der Zeit können Sie die Lausitz erkunden, in der Sonne liegen, Radtouren machen... Klingt gut? Dann wäre Work and Travel vielleicht das Richtige. Das Angebot mit dem Umgebindehaus im Bautzener Oberland ist eines von vielen auf einem Online-Portal, das arbeitswillige Urlauber und Gastgeber zusammenbringt. Immerhin auf vier Seiten findet man hier entsprechende Offerten aus Sachsen. Sie reichen von der jungen Familie aus Leipzig, die jemanden sucht, der bei der Kinderbetreuung hilft, bis zu einem Paar, das in der Sächsischen Schweiz alte Handwerkstechniken neu entdeckt und sein Wissen gern mit Arbeits- und Reiselustigen teilen würde. Keine Frage, Work and Travel – das funktioniert nicht nur in Neuseeland, Kanada oder Bolivien, sondern auch in Wurzen, Königstein oder Steinigtwolmsdorf.

Hinter der Idee verbirgt sich ein Konzept, das viele Vorteile hat, aber auch ein paar Fallstricke mitbringt. Das Prinzip ist selbsterklärend: Wer Land und Leute kennenlernen will, aber kein großes Reisebudget hat, dafür aber gerne ganz praktisch mit anpackt, registriert sich auf einem der zahlreichen Portale oder sucht auf eigene Faust nach einem Gastgeber, der Hilfe auf dem Grundstück, in der Landwirtschaft oder bei kreativen Projekten braucht und dafür Kost und Logis bereitstellt.

Nicht ohne Not-Budget

Auf diese Weise spart der Reisende Geld für teure Hotels, lernt Einheimische ganz unkompliziert kennen und erweitert nebenbei seine sprachlichen und handwerklichen Fähigkeiten. Vor allem bei jungen Leuten ist diese Form der Urlaubsplanung beliebt, grundsätzlich kann aber natürlich jeder einen Work and Travel-Urlaub planen.Neben allen romantischen Vorstellungen sollte dabei jedoch auch pragmatisch kalkuliert werden. Denn ganz ohne Geld geht es natürlich auch bei Work and Travel nicht. Je nach Reiseziel müssen Flugkosten aufgebracht und die Aufenthaltsbestimmungen für das jeweilige Land beachtet werden. Einige Staaten bieten sogenannte Working-Holiday-Visa an, deren Bedingungen – und zeitliche Begrenzungen – dann natürlich eingehalten werden müssen. Ohne ausreichende Sprachkenntnisse wird die Reise entsprechend schwierig.

Überhaupt gilt: Work and Travel bedeutet einen hohen Organisationsaufwand, der den Spaß an der Sache schon einmal dämpfen kann.Das bestätigt auch eine Umfrage unter über 2.000 Männern und Frauen, die das Onlineportal Auslandsjob.de vor gut vier Jahren durchgeführt hat. Die größte Sorge der angehenden Arbeitsurlauber war es, plötzlich ohne Job und damit ohne Dach über dem Kopf dazustehen, gefolgt von der Angst, dass ihnen unterwegs das Geld ausgeht. Beides kann durchaus passieren, weshalb dringend empfohlen wird, zumindest ein kleines finanzielles Polster zu haben, wenn man sich auf Reisen begibt. Das erlaubt es im Zweifel auch, einen Aufenthalt abzubrechen, wenn zum Beispiel die Chemie mit den Gastgebern nicht stimmt oder vor Ort statt engagierten Teilzeit-Helfern plötzlich Vollzeit-Handwerksprofis erwartet werden. Wer Work and Travel ausprobieren möchte, sollte entsprechend flexibel, spontan und gut organisiert sein. Dafür gibt es im Gegenzug die sehr direkte Möglichkeit, neue Regionen oder Länder abseits der Touristenpfade zu erkunden – und vielleicht Kontakte fürs Leben zu knüpfen. In der Biografie kann sich eine Work and Travel-Erfahrung nach Ansicht von Recruiting-Experten sehr gut machen.

Keine Lücke im Lebenslauf

Wer monatelang durch die Fremde gezogen ist, sich Kost und Logis selbst verdient hat und sich dabei stetig neu organisieren musste, zeigt Kompetenzen, die auf dem Arbeitsmarkt heiß begehrt sind. Vor der Lücke im beruflichen Lebenslauf müssen die Reisearbeiter also keine Angst haben. Im Gegenteil: die Work and Travel-Erfahrung darf gern auf der Haben-Seite verbucht werden.

Wer sie selbst ausprobieren möchte, aber nicht gleich Land oder Kontinent wechseln will, findet auch in Deutschland jede Menge Angebote. Vielleicht sind sie gerade in Pandemiezeiten eine gute Möglichkeit, Urlaub zu machen, ohne in voll besetzten Reisebussen oder Flugzeugen unterwegs zu sein. Die Chance auf ein kleines Abenteuer bieten sie auf jeden Fall.