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Chance für Fachleute von morgen

Inzwischen leiden fast alle Branchen unter dem Mangel an Fachkräften. Ausländische Hochschulabsolventen könnten einige der Lücken schließen. Doch der Weg auf den deutschen Arbeitsmarkt ist für sie nicht immer leicht.

Von Annett Kschieschan
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Netzwerke helfen bei der Jobsuche.  Speziell für ausländische Studentinnen und Studenten gibt es an vielen Hochschulen eigene Initiativen.
Netzwerke helfen bei der Jobsuche. Speziell für ausländische Studentinnen und Studenten gibt es an vielen Hochschulen eigene Initiativen. © AdobeStock

Kaum irgendwo lässt sich Internationalität besser erleben als an Universitäten. An der Alma Mater versammeln sich Menschen aus verschiedenen Ländern, um gemeinsam zu lernen, zu forschen oder zu lehren. Für die große Mehrzahl der Studentinnen und Studenten ist ein Auslandssemester eine nachhaltig prägende Erfahrung. Und manche sind so angetan von der Heimat auf Zeit, dass sie gern länger bleiben würden. Theoretisch ist das eine sehr gute Idee, die nicht nur persönlich neue Perspektiven öffnen kann, sondern auch hilft, den Fachkräftemangel in vielen Branchen und Berufszweigen einzudämmen. Längst fehlt es auch in Sachsen auch am akademischen Nachwuchs. Und längst ist davon nicht nur der IT-Bereich betroffen. Ganz praktisch müssen ausländische Absolventen, die dauerhaft Fuß auf dem hiesigen Arbeitsmarkt fassen wollen, einiges beachten. Das gilt vor allem für Männer und Frauen, die nicht aus der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) kommen. Sie erhalten auf Antrag an die Ausländerbehörde eine maximal 18 Monate lang gültige Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Arbeitsplatzsuche.

Sächsische Netzwerke helfen

Damit diese Zeit – Fachkräftemangel hin oder her – nicht erfolglos verstreicht, raten Experten dazu, frühzeitig Kontakte zu knüpfen und so im Idealfall schon während der Praktika im Rahmen des Studiums potenzielle Arbeitgeber beziehungsweise Jobangebote zu sondieren. Initiativen wie das Netzwerk Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen oder das Fachinformationszentrum Zuwanderung helfen ganz konkret dabei, ausländische Absolventen und Unternehmen zusammenzubringen. Fest steht: Ohne eine offene Gesellschaft ist das nicht zu machen. Laut einer Studie der Organisation InterNations landet Deutschland im Beliebtheitsranking unter internationalen Arbeitskräften derzeit abgeschlagen am Ende der Liste. Rund 12.000 Menschen wurden dafür befragt. Sie kritisierten vor allem komplizierte Einwanderungsprozesse.

Trotzdem hat das Bemühen um Mitarbeiter aus dem Ausland durchaus Erfolg. Mehr als ein Drittel der ausländischen Studierenden aus Nicht-EU-Staaten bleibt nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes auch langfristig in Deutschland. Im Wintersemester 2021/22 waren nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) knapp 350.000 Ausländerinnen und Ausländer an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Besonders beliebt sich dabei die Ingenieurwissenschaften, gefolgt von den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Der hohe Anteil an Absolventen der sogenannten MINT-Fächer – also dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich – steigert die Chancen auf dem deutschen und auch dem sächsischen Arbeitsmarkt deutlich, denn gerade hier fehlt es besonders an qualifiziertem Nachwuchs.

Schon im Studium Kontakte knüpfen

Akademikerinnen und Akademiker aus der EU beziehungsweise dem EWR sind aufgrund der Freizügigkeitsregelung innerhalb der Europäischen Union deutschen Arbeitssuchenden gleichgestellt. Sie können sich also ohne Einschränkung auf die Jobsuche begeben. Generell gilt: Wer einen Abschluss an einer deutschen Hochschule nachweisen kann, braucht weder eine Zeugnisbewertung noch eine Anerkennung der Abschlüsse aus seinem Heimatland. Das macht die Zielgruppe der ausländischen Absolventen besonders interessant für Unternehmen. Und die meist guten, bereits während des Studiums erworbenen Deutschkenntnisse machen gleichsam den Berufsstart einfacher. Auch hier zeigt die Erfahrung, dass es für beide Seiten Vorteile bringt, schon während der Studienzeit entsprechende Kontakte zu knüpfen. Viele der sächsischen Hochschulen haben eigene Netzwerke, die dabei helfen können. Und auch beim Ankommen im Alltag unterstützen „Buddy-Programme“ nicht nur Studenten, sondern auch Lehrkräfte und technische Mitarbeiter aus dem Ausland.

Bemühungen, die durchaus Erfolg haben. So geben die Daten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2021 Aufschluss über den„Statuswechsel von „Personen aus Drittstaaten, die zuvor einen Aufenthaltstitel zum Studium besaßen und in einen Aufenthaltstitel zur Erwerbsmigration wechselten“. Immerhin 36 Prozent der Absolventen wechselten demnach zu einem Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche, und jeweils 28 Prozent erhielten eine „Blaue Karte EU“ für Hochqualifizierte oder eine Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme einer qualifizierten Beschäftigung.

In Sachsen will man bei der Rekrutierung aufholen, um in Sachen Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit mithalten zu können. Eine eigene Fachkräftestrategie und ein Integrationskonzept sowie ein Maßnahmenplan zur Gewinnung internationaler Fach- und Arbeitskräfte, den die Sächsische Staatsregierung im August 2022 beschlossen hat, sollen Menschen aus dem Ausland den Weg auf den hiesigen Arbeitsmarkt leichter machen – und nebenbei ein bisschen mehr Internationalität aus den Universitäten ins Arbeitsleben holen.