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"Da bricht niemandem ein Zacken aus der Krone" - Kretschmer für 40-Stunden-Woche

Die Debatte um Arbeitszeitverkürzung hat Sachsen erreicht. Die SPD zeigt sich offen für alternative Modelle. Eine gute Idee, angesichts des wachsenden Arbeitskräftemangels?

Von Thilo Alexe
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CDU-Regierungschef Michael Kretschmer sagt, die Viertagewoche funktioniere nicht für Deutschland.
CDU-Regierungschef Michael Kretschmer sagt, die Viertagewoche funktioniere nicht für Deutschland. © SZ/Uwe Soeder

Ministerpräsident Michael Kretschmer ist sich sicher:„40-Stunden-Woche, da bricht niemandem ein Zacken aus der Krone.“ Bei einer CDU-Regionalkonferenz im ostsächsischen Cunewalde zum Thema Wirtschaft widmete der Parteichef in dieser Woche einen ganzen Passus seiner Grundsatzrede dem Arbeitszeitthema und erteilte dabei der Vier-Tage-Woche eine emotional vorgetragene Absage.

Für jemanden, der „ein tolles Studium“ habe, Beamter beim Freistaat sei oder in einem anderen sicheren Job, könne die Verkürzung womöglich funktionieren. „Aber es funktioniert nicht für dieses Land“, betonte Kretschmer. Er zählte auf: Erhalt von Wohlstand und Sicherheit, Leistungen für Pflegebedürftige, Krankenversicherungsleistungen unabhängig vom Einkommen, Hilfen für Rentner. Solle das so bleiben oder sich gar verbessern, „dann müssen wir dafür sorgen, dass ein Mindestmaß an Leistung da ist“.

Der Koalitionspartner SPD sieht das anders. Ende Juni treffen sich die Sozialdemokraten zum Landesparteitag in Chemnitz. Die Delegierten verabschieden dort voraussichtlich einen Leitantrag des Parteivorstandes, der sich positiv zur Arbeitszeitverkürzung äußert. Im Entwurf heißt es: „Alternative Arbeitszeitmodelle wie eine Vier-Tage-Woche sollten erprobt sowie Teilzeitbeschäftigungen und Sabbatjahr-Modelle ermöglicht und realisiert werden.“

Sachsen hat ein Demografieproblem

Zudem betont der SPD-Vorstand in dem Papier: „Firmen – auch kleine und mittelständige Unternehmen oder Handwerksbetriebe – können die Praktikabilität einer Vier-Tage-Woche“ sowie andere Flexibilitätsmodelle „zusammen mit den Beschäftigten überdenken“.

Freilich: Über deren Einführung entscheidet nicht der Freistaat. Arbeitgeber können das im Rahmen von Modellprojekten tun, Tarifpartner sind gefragt. Für eine umfassende Regelung der Rahmenbedingungen käme der Bund ins Spiel.

Dass das Thema in der Landespolitik angekommen ist, zeigt aber dessen Brisanz. Auch Sachsen hat ein Demografieproblem. Im Saldo verlassen pro Jahr rund 20.000 Sachsen mehr als dazukommen den Arbeitsmarkt. Engpässe drohen nicht nur in der Pflege und der Gesundheitsversorgung. Ein Vier-Tage-Modell könnte, so die Hoffnung der Befürworter, dazu beitragen, diese Jobs attraktiver zu machen.

Noch ist vieles offen, auch in der Begrifflichkeit. Geht es nur um ein Umschichten der Arbeitszeit von fünf auf vier Tage – oder ist eine Verkürzung geplant? Gibt es einen Ausgleich, falls ja, wie hoch soll der ausfallen? Die IG Metall urteilt unter Hinweis auf Studien: „Die Vier-Tage-Woche macht Beschäftigte glücklicher und produktiver – und Betriebe attraktiver für Fachkräfte.“

Nach einem Treffen mit Kretschmer Ende April hatte Sachsens Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner „immer kürzere Wochenarbeitszeiten“ als „Irrweg“ bezeichnet: „Die Herausforderungen sind gewaltig und der internationale Wettbewerb wird härter.“ Kretschmer sagte in Cunewalde: „Mehr Dynamik zuzulassen, das ist eine Haltungsfrage.“