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Mut zum kreativen Job

Mehr als 70.000 Menschen in Sachsen arbeiten in der Kreativwirtschaft. Die Pandemie hat die Branche hart getroffen. Dennoch wünschen sich viele junge Leute einen Kreativ-Beruf – und starke Vorbilder.

Von Annett Kschieschan
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Jobs bei Film und Fernsehen sind bei Studentinnen und Studenten im Kreativbereich besonders gefragt.
Jobs bei Film und Fernsehen sind bei Studentinnen und Studenten im Kreativbereich besonders gefragt. © AdobeStock

"Irgendwas mit Medien, irgendwas Kreatives“. Diese Antwort auf die Frage nach dem Berufswunsch wurde in den sogenannten Nuller-Jahren zum Synonym für einen Großteil der „Generation Praktikum“, also jener jungen Leute, die in großer Zahl um wenige gute Jobs konkurrierten. Inzwischen hat sich der Arbeitsmarkt auch im Medien- und Kreativsektor deutlich verändert. Heute können sich gut ausgebildete Bewerberinnen und Bewerber den Arbeitgeber oft aussuchen. Auch hier hat die demografische Entwicklung den Fachkräftemangel verstärkt.

Aber ist die kreative Arbeit in Werbeagenturen und Verlagen, bei Film und Fernsehen, in Ateliers, Pressestellen und Social-Media-Teams immer noch so gefragt wie einst? Die Antwort müsste wohl heißen „Ja“ - aber...“. Das legt eine Befragung zur Berufswahl nahe, die der Softwarekonzern Adobe im Rahmen der Kampagne „Love the journey“ gestartet hat. Insgesamt 2.500 Männer und Frauen aus Deutschland durften ihre Meinung zu Chancen und Risiken einer Karriere im Kreativbereich äußern. Darunter waren Studentinnen und Studenten, aber auch Menschen, die bereits in einem kreativen oder auch einem ganz anderen Berufsfeld arbeiten.

Wenig Orientierung in der Schule

Für viele von ihnen ist ein kreativer Job nach wie vor ein Traumjob. So strebt mehr als die Hälfte der befragten Studierenden eine entsprechende Karriere an. Am liebsten übrigens in der Film- und Fotobranche. Über 40 Prozent gaben beide Metiers als ihre bevorzugten Betätigungsfelder an. Die Medien- und Werbebranche sieht ein knappes Drittel der Befragten als ideales Arbeitsumfeld an. Nicht ganz überraschend: Auch die Arbeit als Influencer ist heute für viele Berufseinsteiger attraktiv. 25 Prozent der Befragten könnten sich vorstellen, Produkte auf diesem Weg über Social Media-Kanäle zu vermarkten.

Das Problem: Vielen potenziellen Kreativen von morgen ist unklar, wie sie am besten in ihre Traumbranche einsteigen können. Oft fehlt es demnach an Mentoren oder Vorbildern, die konkrete Wege aufzeigen und ihre Erfahrungen mit dem Nachwuchs teilen. In der Schule – so die einhellige Meinung – werde auf das Thema Karriereplanung zu wenig eingegangen. Das betrifft den Kreativbereich auch deswegen so stark, weil die Zugangswege vielfältig sind und gerade der Umgang mit Social Media-Kanälen in vielen Lehrplänen kaum eine Rolle spielt. Mehr als 40 Prozent der Befragten, die bereits in einem kreativen Job arbeiten, bestätigten die Erfahrungen der Studierenden. Auch wegen dieser Orientierungslosigkeit, die sich häufig im familiären Umfeld fortsetzt, fühlten sich viele junge Leute verunsichert, als es um die konkrete Entscheidung für einen Beruf ging. Fast 60 Prozent der befragten Kreativarbeiter gaben an, dass ihnen im privaten Umfeld eher von der Branche abgeraten wurde. Und mehr als 40 Prozent der Männer und Frauen, die sich am Ende gegen den Kreativjob entschieden hatten, bereuten das später. Sie gaben an, ihren gegenwärtigen Beruf lieber gegen eine Arbeit im kreativen Bereich eintauschen zu wollen. Und sie sind sicher: Mit besserer Aufklärung und gezielter Förderung hätten sie den Weg in ihre eigentliche Traumbranche antreten können.

Sachsen startet Kreativ-Dialoge

Bemerkenswert ist, dass die Pandemie die Begeisterung für kreative Jobs offenbar kaum mindern konnte. Und das, obwohl die Branche stark unter den corona-bedingten Einschränkungen gelitten hat. 2020 haben nach Einschätzung der Unesco weltweit etwa zehn Millionen Menschen ihre Arbeitsplätze in der Kultur- und Kreativbranche verloren. Der Einnahmeverlust des Sektors lag demnach zwischen 20 und 40 Prozent, heißt es in dem Anfang 2022 veröffentlichten Weltbericht zur Kulturpolitik. Dennoch – oder vielleicht auch deswegen – bleibt die Branche attraktiv für Berufseinsteiger. Das hat viel mit den Möglichkeiten der Selbstverwirklichung zu tun, die vor allem jüngeren Arbeitnehmern wichtig sind und die im kreativen Bereich nun einmal leichter umsetzbar sind als in der Bankwirtschaft oder im Handel.

In Sachsen arbeiten mehr 70.000 Menschen im Kreativbereich. Hier gibt es auch einen eigenen Branchenverband, der sich für die Interessen der Kreativen starkmacht. Dass das Potenzial oft dennoch wenig sichtbar ist, ist ein Problem, das man im Freistaat angehen will. So besuchte Wirtschaftsminister Martin Dulig im vergangenen Herbst explizit Betriebe aus der Kreativwirtschaft. Es gehe etwa beim Thema Design längst nicht nur um optische Fragen, sondern auch darum, die Funktionalität eines Produktes zu verbessern, so der Minister, der in diesem Frühjahr einen direkten Dialog mit soloselbstständigen Kultur- und Kreativschaffenden angestoßen hat. Denn auch das ist ein Punkt, wenn es um kreative Jobs geht: Viele werden von Klein- und Einzelunternehmern umgesetzt. Die Soloselbstständigkeit bietet viel Freiheit, aber bringt auch Probleme mit sich, etwa die fehlende soziale Absicherung und den oft nur eingeschränkt möglichen Zugang zu Arbeitslosenversicherung und Altersvorsorge.

Fazit: Kreativ arbeiten zu können, ist für viele Arbeitnehmer ein Privileg. Damit Wirtschaftlichkeit und Absicherung nicht ebenso nur privilegierten Kreativschaffenden möglich sind, ist auch die Politik gefragt. Die Begeisterung für Branche – daran konnte auch die Pandemie nichts ändern – bleibt groß.