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Schneller, höher, flexibler

Die Frage, wie wir künftig arbeiten, ist eng mit der Frage nach den idealen Arbeitsorten verknüpft. Eine Analyse deutscher Stellenanzeigen zeigt: In den Führungsetagen erkennt man das langsam.

Von Annett Kschieschan
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Im Büro, im Co-Working-Raum oder meistens im Homeoffice? Flexibilität bei den Arbeitsorten ist heute vielen Arbeitnehmern wichtig.
Im Büro, im Co-Working-Raum oder meistens im Homeoffice? Flexibilität bei den Arbeitsorten ist heute vielen Arbeitnehmern wichtig. © AdobeStock

Quo vadis Arbeit? Selten hat diese Frage so viele Menschen beschäftigt wie heute. Das hat einerseits mit den tiefgreifenden Veränderungen zu tun, die die Digitalisierung mit sich bringt. Andererseits zeigt es, dass auch die gesellschaftliche Definition von Arbeit einem Wandel unterworfen ist. Zwischen Wachstumswünschen und Nachhaltigkeitsstrategien erfinden sich ganze Branchen neu, entstehen Berufsbilder, während andere verschwinden. Kein Wunder also, dass auch die Forschung die Arbeitswelt immer stärker in den Fokus rückt, häufig in Kooperation mit Personaldienstleistern oder Marktanalysten. In diesen Kontext ist auch die Studie „Arbeitsorte im Wandel“ einzuordnen. Das spezialisierte Personaldienstleister-Unternehmen Hays wollte damit empirisch überprüfen, wie weit der Wandel in der Arbeitswelt tatsächlich fortgeschritten ist oder ob manchmal nicht auch der Wunsch der Vater des Gedankens ist.

Dabei setzen die Analysten dort an, wo Arbeit tatsächlich stattfindet. Und das ist heute oft im privaten Arbeitszimmer, manchmal im Co-Working-Space und nicht mehr ganz so häufig im klassischen Büro. Ein Blick in Stellenanzeigen der Jahre 2017 bis 2020 sollte Aufschluss darüber bringen, „wie häufig Arbeitgeber bereits vor dem ersten Kennenlernen ein Signal der zukunftsorientierten Arbeitsorganisation an potenzielle Bewerberinnen und Bewerber aussenden“, so Carlos Frischmuth, Managing Director von Hays. Nicht ganz überraschend zeigte die Auswertung, dass die Angebote zum flexiblen Arbeiten stetig zugenommen haben. Das gilt auch schon für die Jahre vor Beginn der Corona-Pandemie, die dem Thema dann einen deutlichen Bedeutungsgewinn brachte. 2019 enthielt jede 20. Stellenausschreibung den Hinweis auf die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten, das waren immerhin schon dreimal so viele wie noch zwei Jahre früher. Im ersten Pandemiejahr stieg die Zahl weiter - auf reichlich neun Prozent – konkret rund 152.000 der Jobangebote enthielten 2020 die Option für die Arbeit im Home-Office. Im ersten Quartal 2021 beinhaltete jedes siebente Inserat den entsprechenden Passus.

Fokus auf „Young Professionals“

Und: Auch in den Führungsetagen hat offenbar ein Umdenken eingesetzt. Noch 2017 arbeiteten gerade mal zwei Prozent der Führungskräfte im Untersuchungsrahmen von Zuhause aus. 2020 wurde bereits in zwölf Prozent der Stellenanzeigen mit der Home-Office-Option um Spitzenpersonal geworben. Vor allem für die jüngere Führungsriege sind tradierte Vorstellungen von Präsenzkultur nicht mehr zeitgemäß. Generell hat die Hays-Studie gezeigt: Je höher der Bildungsstand, desto größer der Wunsch nach Flexibilität. Die Gruppe der „Young Professionals“, also der Akademiker am Anfang der Karriereplanung, ist in der New Work angekommen.

Nicht uninteressant ist dabei der Fakt, dass die Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten auch innerhalb Deutschlands durchaus unterschiedlich ausgeprägt sind. Die besten Chancen auf einen Job im Home-Office haben Bewerberinnen und Bewerber demnach in den Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Aber auch in Nordrhein-Westfalen und Hessen hat gute Karten, wer nicht oder nur selten in Präsenz arbeiten möchte. Am niedrigsten ist die Homeoffice-Quote in Brandenburg. Auf dem Land ist es immer noch schwieriger, gut und effizient von daheim aus zu arbeiten. Nicht zuletzt, weil auch im Jahr 2022 noch nicht überall eine schnelle und leistungsstarke Internetanbindung gegeben ist.

Trotzdem verändert sich die Arbeitskultur auch im ländlichen Raum. Co-Working-Räume gibt es inzwischen auch in Kleinstädten und generell in strukturschwächeren Gebieten. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – das erkennen Arbeitgeber zunehmend – kann es sich niemand leisten, gute Mitarbeiter aufgrund von Inflexibilität an die Boom-Regionen zu verlieren.„Es ist anzunehmen, dass sich der Trend zum Arbeiten von zu Hause aus fortsetzen wird – offenbleibt für den Moment noch, mit welcher Intensität“, so Simon Alborz, Direktor der Hays AG. Die aktuelle Entwicklung – der Wegfall der meisten Corona-Regelungen bei ungebrochen hohen Infektionszahlen – könnte der Entwicklung einen weiteren Schub geben. Arbeitnehmer, die das Homeoffice in den vergangen zwei Jahren als sinnvoll erfahren haben, werden eher auf Nummer sicher gehen und weiterhin weitgehend von Zuhause aus arbeiten. Wer die Remote-Zeit als eher belastend erlebt hat, zum Beispiel weil daheim Raum und Ruhe für konzentriertes Arbeiten fehlen, wechselt vermutlich wieder in die Präsenzregelung. Unternehmen – und hier sind sich alle Experte einig – sollten ihren Angestellten die Wahl lassen. Auch das ist ein Prinzip, ohne das New Work nicht zu machen ist.

Die Studie „Arbeitsorte im Wandel“ kann hier online eingesehen werden.