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So viele Sachsen in Arbeit wie nie

Rekord auf dem sächsischen Arbeitsmarkt: Die Zahl der Beschäftigten mit Versicherung erreicht einen Höchststand. Dazu tragen auch Ausländer bei.

Von Georg Moeritz
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Innerhalb eines Jahres sind in Sachsen mehr als 17.000 sozialversicherte Arbeitsplätze entstanden. Zu den wachsenden Betrieben gehören die Elbe-Flugzeugwerke.
Innerhalb eines Jahres sind in Sachsen mehr als 17.000 sozialversicherte Arbeitsplätze entstanden. Zu den wachsenden Betrieben gehören die Elbe-Flugzeugwerke. © Archivbild/Matthias Rietschel/dpa

Dresden. Wenn Sachsens Arbeitsagenturen im Winter ihre Statistiken veröffentlichen, fallen auf den ersten Blick Widersprüche auf. Einerseits führt die Winterpause bei Baufirmen zu sinkender Nachfrage nach Arbeitskräften. Zugleich treffen aber noch neue Zahlen ein, die auf einen Höchststand der Beschäftigung in Sachsen hinweisen.

Der Markt sei „weiterhin sehr aufnahmefähig“, sagte am Dienstag in Chemnitz Michaela Ungethüm, eine Geschäftsführerin der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit. Die Behörde rechnet auch für die nächsten Wochen mit einem „Saisongeschäft“: Im Februar dürfte die Arbeitslosigkeit in Sachsen noch einmal steigen, danach aber bei besserer Witterung wieder sinken.

Wachstum: 17.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden

Nach jüngster Hochrechnung der Arbeitsagentur waren im November 1,6603 Millionen Menschen in Sachsens sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Dieser Höchststand war im September schon einmal erreicht worden. Die niedrigste Zahl war im Februar 2006 notiert worden: 1,3 Millionen.

Allerdings beginnt diese Statistik erst im Juni 1999, zur Zeit von Massenarbeitslosigkeit. Die ist vorbei. Laut Arbeitsagentur sind in Sachsen allein von Juni 2021 bis Juni 2022 mehr als 17.000 Jobs mit Versicherung entstanden. Mehr als 16.000 davon wurden an ausländische Staatsbürger vergeben. Michaela Ungethüm sagte, dass weiterhin Zuwanderung nötig sei, um freie Stellen zu besetzen.

Vor allem die Pflegebranche benötige Mitarbeiter. Auch für Kindererziehung und Informationstechnologie fehle es an Bewerbern. In jüngster Zeit deute sich ein Mangel in Bau- und anderen Handwerksberufen an. Fast 40.000 freie Arbeitsplätze in Sachsen stehen in den Computern der Arbeitsagenturen.

Bedarf: Viele Dienstleister wachsen, aber Rückgang bei Bau

Allein im Dezember haben Betriebe im Freistaat rund 6.000 Stellen neu zum Besetzen angemeldet. Der Bedarf an Fachkräften bleibe „sehr hoch“, sagte Geschäftsführerin Ungethüm. Doch vor einem Jahr waren noch mehr Stellen offen, die Zahl ist inzwischen um 3.400 kleiner geworden.

Beschäftigungsrückgänge gab es im Handel, Leiharbeit und Baugewerbe. Gewachsen sind dagegen viele Dienstleistungsbranchen, etwa um Information und Kommunikation.

Arbeitslosigkeit: Rund 131.000 Sachsen auf Stellensuche

Die Zahl der Arbeitslosen ist im Januar gestiegen, doch das ist zu dieser Jahreszeit üblich und für Ungethüm „keine auffällige Entwicklung“. Im Winter sei es üblich, dass Arbeitgeber weniger Menschen einstellen. Außerdem seien zum Jahreswechsel befristete Arbeitsverträge ausgelaufen.

Die Arbeitslosenquote in Sachsen ist im Januar auf 6,2 Prozent gestiegen. Damit liegt Sachsen im Mittelfeld - besser als Nordrhein-Westfalen, aber weit hinter den süddeutschen Ländern.
Die Arbeitslosenquote in Sachsen ist im Januar auf 6,2 Prozent gestiegen. Damit liegt Sachsen im Mittelfeld - besser als Nordrhein-Westfalen, aber weit hinter den süddeutschen Ländern. © SZ Grafik

Fast 15.000 erwerbstätige Menschen in Sachsen meldeten sich im Januar arbeitslos, zugleich fanden gut 6.000 Arbeitslose eine Stelle. Nun sind 130.883 Menschen in Sachsen arbeitslos gemeldet. Das sind 8.661 mehr als im Dezember und 11.403 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist kleiner als vor einem Jahr, aber immer noch hoch: 44.873 Sachsen sind länger als ein Jahr ohne Stellung.

Ukrainer: Seit Kriegsbeginn 1.500 in Sachsen beschäftigt

Rund 10.400 Menschen aus der Ukraine waren im Januar in Sachsen arbeitslos gemeldet – das erklärt fast den ganzen Zuwachs der Arbeitslosenzahl im Jahresvergleich. Laut Ungethüm müssen sie Integrationskurse und anschließend Sprachkurse erfolgreich absolvieren: „Ohne deutsche Sprache wird eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt nicht gelingen.“ Rund 1.500 zunächst arbeitslos gemeldete Menschen aus der Ukraine fanden seit Kriegsbeginn im Februar Arbeit in Sachsen.

Appelle: Chefs sollten Fachkräfte halten und weiterbilden

Die Gewerkschaften warnen Arbeitgeber davor, Beschäftigte zu entlassen. Der Sachsen-Vorsitzende im Deutschen Gewerkschaftsbund, Markus Schlimbach, sagte in Dresden: „Wer heute entlässt, hat morgen Fachkräftemangel.“ Unternehmer müssten mehr dafür tun, ihre Fachkräfte zu halten. Wer auf befristete Verträge setze, habe ein Problem mit der langfristigen Planung. „Manches Jammern über den Mangel an Fachkräften ist hausgemacht“, sagte Schlimbach. Nötig sei eine Qualifizierungsoffensive.

Ähnlich äußerte sich Sachsens Arbeitsminister Martin Dulig (SPD): Einerseits würden in vielen Branchen Arbeitskräfte gesucht, andererseits gebe es Arbeitslose, die zum Teil qualifiziert seien. „Doch was passen könnte, passt häufig doch nicht.“ Weiterbildung sei der Schlüssel zur Fachkräftesicherung. Die Jahrestagung der Fachkräfteallianz am 6. Februar in Mittweida befasst sich damit.