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Total digital in die neue Arbeitswelt?

Jeder spricht über die Digitalisierung, bei der Umsetzung kommen indes sowohl Mitarbeiter als auch Unternehmen noch immer ins Schleudern. Eine großangelegte Initiative soll Abhilfe schaffen.

Von Annett Kschieschan
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Die Digitalisierung hat viele Facetten. Fest steht, dass sie die Arbeitswelt grundlegend verändert.
Die Digitalisierung hat viele Facetten. Fest steht, dass sie die Arbeitswelt grundlegend verändert. © AdobeStock

Endlich ist er da, der digitale Krankenschein. Und Urlaubsanträge finden ihren Weg inzwischen immer öfter papierlos zum Vorgesetzten beziehungsweise ins Personalbüro. Läuft sie also, die Digitalisierung der Arbeitswelt? Die korrekte Antwort auf diese Frage lautet am ehesten: Ja, aber zu langsam. So ergab eine Untersuchung der Initiative D21, einem gemeinnützigen Netzwerk für die Digitale Gesellschaft“ in Deutschland, dass die Menschen hierzulande gerade einmal über „mittlere Kompetenzen im Umgang mit der Digitalisierung“ verfügen. Vor allem beim Verständnis für die Möglichkeiten und konkreten Funktionsweisen digitalisierter Prozesse gibt es noch viel Luft nach oben.

Da passt es gut, dass das Bedürfnis nach Weiterbildung in diesem Bereich hoch ist. Vier von fünf Deutschen wünschen sich eine stärkere Förderung digitaler Medien- und Informationskompetenzen. Das ist das Ergebnis einer Befragung der Initiative „Digital für alle“, bei der mehr als tausend Männer und Frauen ihre Einschätzung zur eigenen digitalen Kompetenz abgegeben hatten. Umgerechnet auf Schulnoten ergab das im Durchschnitt eine eher magere 3,1.

Aktionsteilnehmer gesucht

Damit, darin sind sich alle Arbeitsmarktexperten einig, dürfte der „War for Talents“, der berühmte Kampf um die besten Fachkräfte, nicht zu gewinnen sein.„Die wichtigsten Kompetenzen, um sich selbstbestimmt in der digitalisierten Welt zu bewegen, sind die eigenständige Aneignung von Wissen und der Transfer von vorhandenem Wissen auf neue Anforderungen“, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21.

Übersetzt in die Anforderungen der Arbeitswelt bedeutet das auch, dass Bewerber ohne mindestens gute digitale Fähigkeiten selbst in eher einfachen Jobs kaum noch Chancen haben werden. Dort hilft dann auch der Fachkräftemangel nicht weiter, denn ohne digitales Wissen werden die meisten Jobs in Zukunft schlicht nicht mehr bewältigbar sein. So kommen heute kein Handwerksbetrieb, keine Logistikfirma und kein Supermarkt ohne digitale Kommunikation aus.

Weil aber gerade jetzt trotzdem eigentlich jede Arbeitskraft gebraucht wird, soll ein Digitalisierungsschub helfen. Deutschlandweit wird gegenwärtig der Digitaltag vorbereitet, der am 16. Juni stattfinden soll. Mit vielen Aktionen sollen dabei nachhaltige Bildungsangebote rund um das Thema Digitalisierung vorgestellt werden. Im Fokus stehen dabei Beschäftigte aller Branchen ebenso wie der Nachwuchs.„Digitale Kompetenzen sind eine wichtige Voraussetzung für digitale Teilhabe. Das betrifft Kinder, die ihre ersten Schritte in der digitalen Welt gehen, gleichermaßen wie Berufstätige, deren Arbeit sich im Zuge der Digitalisierung wandelt, oder Ältere, die den Umgang mit digitalen Technologien lernen wollen. Wir müssen für unsere digitale Gesellschaft eine Kultur des lebenslangen Lernens schaffen“, so Kimberly Klebolte, Geschäftsführerin von „Digital für alle“. Im Rahmen des Digitaltages soll das in Form von Vorträgen, Workshops, Vorführungen digitaler Technologien, aber auch durch Coding-Seminare und Hackathons thematisiert werden. Hemmschwellen abbauen und Kompetenzen stärken – beides in Kombination soll Schwung in die Digitalisierung bringen und gleichzeitig einen persönlichen und gesellschaftlichen Mehrwert schaffen.

Wissen schafft Kompetenz

In einer Zeit, in der Fake News und Verschwörungstheorien in manchen Milieus konsensfähig sind, wird Bildung unabdingbar. Gemäß der D 21-Studie trauen sich gerade einmal 39 Prozent der weniger gebildeten Deutschen zu, seriöse von unseriösen Recherchequellen zu unterscheiden. Nicht auf digitale Bauernfängerei hereinzufallen, ist ein guter Anfang für die eigene Kompetenz beim Umgang mit dem Internet und seinen Möglichkeiten. Zu wissen, wie man digitale Arbeit sichert - etwa im Homeoffice – wäre ein nächster wichtiger Schritt. Denn auch das wird zur Arbeit von morgen gehören – die weitere Flexibilisierung von Arbeitsabläufen und Strukturen. Schon jetzt reduzieren Unternehmen ihre Büroflächen, weil nicht mehr jeder Mitarbeiter einen stationären Arbeitsplatz nutzt. Das spart Ressourcen und erhöht potenziell die Chancen, Beruf, Freizeit und Familie selbstbestimmter zu gestalten.

Für den Digitaltag am 16. Juni können ab sofort Aktionen angemeldet werden. Neben dem Themenschwerpunkt „Digitale Kompetenzen“ sind Aktionen in weiteren Bereichen möglich, etwa zu Nachhaltigkeit, Sicherheit, Engagement oder Kultur. Hinter dem Digitaltag steht die Initiative „Digital für alle“ – ein breites Bündnis von 28 Organisationen aus Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentlicher Hand.