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Weniger neue Jobs in der Krise

Die Nachfrage nach Fachkräften sinkt seit langem erstmals wieder leicht. Wer seinen Job wechseln will, sollte sich sputen. Allerdings: In einigen Branchen werden jetzt sogar noch mehr Leute gesucht.

Von Annett Kschieschan
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„Willkommen im neuen Job“ – noch immer rekrutieren viele Unternehmen neue Mitarbeiter, einige warten aber krisenbedingt inzwischen erst einmal ab.
„Willkommen im neuen Job“ – noch immer rekrutieren viele Unternehmen neue Mitarbeiter, einige warten aber krisenbedingt inzwischen erst einmal ab. © AdobeStock

Das meist gehörte Wort des Jahres dürfte „Krise“ lauten. Krieg, Energiekostenexplosion, Inflation und ein historisch hoher Krankenstand setzen auch sächsischen Unternehmen zu. Viele sehen sich vor einem Konjunkturabschwung. Die für den ifo Geschäftsklimaindex Sachsen befragten Betriebe schauen zum Großteil eher skeptisch, wenn nicht gar pessimistisch in die Zukunft. 21,4 Prozent der Befragten vermeldeten im Herbst einen rückläufigen Auftragsbestand. Ein Plus bei den Aufträgen erreichten 17,5 Prozent der Befragten.

Welche Auswirkungen hat das auf die Einstellungspolitik? Besetzt man freie Stellen überhaupt noch nach? Fakt ist: Nachdem der Stellenmarkt lange eher unbeeindruckt von den weltweiten Verwerfungen blieb, werden die aktuellen Krisenlagen auch hier sichtbar. Der Fachkräfte-Index des internationalen Personaldienstleisters Hays etwa vermeldete für das dritte Quartal eine um 15 Prozent niedrigere Nachfragequote. Es werden also tatsächlich weniger neue Stellen geschaffen beziehungsweise freigewordene Jobs neu vergeben. Für Arbeitnehmer bedeutet das ein Achtungs-, aber kein Alarmzeichen, betonen Arbeitsmarkt-Experten. Denn Fakt ist ebenso: Noch immer liegt die Nachfrage nach Fachkräften auf einem sehr hohen Niveau. In nahezu allen Branchen wird – auch in Sachsen – Verstärkung gesucht. Und noch immer können Bewerberinnen und Bewerber gute bis sehr gute Konditionen aushandeln.

Allerdings sollten Wechselwillige, die in den nächsten Monaten einen neuen Arbeitgeber finden möchten, nicht mehr allzu lange zögern. Es wird erwartet, dass sich die Lage über die Wintermonate nicht unbedingt entspannt. Denn natürlich wird in den meisten Unternehmen gerade jetzt zum Jahresende auf Einsparpotenziale geschaut, werden Konsolidierungsmöglichkeiten sondiert. Gut möglich also, dass die eine oder andere Stelle, für die man bisher ohnehin keinen Kandidaten gefunden hat, komplett gestrichen wird. Es gibt aber auch Branchen, in denen völlig krisenunabhängig massiv nach neuen Mitarbeitern gesucht wird. So ist der Bedarf an Finanz- und Life Science-Spezialisten ungebrochen. Hier stieg die Nachfrage im Hays-Fachkräfte-Index sogar um einen weiteren Prozentpunkt. Noch stärkeren Zuwachs gab es im Bereich Risikomanagement sowie in der Datenanalyse.

Risikomanager besonders gefragt

Im Gegensatz dazu werden Fachleute im Bereich Rekrutierung und Personalmanagement gerade deutlich weniger nachgefragt als noch vor einigen Monaten. Das ist wenig überraschend: Wo weniger eingestellt wird, braucht es auch weniger Personal im Bereich der sogenannten Human Ressources. Ein durchwachsenes Bild bietet die IT-Branche. Sie bleibt grundsätzlich ein Wachstumsmarkt, allerdings gibt es Unterschiede hinsichtlich der besonders gefragten Spezialisierungen. Während IT-Administratoren und -Projektmanager sowie Entwickler für Embedded Systems nach wie vor sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, ist die Nachfrage nach IT-Security Spezialisten gesunken. „Aktuell wird unternehmensintern insofern auf die Kostenbremse gedrückt, als dass der Return on Investment laufender Projekte stärker hinterfragt wird“, begründet Andreas Sauer, Bereichsleiter Technology bei Hays, diese spezifische Entwicklung. Ob es unternehmerisch klug ist, im Bereich der IT-Sicherheit zu sparen, dürfte angesichts der seit Jahren steigenden Zahl an Hackerangriffen auf Firmennetzwerke zumindest fraglich sein.

Nicht überraschend leiden die Baubranche und der Handel besonders unter den Krisenlagen. Hier schlagen hohe Energiekosten bei sinkender Nachfrage besonders zu Buche. Das bestätigt auch der ifo-Geschäftsklimaindex für Sachsen. Während der Handel seine Hoffnungen noch auf das Weihnachtsgeschäft setzt, registriert man in der Baubranche immer mehr komplett stornierte Bauprojekte, weil Material- und Baukosten für Investoren und Banken gleichermaßen kaum noch kalkulierbar sind.„Die Unternehmen leiden derzeit unter einer extrem herausfordernden wirtschaftlichen Situation, was auch die Zurückhaltung bei der Fachkräfte-Suche teils begründen dürfte. Aber trotz angespannter politischer und ökonomischer Lage sollten die starken Auswirkungen der demografischen Veränderungen nicht aus dem Auge gelassen werden. Denn die Planung und Steuerung personeller Ressourcen ist gerade vor dem Hintergrund der Knappheit ein wichtiger Hebel“, so Dirk Hahn, Hays CEO Deutschland.

Der ifo-Geschäftsklimaindex ist ein monatlich vom ifo Institut erstellter weicher Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Der Hays-Fachkräfte-Index basiert auf einer quartalsweisen Auswertung der index Internet und Mediaforschung GmbH für Hays. Einbezogen werden Stellenanzeigen der meistfrequentierten Online-Jobbörsen, von Tageszeitungen sowie dem Business-Netzwerk Xing.