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Wer schützt die Daten im digitalen Job?

Wo sich viele Chancen bieten, warten auch neue Probleme. Die zunehmende Digitalisierung in vielen Berufen stellt Datenschützer vor Herausforderungen. Braucht es neue gesetzliche Regelungen?

Von Annett Kschieschan
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Alles online? Auf jeden Fall wird die Arbeit digitaler. Das stellt auch neue Anforderungen an den Datenschutz.
Alles online? Auf jeden Fall wird die Arbeit digitaler. Das stellt auch neue Anforderungen an den Datenschutz. © AdobeStock

Mit der schnellen Online-Bewerbung zum neuen Job, per Chat noch ein paar Fragen mit der Personalverantwortlichen geklärt, zwei Zeugnisse gemailt und im Videogespräch die Arbeitsmodalitäten besprochen – in immer mehr Branchen geht es heute auf weitgehend oder sogar ausschließlich digitalem Weg zur neuen Stelle. Das hat viele Vorteile, schont vor allem jede Menge Ressourcen. Es birgt aber auch Risiken, zum Beispiel, wenn es um den Schutz persönlicher Daten geht. Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt gibt dem Thema neue Brisanz, denn digital geht es längst nicht nur bei der Bewerbung zu. In vielen Bereichen der täglichen Arbeit werden Informationen – auch persönliche – über Chatkanäle, Mails oder Clouds ausgetauscht.

Dazu kommt: Auch die Leistungskontrolle erfolgt zunehmend auf digitalem Weg, etwa über sogenannte Wearabels – kleine Computer, die am Körper getragen werden. Wer bestimmt, welche Daten auf diesem oder ähnlichen Wegen gespeichert werden? Und bedeutet „gespeichert“ auch „gesichert“? Fragen wie diese sind wichtig genug für einen eigenen Think-Tank. Die Denkfabrik unter dem Dach des Bundesarbeitsministeriums beschäftigt sich seit 2020 intensiv mit dem Thema, zu dem es auch einen interdisziplinären Beirat unter dem Vorsitz der ehemaligen Bundesjustizministerin Prof. Dr. Herta Däubler-Gmelin gibt.

Technologieneutral und transparent

Dem Beirat gehören Vertreter aus ganz unterschiedlichen Bereichen an, etwa aus der Arbeits- und Organisationspsychologie, der Rechtswissenschaft und der Informatik. Auch Vertreter von Datenschutzaufsichtsbehörden und wechselnde externe Experten unter anderem vom Deutschen Gewerkschaftsbund und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände sitzen mit am – meistens virtuellen – Beratungstisch. Das wichtigste Ziel des Gremiums: Die Fragen des persönlichen Datenschutzes in der digitalen Arbeitswelt auf eine verbindliche, rechtssichere Basis zu stellen. „Technologieneutralität und die Technikoffenheit der Regelungen aufgrund der Dynamik der technischen Veränderungen“, seien dafür eine wichtige Grundlage, so eine Erkenntnis der Expertenrunde. Mindestens genauso bedeutsam sei die „Transparenz über die vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Beschäftigtendaten verwendeten Einrichtungen und Programme“. Beschäftigte und Betriebsräte müssen demnach wissen, welche Daten zu welchem Zweck vom Arbeitgeber gespeichert werden.Für neue Beschäftigungsverhältnisse, die im Zuge der digitalen Transformation entstehen, empfiehlt der Beirat, „europarechtskonforme Nachjustierungen“ beim Beschäftigtendatenschutz vorzunehmen.

Entsprechende Verhaltensregeln könnten demnach im Rahmen eines Codes of Conduct erarbeitet werden. Angedacht sind auch Zertifizierungsmöglichkeiten, mit denen Arbeitgeber zeigen können, dass sie den Datenschutz im Betrieb ernst nehmen. Klar ist, dass das schon jetzt vielschichtige Thema weiter an Bedeutung gewinnen wird. So wird es mit der zunehmenden Digitalisierung auch permanent um die Frage nach den Grenzen der Kontrolle und Überwachung von Beschäftigten oder dem gewünschten beziehungsweise zulässigen Umfang der Informationsbeschaffung über Bewerberinnen und Bewerber gehen. Die wachsende Rolle der Künstlichen Intelligenz im Rahmen moderner Rekrutierung wird auch vor datenschutzrechtlichem Hintergrund weiter diskutiert werden müssen.Die Kernfrage bleibt die nach der Verantwortung. Wo stehen Unternehmen bereits in der Pflicht? Wo müssen verbindliche Regelungen getroffen werden? Und wie werden diese am Ende auf rechtssicheren Boden gestellt?

Gewerkschaften im Fokus

Die Debatte wird weitergehen, die Empfehlungen der Experten seien somit zunächst eine für das gemeinsame Handeln von Politik, Wirtschaft und Verbänden. Vor allem die Gewerkschaften und Betriebsräte stehen im Fokus. Beschäftigte, die bereits jetzt Sorge haben, dass ihre persönlichen Daten unrechtmäßig gesichert oder ausgewertet werden, sollten daher früh Kontakt zu ihren Arbeitnehmervertretungen aufnehmen. Unternehmen können mit Transparenz dazu beitragen, Ängste abzubauen.

Ein effektiver Beschäftigtendatenschutz müsse die Rechte der Beschäftigten und die Interessen der Arbeitgeber auch mit Blick auf die Entwicklungen im digitalen Zeitalter fair ausgleichen sowie Transparenz und Rechtssicherheit schaffen, so Herta Däubler-Gmelin. „Bei der Umsetzung muss der Grundrechtsschutz, insbesondere die Wahrung der Menschenwürde und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschäftigten, höchste Priorität haben“, betont sie. Die digitale Welt braucht Regeln, zumindest darin besteht Einigkeit.