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Wie die KI die Arbeit verändert

Roboter, die besonders filigrane Arbeitsschritte übernehmen, sind nur ein Beispiel für Künstliche Intelligenz in der Produktion. Doch die KI kommt längst in mehr Berufen zum Einsatz, als angenommen.

Von Annett Kschieschan
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Der ChatBot ChatGPT basiert auf Künstlicher Intelligenz. Schon in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung meldete sich eine Million Nutzer an.
Der ChatBot ChatGPT basiert auf Künstlicher Intelligenz. Schon in den ersten Tagen nach der Veröffentlichung meldete sich eine Million Nutzer an. © AdobeStock

Werden Master- am Ende gar Doktorarbeiten künftig von einem ChatBot geschrieben? Unter anderem auf dem Kurznachrichtendienst Twitter konnte man diese Befürchtung in den vergangenen Wochen öfter lesen. Der Grund heißt ChatGPT und ist per Definition der Prototyp eines ChatBots, der auf Künstlicher Intelligenz beruht. Entwickelt vom amerikanischen Unternehmen OpenAI ist er seit Ende 2022 frei nutzbar und hat bereits erstaunlich fundierte Texte ausgespuckt, sogar funktionierende Codes geschrieben.

Die Diskussion darüber zeigt, was Menschen seit einigen Jahren verstärkt umtreibt: Die Sorge um den Einfluss der Künstlichen Intelligenz auf Arbeitsprozesse. Dass entsprechend programmierte Roboter Aufgaben in der Produktion übernehmen, ist in vielen Branchen bereits Alltag. Sogenannte Wearabels, vernetzte Computersysteme, die direkt am Körper getragen werden – etwa auch in Brillenform – kommen ebenfalls inzwischen häufiger zum Einsatz.

Tests in drei Konzernen

Was bedeutet das für die Arbeit von morgen? Ein besonderes Projekt will darauf Antworten geben. „ai:conomic“ wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefördert und von der Denkfabrik „Digitale Arbeitsgesellschaft“ begleitet. Es folgt nach eigenen Angaben der Empfehlung der deutschen Enquete-Kommission KI, „evidenzbasierte Forschung zu den Beschäftigungseffekten des Einsatzes von KI durchzuführen, um Erkenntnisfortschritt, Managemententscheidungen, sozialpartnerschaftliche Verabredungen und politische Debatten zu unterstützen.“

Dahinter steht die Überlegung, dass die Künstliche Intelligenz eine zunehmend große Rolle in der Arbeitswelt der Zukunft spielen wird. Diesen Wandel zu steuern, ist nicht einfach. Auch, weil Veränderungen dieser Größenordnung immer auch Ängste auslösen. Bei Unternehmen, die fürchten, mit der Entwicklung nicht Schritt halten zu können, und damit über kurz oder lang nicht mehr konkurrenzfähig zu sein, aber auch bei Arbeitnehmern, die sich fragen, ob die KI ihre Arbeitskraft bald überflüssig machen wird. Mithilfe der wissenschaftlichen Methode „Insider Econometrics“ soll herausgefunden werden, wo diese Ängste berechtigt sein könnten und wo die KI eher Erleichterung und Fortschritt bringen dürfte. Das Prinzip ist schnell erklärt: Für ai:conomics werden Feldexperimente mit unterschiedlichen KI-Anwendungen in drei deutschen Konzernen durchgeführt. Untersucht wird dabei, welche Auswirkungen der Einsatz von KI auf die Arbeitssituation der Beschäftigten hat. Anschließend sollen die Ergebnisse mit allgemeinen Entwicklungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt verglichen werden, um zu prüfen, ob und inwiefern die Resultate generalisierbar sind.

Um das Thema tatsächlich praxisnah und realistisch angehen zu können, setzen die Wissenschaftler der Denkfabrik auf die Zusammenarbeit mit Führungskräften, Technik-Experten, aber auch Betriebsräten. Man erhoffe sich so, möglichst unterschiedliche Perspektiven im Blick zu behalten, heißt es von ai:economics. Die Ergebnisse sollen am Ende nicht in der Schublade – oder einer vergessenen Cloud – enden, sondern vielmehr auch Basis für den politischen Umgang mit den Veränderungen der Arbeitswelt sein. Denn die Künstliche Intelligenz wächst mit den Herausforderungen. Das unterscheidet sie von einfachen automatisierten Prozessen, die bereits Alltag in vielen Berufen sind. Sie lernt selbstständig, kann Verbindungen herstellen und Zusammenhänge selbst erkennen. Damit kommt sie auch dort zum Einsatz, wo es eben nicht darum geht, immer gleiche technische Abläufe effizient zu gestalten, sondern analytisch basierte Entscheidungen zu treffen.

Das Interesse wächst

Das Beispiel von ChatGPT zeigt das. Der Chatbot greift für die Beantwortung der ihm gestellten Fragen nicht nur auf einfach abrufbare lexikalische Informationen zurück, die der Nutzer letztlich auch selbst hätte googeln können. Er verbindet Fakten, aktuelle Forschungsstände und etwa in öffentlichen Foren geführte Debatten. Anhand einer besonders breiten Basis an sogenannten Trainingsdaten verfügt der Bot damit über genau jene selbstlernende Komponente, die die KI vielseitig einsetzbar macht. Allerdings: Noch liefert ChatGPT neben brillanten hin und wieder auch sehr simplifizierte Antworten. Die Entwickler weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich um einen Prototypen in der Entwicklung handelt. Die KI – das tröstet die einen und enttäuscht die anderen – steckt zwar nicht mehr in den Kinderschuhen, ist aber auch noch längst nicht erwachsen. Immerhin: Das Interesse ist groß. Nachdem der ChatBot am 30. November für die Nutzung freigeschaltet worden war, meldeten sich binnen fünf Tagen mehr als eine Million Nutzer an – mehr als bei allen anderen Digitalanwendungen bisher.