Von Stefan Lehmann
Riesa. Stefan Schwager ist schockiert. „Darf man im Jahre 2016 nicht mehr hinterfragen, kritische Betrachtungen zu Gegebenheiten der Stadt anstellen oder die Verantwortlichen um Antworten bitten, ohne dass dies zum persönlichen Nachteil ausgewertet wird?“, fragt sich der Stadtrat (Freie Wähler).

Schwager hatte am vergangenen Freitag angekündigt, die städtischen Zuschüsse für den Bau und Unterhalt der Sachsenarena im Stadtrat hinterfragen zu wollen. OB Marco Müller hatte daraufhin gegenüber der SZ auf das Engagement des Stadtrats als Vorsitzender des Sternwarten-Vereins hingewiesen. Dieser habe seit 2009 knapp 350 000 Euro von der Stadt bezogen. Eine falsche Behauptung, sagt Schwager. Tatsächlich sei der Verein in diesem Zeitraum um etwa 250 000 Euro gefördert worden. In einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, fordert er den Oberbürgermeister auf, diesen Fehler richtigzustellen – oder das fehlende Geld an den Verein zu überweisen. Auf SZ-Anfrage erklärt Stadtsprecher Uwe Päsler, bis Ende 2016 werde die Stadt rund 338 000 Euro an Zuwendungen an den Verein gezahlt haben. Neben 250 000 Euro für die Vereinsarbeit sei die Stadt 2013 auch für Miet- und Nebenkosten aufgekommen und habe 2010 bis 2012 die Bewirtschaftungskosten für das ehemalige Gymnasium Weida übernommen. „Das Schulhaus stand bereits leer und wurde ausschließlich noch für die Sternwarten-Arbeit genutzt.“
Doch diese Rechnung stimme nicht, sagt Schwager. Die Mietkosten aus 2013 seien sehr wohl in den 250 000 Euro enthalten gewesen. Und was die Kosten für das Gymnasium anbelange: „Darüber haben wir nie einen Bescheid erhalten.“ Der wäre wohl auch deutlich höher ausgefallen, sagt Schwager. Und: Das Gymnasium sei auch von anderen Vereinen und der Stadt genutzt worden.
„Nicht nachvollziehbar“
Auch Müllers Hinweis, die Förderungen für die Arena seien den Stadträten zugänglich, bezeichnet Schwager als haltlos – und übt gleichzeitig grundsätzliche Kritik: „Ich frage nur allzu oft nach Zahlen und Fakten und bekomme diese meist erst nach endlosen Anfrageketten.“ Im Fall der Sachsenarena sei etwa nicht nachvollziehbar, ob und in welcher Höhe die Halle über Sponsoring durch städtische Unternehmen mitfinanziert werde.
Rückendeckung in diesem Streit erhält der OB derweil von seiner Partei. In einer Pressemitteilung der Riesaer CDU heißt es, die Mitarbeiter der städtischen Gesellschaft FVG leisteten „seit Jahren eine hervorragende Arbeit mit Bildungs- und Kulturangeboten für die Stadt Riesa“. Schwagers Kritik sei deshalb „undifferenziert“. Die Arbeit der FVG insgesamt stellt Schwager aber überhaupt nicht infrage, betont er: „Mit keiner Silbe kritisiere ich Tätigkeitsbereiche wie den Weihnachtsmarkt, den Tierpark oder das Stadtfest.“ Diese würden allerdings immer vorgeschoben, wenn unangenehme Fragen zur Arena auftauchten.
Schwager fürchtet nun, dass sein politisches gegen sein kulturelles Engagement ausgespielt wird und dem Verein Nachteile entstehen könnten – wenn beispielsweise die Fördergelder im kommenden Jahr weiter sinken. Für den Verein könne das existenzbedrohend sein. „Ist dem OB eine Volkssternwarte mit Tradition seit 1969 in der Stadt Riesa und eine Kinderuniversität wirklich so gleichgültig, dass er diese aufs Spiel setzen würde, nur weil es unbequeme Fragestellungen zu der Arbeit von Ämtern, Bürgermeistern und städtischen Gesellschaften gibt?“ Der Oberbürgermeister selbst reagiert auf diese Befürchtungen ausweichend. „Der Sternwarte e.V. leistet inhaltlich eine sehr gute Arbeit“, erklärt Marco Müller auf SZ-Anfrage. „Leider musste die Zuschusshöhe in den vergangenen Jahren im Zuge der Haushaltskonsolidierung reduziert werden. Nach wie vor unterstützt die Stadt die Vereinsarbeit aber in beachtlichem Umfang.“
Seine Anfrage zu den genauen Kosten der Arena will Stefan Schwager trotzdem im nächsten Stadtrat stellen. Der OB könne doch froh sein, „dass es engagierte, kritische junge Bürger in Riesa gibt“. Dass eben nicht immer jeder mit Müllers Fraktion konform gehe, sei doch gelebte Demokratie und gehöre zur politischen Kultur. Die vermisse er leider, sobald man außerhalb der CDU-Fraktion tätig werde, kritisiert Schwager.